Aspacher Bürgerfahrdienst: „Ohne Bus hätte ich nicht kommen können“

Wer in Aspach wohnt und weder das Auto noch die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen kann, der kann sich jetzt mit dem Bürgerfahrdienst zum Arzt, zum Friseur oder zu einem Treffen mit Freunden fahren lassen.

Aspacher Bürgerfahrdienst: „Ohne Bus hätte ich nicht kommen können“

Bürgerbusfahrer Udo Ludäscher holt Margarete Seitz von der Physiotherapie ab. Foto: Alexander Becher

Von Annette Hohnerlein

Aspach. Für Margarete Seitz aus Rietenau ist der neue Bürgerfahrdienst ein Segen. „Wenn ich nicht abgeholt werde, komme ich nicht aus dem Haus“, sagt die 90-Jährige, die auf Stock und Rollator angewiesen ist. Sie war gerade in einer Rehasportgruppe für Senioren in Großaspach. „Ohne den Bürgerbus hätte ich nicht kommen können“, erklärt sie, „Denn mit dem Linienbus kann ich schon seit Jahren nicht mehr fahren.“ Durch das neue Angebot in der Gemeinde ist die Seniorin wieder mobiler geworden. Neben dem wöchentlichen Termin beim Rehasport hat sie den Fahrdienst schon für Arztbesuche, Friseurtermine und Treffen mit ehemaligen Klassenkameraden genutzt. Auch Irma Reichert aus Großaspach findet: „Der Bürgerbus ist ganz toll.“ Sie hat sich schon zweimal zum Orthopäden nach Backnang fahren lassen. Mit dem öffentlichen Bus wäre das für sie aufgrund der Anschlussverbindungen nur sehr schwer möglich gewesen.

Nach einem Schlüsselbeinbruch zur Physiotherapie nach Backnang

Christina Kluth arbeitet als Disponentin in dem Projekt. Eine Woche im Monat nimmt sie vormittags die telefonischen Buchungen entgegen und organisiert die Fahrtrouten. Für die junge Mutter in Elternzeit passt das gut, ihr Sohn ist vormittags in der Kita. „Die Leute sind so dankbar, dass das möglich ist“, erzählt sie, „Eine Frau, die nach einem Schlüsselbeinbruch zur Physiotherapie nach Backnang musste, hat sich tausendmal bei mir bedankt.“ Für medizinische Zwecke wie Termine beim Arzt oder der Physiotherapie seien auch Fahrten außerhalb von Aspach möglich. Wer allerdings zum Einkaufen, zum Friseur oder zu einem Besuch bei Freunden oder Verwandten gefahren möchte, kann nur innerhalb des Gemeindegebiets den Bürgerfahrdienst nutzen. Im Zweifelsfall hätten die medizinischen Termine Vorrang, erläutert Kluth.

Bereits 74 Fahrten seit dem Start des Bürgerfahrdiensts Mitte Oktober

Am 10. Oktober ist der Bürgerfahrdienst Aspach an den Start gegangen; seitdem wurden mit dem Transporter bereits 74 Fahrten durchgeführt. 18 Fahrer und Fahrerinnen sowie vier Disponentinnen sind dafür ehrenamtlich im Einsatz. Die Idee zu dem Projekt entstand bei zwei Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung, die der Diakonieverein Großaspach 2018 und 2019 durchführte, berichtet der Vorsitzende Dr. Jürgen Wuthe. Nach der Zwangspause durch die Coronapandemie griffen er und sein Mitstreiter Philip Beveridge die Idee wieder auf und suchten sich Kooperationspartner. Heute sind drei Institutionen mit im Boot: Der Diakonieverein kümmert sich um die Organisation und die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Gemeinde bezahlt den Sprit und stellt einen Parkplatz, das Deutsche Rote Kreuz Aspach stellt den Transporter mit neun Sitzplätzen zur Verfügung. „Das ist kein Einsatzfahrzeug, sondern unser Jugend- und Sozialmobil, das vorwiegend abends und am Wochenende gebraucht wird“, sagt DRK-Vorstand Gerd Guhr, „insofern haben wir uns leichtgetan, zuzustimmen.“

