Backnangs Wochenmarkt in der Krise

Händler in Backnang klagen über sinkende Umsätze. Die Stadt sucht nach Möglichkeiten, um den Markt attraktiver zu machen

Backnangs Wochenmarkt in der Krise

Von Kornelius Fritz

Backnang. Es ist frostig an diesem Mittwochmorgen – kein Tag, an dem es einen zum Bummeln in die Stadt zieht. Und so ist auch auf dem Backnanger Wochenmarkt nicht viel los. Nur wenige Kunden, zumeist ältere Leute, sind in der Uhlandstraße unterwegs und auch die Händler machen sich rar. Gerade mal sieben Stände verteilen sich heute auf den 200 Metern zwischen Obstmarkt und „Totengässle“, dazwischen klaffen große Lücken. Richtige Marktstimmung will hier nicht aufkommen.

Entsprechend schlecht ist die Stimmung unter den Händlern, die gekommen sind. „Mittwochs lohnt es sich für uns kaum noch“, sagt Pashalis Dourtmes, der gegenüber vom Eiscafé Dolomiti Blumen verkauft. Mit dem Stand seines Chefs steht der junge Mann auch regelmäßig auf den Märkten in Schorndorf und Winnenden, dort seien die Umsätze wesentlich besser als in Backnang. Ein anderer Händler, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, bestätigt diese Erfahrungen: „Das war hier mal ein sehr schöner Wochenmarkt, aber wenn es so weitergeht, geht er kaputt“, prophezeit er. Die Umsätze seien in den vergangenen Jahren rückläufig und auch das Angebot werde immer schlechter.

Die Händler kritisieren ihre Kollegen

Die Kritik der Händler richtet sich dabei auch an die eigenen Kollegen: „Manche kommen nur, wenn sie Lust haben“, sagt Pashalis Dourtmes. Dadurch blieben gerade in der kalten Jahreszeit viele Plätze unbesetzt und statt eines Marktes habe man am Ende nur noch versprengte Stände. „Bringt es näher zusammen“, lautet der Appell des Markthändlers, der erneut auf Winnenden und Schorndorf verweist. Dort reihe sich an den Markttagen ein Stand an den anderen, was dann auch mehr Kundschaft anlocke. „Und wenn ein Händler ein paarmal nicht kommt, dann fliegt er eben raus.“

Von solch drastischen Methoden hält Gisela Blumer allerdings nichts: „Wir versuchen die Dinge lieber kooperativ zu lösen“, sagt die Leiterin des Backnanger Rechts- und Ordnungsamts, die auch für den Wochenmarkt verantwortlich ist. Zwar wäre es auch ihr lieber, wenn immer alle Marktbeschicker da wären, aber es gebe eben auch Gründe, warum der eine oder andere mal fehlt, etwa wegen Krankheit, Urlaub oder Personalmangel. Außerdem gebe es auch Händler mit saisonalen Waren, die sie gar nicht ganzjährig anbieten könnten.

Gleichwohl sieht auch Gisela Blumer Handlungsbedarf beim Wochenmarkt. Sie berichtet, dass die Zahl der Marktbeschicker mit festen Verträgen seit 2010 von mehr als 40 auf etwa 30 zurückgegangen sei. „Die meisten haben altershalber oder aus persönlichen Gründen aufgehört“, so Blumer. Nachfolger zu finden werde immer schwieriger. Einige hätten es zwar versucht, aber wieder aufgegeben, weil die Umsätze nicht ihre Erwartungen erfüllten.

Stadt lädt Marktbeschicker zum Meinungsaustausch ein

Auch Heinz Franke hat sich schon seine Gedanken über den Wochenmarkt gemacht. Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat gehören der Marktbesuch und der anschließende Cappuccino im Dolomiti zum wöchentlichen Samstagsritual. Der Markt ist für ihn mehr als ein Ort zum Einkaufen: „Ich gehe dort auch hin, um Leute zu treffen und ein Schwätzle zu halten“, sagt Franke.

