Auch die Kleinen mit Maske in der Klasse

Seit Montag müssen auch Grundschüler während des Unterrichts Masken tragen. Einige Eltern sorgen sich deshalb um die Gesundheit ihrer Kinder. Die Schulleiter in der Region sehen dazu keinen Anlass. Sie berichten von zufriedenen Schülern.

Auch die Kleinen mit Maske in der Klasse

Mit farbig bedruckter Maske im Unterricht: Ein Grundschüler der Plaisirschule in Backnang meldet sich zu Wort. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

BACKNANG/ALLMERSBACH IM TAL. „Besser, als die Schulen wieder zu schließen“: So sieht Annedore Bauer-Lachenmaier die neu eingeführte Maskenpflicht für Grundschüler. „Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass das Tragen einer Maske dabei hilft, das Infektionsgeschehen einzudämmen“, fügt die Rektorin der Plaisirschule in Backnang hinzu. „Ich persönlich denke, dass es letztendlich um den bestmöglichen Schutz aller geht.“

Seit dem vergangenen Montag tragen auch an ihrer Grundschule alle Schüler im Unterricht eine medizinische Maske. Die neue Regelung hat das Land Baden-Württemberg vor dem Hintergrund rapide steigender Inzidenzzahlen eingeführt. „Die aktuelle Lage ist derart dynamisch, dass wir unsere Maßnahmen an diesem Infektionsgeschehen ausrichten müssen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Vorfeld.

Die Folgen der Wiedereinführung des Präsenzunterrichts in Grundschulen am 15. März – ohne Maskenpflicht – sind an der Plaisirschule deutlich zu spüren. Seitdem „merken wir einen deutlichen Anstieg der Infektionszahlen“, berichtet Bauer-Lachenmaier. In der vergangenen Woche habe es täglich einen anderen Fall gegeben, am Montag war eine Klasse zu. Die Nachverfolgung der Infektionen nimmt an den Schulen mittlerweile sehr viel Zeit in Anspruch. Ein Zurück zum Wechselunterricht ist rechtlich gesehen momentan aber nicht möglich.

Für die Kinder sei es „schon etwas Neues“, ihre Maske den ganzen Vormittag aufzulassen, sagt Bauer-Lachenmaier. Vesperpausen mit geöffneten Fenstern und Bewegungspausen an der frischen Luft sollen den Schülern die Gelegenheit geben, ihre Maske zwischendurch immer wieder einmal abzunehmen.

Die Eltern reagierten unterschiedlich auf die neue Regel, sagt die Schulleiterin. Sie berichtet von „vielen Stimmen, die froh sind, weil die Schulen offen bleiben können“ und „einigen, die sich sorgen, dass das Tragen einer Maske den Kindern seelisch zu schaffen machen könnte“. Von den rund 280 Schülern der Plaisirschule haben am Montag 16 wegen der Maskenpflicht – oder wegen Krankheit – gefehlt.

„Bestürzt“ zeigten sich Claudia Cieslik und Linda Heiderich über die Maskenpflicht. Die Elternbeiratsvorsitzenden wandten sich mit einem offenen Brief an die Leitung der Allmersbacher Grundschule Im Wacholder. Darin forderten sie Alternativen zu Masken. Ihr Vorschlag: Plexiglastrennwände zwischen den Plätzen oder die Wiederaufnahme des Wechselunterrichts, „mit längeren und täglichen Anwesenheitszeiten“.

Grundschüler, schreiben Cieslik und Heiderich, „bedürfen eines wesentlich höheren Schutzes durch Eltern und Erwachsene“, da sie die eigene Gefahrenlage weniger gut einschätzen können und „weniger standfest vor einer Autoritätsperson wie einer Lehrkraft auftreten und kundtun würden, dass es ihnen gerade durch die Maske sehr schlecht geht“.

In ihrem mehr als zwei DIN-A4-Seiten langen Schreiben behaupten Cieslik und Heiderich außerdem, der vom Umweltbundesamt tolerierte Grenzwert für den CO2-Gehalt würde beim Tragen einer Maske „schon nach einer Minute bis zu 25-fach überschritten“. Das ist jedoch nicht richtig (siehe Infokasten). Für eine Stellungnahme war die Grundschule Im Wacholder weder am Montag noch am Dienstag von der Redaktion zu erreichen.

„Die Kinder freuen sich einfach, wieder in der Schule zu sein.“

Auch an der Schule an der Weissach haben ein paar Eltern ihre Kinder vom Präsenzunterricht abgemeldet, weiß die Schulleiterin Bettina Stach. Während sie unterrichtet hat, hatten die Schüler keine Probleme, berichtet sie: „Die Kinder fanden es ungewohnt, aber ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass eins darunter leidet.“ Stattdessen wurde interessiert geschaut, wer welche Maske trägt. „Viele hatten Kindermasken mit Blumen- oder Punktmustern“, sagt die Rektorin und fügt hinzu: „Die Kinder freuen sich einfach, wieder in der Schule zu sein.“

Stach und ihr Kollegium versuchen, den Kindern auch mit Masken einen schönen Schulalltag zu bieten. Dabei hilft unter anderem ein konsequentes Hygienekonzept: Seit dem ersten Coronafall an der Schule im November tragen die Lehrer und Betreuerinnen der Kernzeitbetreuung FFP2-Masken, bis Ostern machen sie zweimal wöchentlich einen Schnelltest. Die Klassenzimmer sind mit CO2-Ampeln beziehungsweise Lüftungsgeräten ausgestattet. Komplett vor Infektionen geschützt hat das allerdings nicht. In den vergangenen Wochen gab es einige Coronafälle an der Weissacher Schule.

