Auch die Pflege wird digitaler

Die Diakonie ambulant investiert seit Jahren viel in die eigene Weiterentwicklung, wobei der Schwerpunkt auf Verbesserungen für die Mitarbeiter und deren Unterstützung liegt. Dafür wurde der Pflegedienstleister nun auf Landes- und Bundesebene ausgezeichnet.

Auch die Pflege wird digitaler

Geschäftsführer Thomas Nehr in seinem Büro. Auch aufgrund der Umbauten – die Leitungen werden noch verlegt – musste das Team an der einen oder anderen Stelle flexibel sein. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Die Bestätigung der Arbeit und des generellen Wegs, den die Diakonie ambulant eingeschlagen hat, um ein verantwortungsvoller Arbeitgeber zu sein und bestmögliche Bedingungen fürs Team zu schaffen, freut Geschäftsführer Thomas Nehr sehr. Sie zeigt sich dieses Jahr in gleich drei Auszeichnungen. Der Pflegedienstleister mit Sitz in Murrhardt hat beim Corporate Health Award ein Exzellenzsiegel zugesprochen bekommen. 2020 zählten rund 350 Arbeitgeber aus 15 Branchen zu den Bewerbern, die im Rahmen des Wettbewerbs einen Evaluations- und Auditierungsprozess durchlaufen haben. Als Pflegedienstleister gehört die Diakonie ambulant zu den Betrieben des Gesundheits- und Sozialwesens und lag im Vergleich mit Mitbewerbern dieser Kategorie und den Gesamtteilnehmern in den drei Kategorien Struktur, Strategie und Leistung über dem Durchschnitt.

Auch auf Landesebene hat sich die Diakonie ambulant erneut positioniert. Im Rahmen des Projekts Familynet wurde ihr nicht nur wieder das Prädikat „Familienbewusstes Unternehmen“, sondern beim angegliederten Wettbewerb „Familynet 4.0 – Unternehmenskultur in einer digitalen Arbeitswelt“ vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau sowie den Arbeitgebern Baden-Württemberg eine Sonderauszeichnung für die Pflege verliehen. Diese würdigt das Engagement der Unternehmen für eine besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Zeiten der Digitalisierung. „Unsere mittelständischen Unternehmen haben angesichts der Coronapandemie in kürzester Zeit viel geleistet. Sie haben schnell reagiert, sich dabei vielfach neu ausgerichtet und verstärkt digital aufgestellt“, sagte Staatssekretärin Katrin Schütz bei der Bekanntgabe der fünf Preisträger.

Der Zugriff auf Dokumente von unterwegs aus kann in der Pflege ein wichtiges Hilfsmittel sein.

Bei den Auszeichnungen geht es für Geschäftsführer Thomas Nehr vor allem um die Einordnung und Würdigung des betrieblichen Gesundheitsmanagements, das im Zentrum des Engagements und vieler Maßnahmen steht. „Wenn es den Mitarbeitern gut geht, tragen die das auch in die Welt“, sagt er. Beim Projekt Familynet haben die Gesundheitsdienste Oberes Murrtal bereits zweimal gepunktet und 2015 sowie 2018 das Prädikat „Familienbewusstes Unternehmen“ erhalten. Bei der dritten Bewerbung und ihrer Bewertungsphase hat der Pflegedienstleister teils neue Schwerpunkte gesetzt. Eingeflossen sind über 20 Maßnahmen wie die Ausbildung von Pflegedienstleiterin Silvana Seeh zum Coach oder die Überstunden im Blick zu behalten, aber auch zentrale klassische Instrumente wie die Müttertour (abgestimmte Dienste). Die Digitalisierung war vor dem Hintergrund der Pandemie ein wichtiges Thema. Für eine Reihe von Verwaltungsmitarbeitern wurde eine Homeofficemöglichkeit geschaffen.

Außerdem wird die Diakonie ambulant im kommenden Jahr in der Pflege von Smartphones auf Tablets als Begleitinstrument umsteigen. „Der Vorteil ist, dass wir über die Geräte nicht nur die Pflege planen, sondern auch die Dokumentation leisten können“, erläutert Thomas Nehr. Ein wichtiger Baustein fehlt noch: die Möglichkeit für die Klienten oder deren Betreuer/Angehörige, die Leistungen mit einer digitalen Unterschrift abzuzeichnen. Kann der gesamte Ablauf digital erfolgen, spart das viele Wege, Zeit und letztlich auch Energie der Mitarbeiter, die ihnen für andere Aufgaben zur Verfügung steht, so Nehr. „Es ist sehr wichtig, dass das von politischer Seite geregelt wird und wir mit der digitalen Unterschrift arbeiten können.“ Der Diakonie ambulant angeschlossen sind Praxen, in denen Logopädie, Ergo- und Physiotherapie angeboten werden. Bei der Logopädie hat das Team auf die Situation durch Corona reagiert und in der Betreuung auch Videokonferenzen ermöglicht, indem man kurzfristig einen Laptop und die entsprechende Software angeschafft hat. Unterstützen können digitale Medien beispielsweise auch in der Physiotherapie durch Visualisierung von Körperbereichen oder durch Vorher-nachher-Vergleiche. „Es muss natürlich immer überlegt werden, wo eine Digitalisierung im Alltag wirklich hilft und sinnvoll ist“, sagt der Geschäftsführer. Ein Roboter, auch wenn er einen Senior ans Trinken erinnert, könne die menschliche Ansprache durch einen Mitarbeiter nicht ersetzen.

Die Digitalisierung ist für die Diakonie ambulant auch ein Thema, das auf der Ebene der Gewinnung von neuen Mitarbeitern eine Rolle spielt. Potenzielle, jüngere Bewerber schauen sich immer stärker bei sozialen Medien und im Internet um. Dies war auch ein Anstoß dafür, sich bei den Wettbewerben zu beteiligen. Bedarf besteht aktuell besonders für die Logopädie, bei der es als jüngster Profession noch nicht so viele Fachkräfte auf dem Markt gibt. Die Wartezeit für eine Behandlung beträgt zurzeit ein Jahr und Thomas Nehr hofft, dass die Auszeichnungen helfen, die Wertschätzung der Mitarbeiter transparent zu machen. Auch in der Pflege wird der Bedarf weiter steigen, insofern muss die Diakonie ambulant weiterhin sozusagen vordenken und vorsorgen.

Im Mittelpunkt des Erfolgs sieht Thomas Nehr das Organisationsentwicklungsinstrument „Belev“, das viele soziale und pflegerische Unternehmen nutzen und mit dem die Gesundheitsdienste Oberes Murrtal alle drei Jahre in einen Beratungsprozess einsteigen. „Die Mitarbeiterbefragung ist das Herzstück.“ Sie hat nicht nur den Vorteil einer Vergleichbarkeit zu den Vor- und Folgeerhebungen, sondern lässt auch Schlüsse in Bezug auf die Maßnahmen zur Weiterentwicklung zu.

Und was heißt das konkret inhaltlich? Von den mittlerweile über 50 Mitarbeiterbindungsmaßnahmen sind den Teammitgliedern folgende besonders wichtig: regelmäßige Befragung, familienfreundliches Unternehmen mit Prädikat, Anstellungsdeputate in Fünfprozentschritten, Gutscheine fürs Einspringen, teambildende Veranstaltungen und gelebte, gegenseitige Wertschätzung.