Beim Heizen kann viel Geld verpulvert werden. Das bedeutet aber auch: Das Einsparpotenzial ist groß. Foto: Life Background - stock.adobe.com
Von Matthias Nothstein
Backnang. Die Stadt muss ihre Anstrengungen auf dem Sektor Energieeinsparung deutlich steigern. Nicht nur, weil sie damit ihre Ausgaben reduzieren kann, sondern weil viele Maßnahmen auch gesetzlich vorgeschrieben sind. Aus diesem Grund hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen, für die Einführung eines kommunalen Energiemanagementsystems (EMS) eine Bundesförderung zu beantragen und – wenn es eine Förderzusage gibt – dann auch die notwendigen Organisationsstrukturen zu schaffen.
Wie hoch sind die Kosten? Die Kosten sind nicht ohne: Für die Einführung des EMS entstehen während eines Förderzeitraums von drei Jahren nach einer ersten Abschätzung voraussichtliche Gesamtkosten in Höhe von rund 832000 Euro. Den Stadträten wurde die Investition schmackhaft gemacht mit dem Verweis, dass es einen fetten 70-Prozent-Zuschuss des Bundes gebe, sodass der Eigenanteil der Stadt nur noch bei rund 250000 Euro liegt.
Wie setzen sich die Kosten zusammen? Hochbauamtsleiter Andreas Stier erklärte, dass darin die Ausgaben für zwei Personalstellen enthalten sind. Auf drei Jahre summiert entspricht dies 493000 Euro beziehungsweise einem Eigenanteil bei der Stadt von 148000 Euro. Die Sachkosten für Messtechnik, Zähler, Sensorik, Software, Gebäudebewertung, Qualifizierungsmaßnahmen für eigenes Personal sowie Dienstleister belaufen sich über den Förderzeitraum auf rund 339000 Euro.
Was wurde bisher gemacht? Die Stadt Backnang betreibt schon seit 2011 ein Energiemanagement. Hierbei wurden von der Stadtkämmerei die Energieverbräuche der großen, verbrauchsintensiven Liegenschaften sukzessive erfasst und dokumentiert. Daraus wurden vom Hochbauamt Maßnahmen für die Sanierung von Gebäudetechnik abgeleitet. Besonders bei Bestandssanierungen wurde Wert darauf gelegt, energetische Aspekte zu berücksichtigen. Etliche Gebäude wurden mit Pelletanlagen oder Blockheizkraftwerken sowie Wärmepumpentechnik mit PV-Anlagen ausgestattet. In nahezu allen Schulen, Sporthallen und Kitas wurde die Beleuchtung auf LED-Technik umgestellt, auch große Teile der Straßenbeleuchtung. Zudem entstanden mehrere Nahwärmenetze in Schulzentren und Wärme-Contracting-Modelle mit den Stadtwerken. Was noch fehlt, sind Anlagen zur laufenden Erfassung und Auswertung der Energieverbräuche. Sie würden es ermöglichen, zeitnah und zentral die Gebäudetechnik zu steuern.
Was sagt der Gesetzgeber? Im Zuge der Regelungen des Energiewärmegesetzes Baden-Württemberg (EWärmeG) sowie der Fortschreibungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) bis hin zu deren Ablösung durch das Gebäudeenergiegesetzes des Bundes (GEG) ab 2021 sind die Anforderungen an Planung und Betrieb der Gebäude und ihrer technischen Anlagen in den vergangenen drei Jahren sprunghaft angestiegen. Zudem sieht das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg seit 2020 die Erfassung der kommunalen Energieverbräuche und deren jährliche Meldung verpflichtend vor. Die Verbräuche der Liegenschaften werden deshalb seit 2020 von der Stadtkämmerei in dem vom Land bereitgestellten Tool „ekomm“ erfasst und an das Land gemeldet.
Besteht weiterer Handlungsbedarf? Aus dreierlei Gründen ja. Erstens wegen des Klimas. Zweitens muss die Stadt wegen der aktuellen Energiekrise die hohen Brennstoffkosten reduzieren. Drittens wird aller Voraussicht nach ab dem Jahr 2023 ein dauerhaft betriebenes Energiemanagementsystem gesetzlich vorgeschrieben. Und zwar eines, das mehr leistet als das seitherige. Das EMS soll weiterentwickelt werden zu einem zertifizierten, umfassenden und schnell reaktiven Managementsystem, das für die Erreichung der Klimaziele eine breite Datengrundlage und Handlungsbasis bietet. Mit den gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz wird die Einführung eines zertifizierten Energiemanagementsystems bei der Stadt Backnang künftig verpflichtend.