Wie schnell sich das Virus seit der Wiedereinführung des Präsenzunterrichts ohne Maskenpflicht ausbreitet, hat nun auch die Backnanger Gemeinschaftsschule in der Taus feststellen müssen. Seit Dienstag ist die Schule bis auf Weiteres geschlossen. „Aber das hat mit den Masken überhaupt nichts zu tun“, betont Schulleiter Jochen Nossek. Nach drei Coronafällen – eine Erzieherin und zwei Kinder im Hort haben sich angesteckt – hat er die Notbremse gezogen, ohne auf Anweisung von oben zu warten. „Es kann sein, dass ich dafür eins auf den Deckel kriege“, sagt er, „aber das ist mir egal.“ Die Gesundheit der Kinder gehe vor.

Nossek geht davon aus, dass bald noch weitere Fälle offenkundig werden, da die beiden infizierten Kinder bei ihrem Test symptomfrei waren. Die Schließung sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, sagt der Schulleiter. „Die ist vielleicht ein bisschen krass, aber ich sage da: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Rund 100 Kinder würden als Kontaktperson der höchsten Kategorie eins gelten, alle Klassen seien betroffen. „Da konnte ich nicht mehr mit gutem Gewissen sagen: Kommt morgen alle in die Schule“, sagt Nossek. Der Unterricht geht aber weiter: statt im Präsenz- jetzt wieder im Fernunterricht.

Von der neuen Maskenpflicht hält Nossek wenig. Nicht zuletzt deshalb, weil nach seiner Beobachtung viele Kinder keine speziellen Kindermasken tragen. „Die Maske hängt runter wie ein nasser Sack und von einer Lehrerin von 28 Schülern ist es zu viel verlangt, bei jedem zu kontrollieren, ob sie richtig sitzt“, sagt er. Er hält die neue Regelung für eine „Verzweiflungstat des Kultusministeriums“, die nach der Einsicht eingeführt wurde, dass die Grundschüler in vollen Klassen nicht ausreichend Abstand einhalten können. Was er sich gewünscht hätte: einen Hybridunterricht, bei dem die Hygieneregeln zu 100 Prozent umgesetzt werden und jedes Kind – „halt in einem geringeren Umfang“ – regelmäßig in die Schule kommen kann. Dazu eine gute Teststrategie, die Schülern, Eltern und Lehrkräften Sicherheit gibt.

An der Conrad-Weiser-Schule in Aspach können die Schüler seit Montag einmal pro Woche einen kostenlosen Schnelltest machen lassen, wenn sie das möchten. „Am ersten Tag haben sich drei Viertel der Kinder testen lassen“, sagt Rektorin Heidi Ahlers. Ungefähr 160 Grundschüler besuchen die Gemeinschaftsschule. Von ihnen kamen Anfang der Woche nur wenige – „vielleicht drei oder vier“ – aufgrund der Maskenpflicht nicht mehr in den Präsenzunterricht.

Auch sie habe vereinzelt Anrufe von besorgten Eltern bekommen, sagt Ahlers. „Aber der ganz große Teil kann gut damit umgehen.“ Die Kinder ihrem Eindruck nach genauso. „Heute war neben den Damen aus der Apotheke, die getestet haben, auch der Zahnarzt da“, so die Schulleiterin. „Trotzdem und trotz der Maskenpflicht habe ich nur fröhliche Kinder gesehen.“ Das liegt ihrer Meinung nach auch daran, dass die Lehrkräfte im Unterricht schon lange Masken tragen: „Die Kinder sind daran gewöhnt.“

Wie Kinder richtig Maske tragen

Eltern sollten für ihre Kinder spezielle Kindermasken besorgen. Masken für Erwachsene sind in der Regel zu groß. Die Maske sollte bequem und fest sitzen.

Vor dem ersten Tragen sollten Eltern in Ruhe mit ihrem Kind über den richtigen Umgang mit Masken sprechen und die Abstands- und Hygieneregeln kindgerecht erklären. Weitere Informationen sowie Tipps und Ideen, wie Eltern ihr Kind beim Tragen einer Maske unterstützen können, findet man unter www.kindergesundheit-info.de.

Einige Eltern sorgen sich um erhöhte CO2-Werte beim Tragen einer Maske. Diese Angst ist jedoch unberechtigt. „Alltags- oder OP-Masken führen nicht zu erhöhtem Einatmen von CO2“, schreibt das Umweltbundesamt eindeutig auf seiner Website.