Sabine Welte-Hauff: „Wir sind total stolz.“

Aspachs Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff ist begeistert: „Wir sind total stolz und schätzen den Einsatz der vielen Ehrenamtlichen. Und für die Fahrgäste ist es toll, von zu Hause abgeholt zu werden.“ Dabei gehe es nicht allein um den Transport, sondern auch darum, dass die Fahrer nebenbei ein offenes Ohr für die älteren Leute haben. „Die menschlichen Verbindungen, die da entstehen, sind unheimlich schön. Von einer Fahrerin habe ich gehört, dass sie ihre Tätigkeit als unglaublich bereichernd empfindet“, berichtet die Bürgermeisterin.

Alle Beteiligten hoffen, dass der Bürgerfahrdienst nach Ablauf der einjährigen Pilotphase weitergeführt werden kann. „Durch die Sicherstellung der Mobilität ermöglichen wir mehr Teilhabe“, betont Jürgen Wuthe. Im Sommer werde ein Bericht mit einer Aufstellung der Kosten des Projekts verfasst und den Gemeinderäten vorgestellt. „Dann müssen sie neu definieren: Was können und wollen wir dafür ausgeben“, kündigt Wuthe an. Und Philip Beveridge bekräftigt: „In einem Jahr wollen wir das weiterführen. Manche Fahrgäste spenden etwas; im Übrigen fragen wir gerade bei den örtlichen Firmen wegen Sponsorings an.“ Denn obwohl alle Beteiligten ohne Bezahlung arbeiten, fallen doch gewisse Kosten an.

Mitarbeiter werden gesucht, die ein paar Stunden investieren können

Bisher haben 24 Aspacher Bürger die Dienste des Bürgerbusses in Anspruch genommen, jede Woche kommen zwei bis drei neue Fahrgäste dazu. Deshalb werden weitere Mitarbeiter gesucht, die bereit sind, ein paar Stunden ihrer Zeit in die gute Sache zu investieren. So wie Udo Ludäscher aus Allmersbach am Weinberg, der seit dem 1. September im Ruhestand ist und gleich beim Bürgerfahrdienst eingestiegen ist. „Ich habe im Leben viel Glück gehabt: ein gutes Elternhaus, ein guter Beruf, gesunde Kinder. Jetzt will ich was zurückgeben und mich in einem sozialen Projekt engagieren“, erläutert er seine Beweggründe.

Wer kann wie und wann den Bürgerfahrdienst in Anspruch nehmen?

Personenkreis Berechtigt sind Seniorinnen und Senioren sowie andere in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen, die den öffentlichen Nahverkehr nicht oder nur mit erheblichem Aufwand nutzen können. Außerdem in Einzelfällen Personen ohne eigenes Fahrzeug und solche, die derzeit kein Auto fahren können.

Fahrzwecke Der Fahrdienst steht für Arzt- und Physiotherapietermine in Aspach, Backnang und Oberstenfeld zur Verfügung, die nicht über die Krankenkasse abgerechnet werden können. Innerhalb Aspachs für Krankenbesuche, für einen Besuch der Ortsbücherei und die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, für einen Besuch bei Freunden und Verwandten, für die Erledigung von Einkäufen und Friseurtermine.

Fahrzeiten Von Haustür zu Haustür innerhalb der Gemeinde Aspach mit allen Ortsteilen zu Arztbesuchen auch nach Backnang und Oberstenfeld von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr

Anmeldung Die Fahrt kann telefonisch bis spätestens 12 Uhr am Werktag vor der geplanten Fahrt angemeldet werden. Fahrtwünsche werden von Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr unter Telefon 0151/50829012 entgegengenommen. Vom 24. Dezember bis zum 8. Januar pausiert der Fahrdienst.

Mitarbeit Es werden noch weitere ehrenamtliche Mitarbeiter als Fahrer und Disponenten gesucht. Interessenten können sich per E-Mail an pfarramt.grossaspach@elkw.de melden.