„Es war ein großes Puzzlespiel“, sagt Schulamtsleiterin Sabine Hagenmüller-Gehring über die Personalplanung für das neue Schuljahr, das am Montag beginnt. Trotz des akuten Lehrermangels ist die Unterrichtsversorgung an allen Schulen im Rems-Murr-Kreis zunächst einmal gesichert. Allerdings gibt es keinerlei Reserven, wenn Lehrer etwa wegen Krankheit länger ausfallen.
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. 155 junge Lehrerinnen und Lehrer haben gestern im Staatlichen Schulamt in Backnang ihr Gelöbnis abgelegt und werden am Montag ihren Dienst in den Schulen antreten. Das klingt viel, reicht aber bei Weitem nicht, um alle Stellen, die vor allem durch Pensionierungen frei geworden sind, neu zu besetzen. Zusätzlich hat das Staatliche Schulamt, das mit Ausnahme der Gymnasien für alle Schulen im Rems-Murr-Kreis zuständig ist, deshalb auch noch 49 befristete Verträge geschlossen, etwa mit pensionierten Lehrern, die sich bereit erklärt haben, noch ein Schuljahr dranzuhängen, aber auch mit Quereinsteigern, die die formalen Voraussetzungen für eine Lehrtätigkeit nicht erfüllen.
Was fehle, seien nicht die Stellen, sondern qualifizierte Bewerber, um diese zu besetzen, erklärt Sabine Hagenmüller-Gehring, die das Staatliche Schulamt in Backnang leitet. Vor allem an den Grundschulen herrscht akuter Lehrermangel, weshalb das Schulamt inzwischen auch dazu übergeht, ausgebildete Gymnasiallehrer an Grundschulen einzusetzen. Unter den 62 neu eingestellten Grundschullehrern im Rems-Murr-Kreis sind zwölf, die eigentlich ans Gymnasium wollten. Das Schulamt lockt sie mit Verbeamtung und der Aussicht, nach vier Jahren an ein Gymnasium zu wechseln.
Dramatisch ist der Lehrermangel auch an den 14 Sonderschulen, die offiziell Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) heißen. Lediglich elf Stellen habe man dort mit ausgebildeten Sonderpädagogen besetzen können, berichtet Inge Bosak, die im Schulamt für diesen Bereich zuständig ist. Um die Unterrichtsversorgung trotzdem sicherzustellen, wurden nun 13 Lehrer von allgemeinen Schulen abgeordnet und zusätzlich 15 Personen ohne Lehramtsstudium eingesetzt, beispielsweise gelernte Erzieherinnen. Mit solchen Tricks und Rochaden ist es gelungen, die Unterrichtsversorgung zum Schuljahresbeginn zu sichern: „Alle Schulen sind arbeitsfähig“, sagt Hagenmüller-Gehring.
Allerdings sei die Personalplanung „auf Kante genäht“. Ein fester Pool von Vertretungskräften, wie es ihn früher einmal gab, existiere nicht mehr: „Alle zur Verfügung stehenden Lehrer sind bereits im Einsatz“, so die Schulamtsleiterin. Jeder ungeplante Ausfall, etwa durch Krankheit oder Schwangerschaft, sei damit ein Problem, das individuell gelöst werden müsse. Und auch für Zusatzangebote wie AGs kann das Schulamt keine Lehrerstunden bereitstellen. Immerhin: Der Förderunterricht für schwächere Schüler an den Grundschulen ist weiterhin gesichert. „Jeder Grundschule im Bezirk steht mindestens eine Förderstunde pro Woche zur Verfügung“, verspricht der stellvertretende Amtsleiter Roland Jeck.
Gemeinschaftsschule etabliert sich,
Werkrealschule verschwindet
An den 85 Grundschulen im Rems-Murr-Kreis werden dieses Jahr 3563 Kinder eingeschult, das sind 101 mehr als im vergangenen Jahr. Insgesamt sind die Schülerzahlen an den Grundschulen und auch an den Realschulen relativ konstant. Erfreulich entwickelt sich aus Sicht des Schulamtes die Gemeinschaftsschule: „Diese Schulart hat sich im Rems-Murr-Kreis gut etabliert“, sagt Sabine Hagenmüller-Gehring. Der Anteil der Gemeinschaftsschüler in der Sekundarstufe liegt hier bei 21,2 Prozent und damit deutlich über dem Landesschnitt. In Korb haben im Frühjahr die ersten Gemeinschaftsschüler die Realschulprüfung gemacht – mit sehr guten Ergebnissen, wie die Schulamtsleiterin betont. „Das zeigt, dass die Gemeinschaftsschule mit den anderen Schularten mithalten kann.“ Dafür wird die Werkrealschule mehr und mehr zum Auslaufmodell: Von ehemals 30 sind nur noch drei übrig geblieben: in Plüderhausen, Alfdorf und Rudersberg.