AfD will in den Backnanger Gemeinderat

Mindestens neun Listen planen Kandidatur bei der Wahl am 26. Mai – Drei Stadträte treten nicht mehr an

Noch sind mehr als vier Monate Zeit, doch die Vorbereitungen für die Kommunalwahl am 26. Mai haben längst begonnen. Auch in Backnang sind die Parteien und Wählervereinigungen gerade dabei, ihre Listen für den Gemeinderat aufzustellen. Dabei deutet sich an, dass die Auswahl diesmal größer sein wird als bei der Wahl 2014. Wir beantworten die zehn wichtigsten Fragen.

AfD will in den Backnanger Gemeinderat

Auf die Wähler wartet wieder eine Menge Papier: Außer dem Gemeinderat werden am 26. Mai noch der Kreistag, die Regionalversammlung und das Europäische Parlament gewählt. Für Bewohner der Backnanger Stadtteile kommt noch die Wahl des Ortschaftsrats hinzu. Archivfoto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

1. Wie wird gewählt?

Parteien und sonstige Wählervereinigungen können Wahlvorschläge einreichen. Auf jeder Liste dürfen maximal so viele Personen stehen, wie Sitze zu vergeben sind, im Backnanger Gemeinderat sind dies 26. Die Wähler haben deshalb auch 26 Stimmen. Sie können eine komplette Liste ankreuzen, dann erhält jede Person auf dieser Liste jeweils eine Stimme. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einzelnen Kandidaten bis zu drei Stimmen zu geben (kumulieren) und Bewerber von anderen Listen dazuzuschreiben (panaschieren). Die Verteilung der Sitze richtet sich nach der Zahl der Stimmen, die die Liste insgesamt erhalten hat. Vergeben werden die Sitze jeweils an die Bewerber mit dem besten persönlichen Ergebnis.

2. Welche Voraussetzungen müssen die Bewerber erfüllen?

Für den Gemeinderat kann kandidieren, wer am Wahltag in Backnang wohnt und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Kandidaten müssen außerdem Deutsche oder EU-Bürger sein. Parteien und Listen, die bislang nicht im Gemeinderat und auch nicht im Landtag vertreten sind, müssen zudem 50 Unterstützungsunterschriften von wahlberechtigten Personen einreichen.

3. Wann ist Bewerbungsschuss?

Wahlvorschläge können ab 7. Februar im Rathaus eingereicht werden, die Frist endet am 28. März um 18 Uhr. Am Montag, 1. April, um 18 Uhr entscheidet dann der Gemeindewahlausschuss, welche Wahlvorschläge zugelassen werden.

4. Wie viele Namen stehen auf den Listen?

Maximal 26, es dürfen aber auch weniger sein. „Sie können auch einen Wahlvorschlag mit nur einem Kandidaten einreichen“, erklärt Hauptamtsleiter Timo Mäule. Aufgrund des Wahlsystems steigen die Chancen auf einen Sitz im Gemeinderat allerdings deutlich, wenn alle 26 Listenplätze besetzt sind.

5. Wie ging die Gemeinderatswahl vor fünf Jahren aus?

Damals war die CDU die stärkste Partei: Mit 35,3 Prozent der Stimmen holte sie
9 Sitze. Es folgten SPD (23,2 Prozent/
6 Sitze), Bürgerforum Backnang (14,2 Prozent/4 Sitze), Grüne (13,9 Prozent/
4 Sitze), Christliche Initiative Backnang (7,1 Prozent/2 Sitze), Unabhängige Bürgervereinigung (4,6 Prozent/1 Sitz).

6. Stehen alle im Gemeinderat vertretenen Parteien und Listen erneut zur Wahl?

Nein, die Unabhängige Bürgervereinigung tritt nicht mehr an. „Ich weiß, was es heißt, eine Liste aufzustellen. Diesen Aufwand will ich nicht noch einmal betreiben“, sagt Wolfgang Schwalbe. Der einzige UBV-Stadtrat will aber weiterhin Kommunalpolitik machen und wird deshalb voraussichtlich auf der CDU-Liste stehen. Die anderen fünf Listen treten wieder an und wollen jeweils 26 Kandidaten aufstellen. Das Bürgerforum Backnang (BfB) stellt diesmal eine gemeinsame Liste mit der FDP auf.

7. Welche amtierenden Stadträte werden wieder kandidieren?

Nach heutigem Stand stehen 23 der 26 Stadträte erneut zur Wahl. Nicht mehr antreten will SPD-Stadträtin Ursula Hefter-Hövelborn, die seit 30 Jahren im Gemeinderat sitzt, Rainer Lachenmaier (Grüne) zieht sich aus gesundheitlichen Gründen zurück. Außerdem scheidet Dorothee Winter, die bereits 2016 nach Meinungsverschiedenheiten aus der Bürgerforum-Fraktion ausgetreten war, aus dem Gremium aus. Winter bewirbt sich stattdessen für den Kreistag. Bereits Ende Dezember hatte BfB-Fraktionschef Alfred Bauer seinen Sitz aufgegeben. Für ihn rückt sein Sohn Jörg Bauer nach, der im Mai wieder kandidieren wird.