Was leistet das Energiemanagementsystem? Ziel dieses künftigen EMS ist die Steigerung der Energieeffizienz. Die Stadt verpflichtet sich zur Festlegung und kontinuierlichen Überprüfung von Energieverbräuchen mittels Energiemonitoring mit zeitnahen Eingriffsmöglichkeiten. Dies ist darin begründet, dass es bei Energiemanagementsystemen in erster Linie darum geht, Energie gar nicht erst zu verbrauchen. Dies wird aufgrund der jährlich steigenden Kosten durch die Energiekrise und durch die CO2-Steuer essenziell, um den finanziellen Handlungsspielraum der Verwaltung auch in Zukunft sicherzustellen.
Wie geht es weiter? Das Klimaschutzgesetz sieht unter Paragraf 7d für alle Großen Kreisstädte die Erstellung eines kommunalen Wärmeplans bis spätestens 31. Dezember 2023 vor. Mit der Einführung des Energiemanagements wird dafür eine strukturierte Datengrundlage geschaffen. Diese Daten stellen eine gute Grundlage für Effizienzsteigerungen und fundierte Investitionsentscheidungen zur energetischen Gebäudesanierung dar. Es soll eine detaillierte Prioritätenliste für die Gebäude erstellt werden. Für jedes Gebäude gibt es einen individuellen energetischen Sanierungsfahrplan. Diese werden von zertifizierten Energieberatern erstellt und vom Bund mit 80 Prozent gefördert. Mit den Sanierungsfahrplänen können die gesetzlichen Vorgaben für Nichtwohngebäude des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWärmeG) des Landes erfüllt werden. Die Sanierungsfahrpläne sollen vor allem auch langfristige Erfordernisse der Energieeinsparung sowie bauliche, baukulturelle und persönliche Ausgangsbedingungen in den Blick nehmen und im konkreten Fall zur Sensibilisierung und Motivation für eine energetische Gebäudesanierung beitragen.
Was sagen die Stadträte? Die Mehrheit der Stadträte zeigte sich bereit, die Investitionen mitzutragen. Willy Härtner (Grüne) bezeichnete das Vorgehen als den „richtigen Weg“. Auch Rolf Hettich (CDU) nannte es grundsätzlich wichtig, solch ein Managementsystem zu haben, um Energie zu sparen. Er hielt jedoch den Betrag von 832000 Euro für sehr hoch. Er vermutete, die Entscheidung werde den Kommunen mit dem 70-Prozent-Zuschuss schmackhaft gemacht. Deshalb hakte er nach, ob die Stadt, wenn sie eine Förderzusage erhält, alles umsetzen muss. Michael Malcher (AfD) wies darauf hin, dass das Personal nach drei Jahren, wenn die Förderung ausläuft, für die Stadt erst so richtig teuer werde, „und das alles für den Klimaschutz“. Sabine Kutteroff (CDU) lehnte das Vorgehen sogar komplett ab. Sie bezweifelte zwar nicht dessen Sinn, wohl aber die Umsetzung. „So, wie es auf dem Papier steht, ist es eine Totgeburt, das kann überhaupt nicht funktionieren.“ So bezweifelte sie, dass die Stadt Fachkräfte anwerben könne, da sich solche nicht auf befristete Stellen bewerben würden. Sie plädierte dafür, dass die Stadt die Aufgaben outsourcen solle. Auch sie gab zu bedenken, dass die Fördergelder auch Steuergelder seien, „die wir alle erwirtschaften“. Ihr Urteil war eindeutig: „Das ist rausgeschmissenes Geld, ich werde dagegen stimmen.“ Baudezernent Stefan Setzer sagte, die Stadt habe schon oft solche Leistungen fremd vergeben, „wir haben das all die Jahre aus der Not heraus gemacht, mangels eigenem Personal“. Er gab aber auch zu bedenken, dass bei jedem Wechsel des Personals das Wissen verloren geht und die Stadt allerhand Wartungsverträge aufgehalst bekomme. Es sei für einen Laien schwierig, diese zu durchschauen. „Dass die Personalgewinnung kein Zuckerschlecken ist, ist uns auch bewusst.“ Laut Setzer müsse die beantragte Leistung nicht zwingend komplett umgesetzt werden, es könne sein, dass vielleicht eine neue Fachkraft reiche. Und Oberbürgermeister Maximilian Friedrich betonte: „Wir wollen keine unnötigen Strukturen schaffen.“ Die Sorge, keine Fachkraft zu finden, teilte Gerhard Ketterer (CDU) nicht: „Wer diese Stelle antritt, der wird in drei Jahren auch noch benötigt, der hat mit der Befristung überhaupt kein Problem.“
Letztendlich stimmte einzig Kutteroff gegen das Vorgehen, vier weitere Stadträte enthielten sich.