Der ehrenamtliche Mitarbeiter Norbert des Repaircafés in Backnang begutachtet einen defekten Schallplattenspieler. Foto: A. Becher
Von Anja La Roche
Backnang. Im Gewölbekeller der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Backnang in der Aspacherstraße 32 herrscht nach langer Pause wieder reger Betrieb. Jede Menge Elektrogeräte sind zu sehen, darunter ein Wasserkocher, ein Aktenvernichter, ein Blutdruckmessgerät und ein Kassettenrekorder. Sie haben Eines gemeinsam: Sie funktionieren nicht mehr so, wie es ihre Besitzer gerne hätten. Da kommt das Team des Reparaturcafés ins Spiel. Ullrich Naumann und die weiteren vier Helfer schauen sich die kaputten Geräte an und beraten ihre Besitzer zu möglichen Lösungen. Im Idealfall können sie es vor Ort reparieren.
In den umliegenden Gemeinden gibt es ebenfalls Repaircafés
Mit diesem kostenlosen Angebot möchte Ullrich Naumann, der das Reparaturcafé 2015 ins Leben gerufen hat, die Leute davor bewahren, ein neues Gerät zu kaufen – auch um der Nachhaltigkeit willen. Dass die ehrenamtlichen Bastler ihren Service lange nicht anbieten konnten, ist der Coronapandemie geschuldet. Das letzte Mal hatte das Reparaturcafé im September vergangenen Jahres geöffnet, doch dann kam erneut der Lockdown, berichtet Rudolf Wohlfahrt, der Vorsitzende des Awo-Ortsvereins. Der Bedarf an Reparaturen sei nun nach der Ruhephase recht hoch. Damit die fünf Tüftler in Backnang nicht zu viele Besucher mit kaputten Gerätschaften haben, die vor und im Gewölbekeller warten müssen, verweist Ullrich Naumann auf weitere Angebote. In Oppenweiler, Weissach im Tal und Burgstetten gibt es beispielsweise ebenfalls Repaircafés.
Vorbeibringen kann man fast alles, was man möchte; nicht nur Elektrogeräte, sondern auch Spielsachen. 2018 wollten die Bastler sich auch kaputten Fahrrädern annehmen, doch das machen sie nicht mehr. Diese könnten auch woanders leicht repariert werden und Elektrofahrräder seien im entsprechenden Shop besser aufgehoben, so Ullrich Naumann. Letztendlich liege der Fokus bei elektronischen Altgeräten. Der gelernte Elektriker Naumann und seine Helfer können da mit ihrem Fachwissen weiterhelfen. Die neuen Geräte seien hingegen oftmals nicht zu retten, wenn sie kaputtgehen. Schon das Öffnen der Plastikteile sei meist nicht möglich, ohne das Gehäuse zu zerstören. „Wir wollen da auch keine Konkurrenz für Firmen sein, die neue Geräte reparieren“, sagt Naumann.
Ein Herr aus Backnang hat ein recht neues Blutdruckmessgerät mitgebracht. Der Helfer Norbert muss ihn allerdings enttäuschen, denn es handelt sich um ein typisches, modernes Teil, das schwer zu reparieren ist. „Außerdem wären die Messwerte danach womöglich nicht mehr korrekt“, ergänzt Norbert. Bei einem Kassettenrekorder hingegen sieht es schon anders aus. Ullrich Naumann beugt sich über das geöffnete Gerät mit komplexem Innenleben. „Das sind jede Menge diskrete Bauteile“, erklärt er. Altes Handwerk sei das noch – bei modernen Geräten stecke das in einem kleinen Element. Der alte Player ist ideal für Naumann, um daran rumzuwerkeln, seine Fehler aufzuspüren und auszumerzen. „Mir tut’s in der Seele weh, wenn das nicht geht und ich den Fehler nicht finde“, sagt er. Der Besitzer hingegen ist froh, nicht an die Elektroteile heranzumüssen. „Dafür habe ich zwei linke Hände und nur Daumen dran“, kommentiert er.
Gelagert werden die defekten Objekte allerdings nicht. Entweder, sie können direkt repariert werden, oder eben nicht. Um noch mehr Menschen zum Basteln statt Wegwerfen zu motivieren, lädt Naumann jeden herzlich zu einem der Termine ein (siehe Anhang); gerne könne man einfach nur zuschauen und lernen. Um aktiv mitzuhelfen brauche es allerdings ein Gefühl für Technik, sagt Norbert. Es gehe darum, „offensichtliche Funktionsstörungen“ zu finden und dadurch dem Laien zu helfen.