Der negative Trend der vergangenen Jahre ist aber auch ihm nicht entgangen. Die SPD-Fraktion fordert deshalb von der Stadt ein „Konzept zur Neuausrichtung des Wochenmarktes als innerstädtischem Frequenzbringer“. Dabei sollte in Frankes Augen alles auf den Prüfstand, vom Ort über die Öffnungszeiten bis hin zu Veranstaltungen und Aktionen, mit denen man neue Kunden auf den Markt locken kann.

Für Mitte Februar hat Ordnungsamtsleiterin Gisela Blumer alle Marktbeschicker zu einer ersten Versammlung eingeladen. Dort soll besprochen werden, wie man den Markt attraktiver machen kann, um wieder mehr Kunden anzulocken.

Ein Shuttlebus könnte bei schweren Einkäufen helfen

Ideen gibt es schon einige. Die Händler würden es zum Beispiel begrüßen, wenn die Stadt die Parkgebühren für Marktbesucher reduzieren würde. Auch ein Shuttleservice, der Kunden mit schweren Einkaufstaschen zum Parkhaus oder zur Bushaltestelle bringt, steht auf der Wunschliste. „Ich glaube, dass man schon mit Kleinigkeiten vieles besser machen könnte“, sagt Blumenverkäufer Pashalis Dourtmes.

Aus Sicht von Gisela Blumer sollten der Wochenmarkt und seine Angebote auch noch besser beworben werden, sowohl in klassischen Medien wie der Zeitung als auch in den sozialen Netzwerken, wo man eine jüngere Zielgruppe erreicht. Auch eine Befragung unter den Marktbesuchern kann sich Gisela Blumer gut vorstellen, um die Wünsche und Kritikpunkte der Kundinnen und Kunden noch besser zu verstehen.

Auch die Marktgebühren könnten angepasst werden

Ein weiteres Thema könnten die Marktgebühren sein. So hat die Stadt Schorndorf vor zwei Jahren eine Gebührensatzung eingeführt, die Händler, die regelmäßig kommen, mit niedrigeren Standgebühren belohnt. Außerdem bezahlen Marktbeschicker dort unter der Woche weniger als am Samstag. „Ein interessantes Modell“, findet Gisela Blumer, auch wenn sie davon überzeugt ist, dass die Gebühren in Backnang nicht das Hauptproblem sind. Die seien nämlich schon heute niedriger als in den meisten anderen Städten im Rems-Murr-Kreis.

Bei allen Bemühungen um einen attraktiven Wochenmarkt stellt Gisela Blumer allerdings auch klar: Ob ein Markt funktioniert oder nicht, entscheiden letztlich die Kunden. Sie hätten es mit ihrem Kaufverhalten in der Hand, den Backnanger Wochenmarkt zu stärken – oder eben nicht.

Kommentar
Der Einfluss ist begrenzt

Von Kornelius Fritz

Dass sich Stadtverwaltung und Gemeinderat in Backnang Gedanken über den Wochenmarkt machen, ist gut und sinnvoll. Und sicher werden sich dabei auch Verbesserungsmöglichkeiten finden. So dürfte Backnang eine der wenigen Städte sein, wo der Markt nicht auf einem zentralen Platz stattfindet, sondern sich schlauchartig durch die ganze Innenstadt zieht. Auch die Öffnungszeiten erscheinen nicht mehr zeitgemäß: Wenn der Markt am Samstag schon um 7.30 Uhr beginnt, dafür aber bereits um kurz vor 12 Uhr die ersten Händler zusammenräumen, hat das mit der Lebenswirklichkeit vieler Menschen nichts zu tun.

Allerdings sollte man sich von Reformen nicht zu viel versprechen, denn der Einfluss auf das Kundenverhalten ist begrenzt. War der Gang auf den Markt früher für viele ein festes Ritual, braucht ihn die jüngere Kundschaft heute nicht mehr unbedingt. Frische und oft auch regionale Ware bekommt man auch in Supermärkten und Discountern. Auch die Konkurrenz durch Hof- und Bioläden ist größer geworden. Diesen Trend wird man in Backnang nicht aufhalten.

k.fritz@bkz.de