8. Gibt es noch weitere Listen?

Ja, die Backnanger werden am 26. Mai voraussichtlich mehr Auswahl haben als 2014, denn mindestens vier weitere Gruppierungen wollen nach eigenem Bekunden in den Gemeinderat:

AfD: Nachdem die Partei bei der Landtagswahl 2016 und der Bundestagswahl 2017 in Backnang jeweils mehr als 15 Prozent der Stimmen geholt hat, rechnet sich der stellvertretende Vorsitzende des Ortsverbands Backnanger Bucht, Steffen Degler, auch bei der Gemeinderatswahl gute Chancen aus: „Backnang ist für uns ein starkes Pflaster.“ Die AfD will laut Degler eine komplette 26er-Liste aufstellen, die überwiegend aus „politischen Newcomern“ besteht.

BIG: Das 2010 gegründete „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ hat seit Dezember auch einen Kreisverband in Backnang. Die Mitglieder sind überwiegend Deutsche mit Migrationshintergrund. „Wir leben in dieser Stadt und wollen sie mitgestalten“, sagt der Kreisverbandsvorsitzende Murat Düven. Die Kandidaten seien größtenteils jünger als 30. Der BIG-Bundesvorsitzende Haluk Yildiz ist in Talkshows schon öfter als glühender Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan in Erscheinung getreten. Murat Düven geht dazu jedoch auf Distanz: „Wir wollen Kommunalpolitik machen und keine Außenpolitik.“

Backnanger Demokraten: Auf dieser Liste finden sich Kandidaten aus dem linken Spektrum, darunter auch Mitglieder von Die Linke und der Piratenpartei. Initiator Thilo Benner spricht von einem „bunten Haufen“. Entstanden sind die Backnanger Demokraten einst aus einer Bürgerinitiative gegen die Bebauung der Katharinenplaisir. Ihr thematischer Schwerpunkt liegt auf ökologischen und sozialen Themen sowie mehr Transparenz in der Kommunalpolitik. Die Backnanger Demokraten sind schon zweimal bei Gemeinderatswahlen angetreten, konnten bisher jedoch keinen Sitz gewinnen.

duhastdiewahl.org: Der Backnanger Student Axel Bauer hat zusammen mit Freunden die „erste online-basierte Partei Deutschlands“ gegründet. Die Initiative will die Bürger direkter an der Politik beteiligen, etwa durch Online-Abstimmungen auf dem Smartphone. Bei der Gemeinderatswahl will duhastdiewahl.org eine Liste mit vielen jungen Kandidaten ins Rennen schicken. Seine Partei sei keinem politischen Spektrum zuzuordnen, erklärt Axel Bauer, der übrigens der Enkel von Altstadtrat Alfred Bauer ist. Von Backnang aus will die Partei bundesweit wachsen: „Wir wollen nicht langfristig eine lokale Initiative bleiben“, erklärt der Vorsitzende.

9. Welche bekannten Namen stehen auf den Listen?

Noch sind die Listen nicht offiziell verabschiedet und werden deshalb unter Verschluss gehalten. Ein paar Namen sind aber schon durchgesickert: So wird auf der Liste des Bürgerforums Backnang auch der Name Andreas Brunold stehen. Der Umweltaktivist, der Mitglied im Vorstand des BUND ist und früher schon einmal für die SPD im Gemeinderat saß, hat der Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren immer wieder Verstöße beim Hochwasserschutz vorgeworfen und gilt als Intimfeind von Oberbürgermeister Frank Nopper. Auch dessen Gegenkandidat bei der letzten OB-Wahl will Stadtrat werden: Volker Dyken tritt wie 2014 auf der Liste der Backnanger Demokraten an. Der inoffizielle „Schwäbische Waldschrat“ Sven Vollbrecht wird hingegen für die CDU kandidieren, und die Grünen haben unter anderem Mustafa Gül vom Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde auf ihrer Liste.

10. Wer hat die besten Chancen?

Schwer zu sagen, denn anders als bei Bundes- oder Landtagswahlen gibt es vor Kommunalwahlen keine repräsentativen Umfragen. Spannend wird die Frage, ob sich der bundesweite Trend auch auf kommunaler Ebene niederschlägt. Grünen-Fraktionschef Willy Härtner hofft jedenfalls, dass das momentane Hoch seiner Partei den Grünen im Gemeinderat fünf Sitze beschert. Nach dem Wechsel von Eric Bachert zum Bürgerforum sind die Grünen im Gemeinderat aktuell nur noch zu dritt. Bei der SPD verhält es sich genau umgekehrt: „Gemeinderatswahlen sind in hohem Maße Persönlichkeitswahlen“, sagt Fraktionschef Heinz Franke. Er setzt deshalb darauf, „dass die schlechte politische Großwetterlage bei dieser Wahl keine Rolle spielen wird.“