Bademeistermangel auch im Wonnemar

Suche nach qualifizierten Kräften sogar im Ausland – Falls sich nichts ändert, drohen eingeschränkte Öffnungszeiten

Immer mehr Schwimmbäder in Deutschland müssen ihre Öffnungszeiten verkürzen. Der Grund: Es gibt zu wenig Bademeister. Auch im Wonnemar ist man besorgt, der Bademeistermangel macht sich auch hier bemerkbar. Dabei ist der Beruf durchaus attraktiv, findet eine, die es wissen muss: Andrea Schmied arbeitet als Bademeisterin und liebt ihren Job.

Bademeistermangel auch im Wonnemar

Der Kontakt mit den Badegästen ist Schwimmmeisterin Andrea Schmied sehr wichtig. Zudem liebt sie die Vielseitigkeit ihres Berufs. Foto: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG. Korrekt heißen sie mittlerweile „Fachangestellte für Bäderbetriebe“, doch nur als Bade- oder Schwimmmeister kennt sie wirklich jeder. Sie sorgen nicht nur dafür, dass die oft sehr vielen Badegäste unbeschwerte Stunden im Hallen- oder Freibad genießen können – ohne sie wäre ein Badebetrieb weder möglich noch erlaubt.

Doch es gibt immer weniger Menschen, die Bademeister werden möchten. Ricardo Haas, Centermanager des Backnanger Wonnemar, hat auch eine Vermutung, warum das so ist: „Viele junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen, kennen den Beruf gar nicht. Und wenn sie ihn kennen, haben sie falsche Vorstellungen.“ Natürlich sei es nicht so, dass Bademeister den ganzen Tag nur am Becken stehen, auf das Wasser starren und die Gäste beobachten. „Der Beruf ist wesentlich vielseitiger, die Ausbildung hat beispielsweise auch eine technische Komponente, damit man auch mal einen eventuellen Notfall der Chloranlage beheben kann.“ (Siehe Infokasten.) Leider sei das Berufsbild des Schwimmmeisters einfach nicht positiv besetzt, so Haas. „Was natürlich schade ist, denn wir brauchen sie, um die Sicherheit im Bad gewährleisten zu können.“ Eigentlich logisch: Mehr Badegäste bedeuten auch mehr Personal, die genaue Anzahl ist gesetzlich geregelt. „Bislang haben wir die Personalengpässe immer wieder überbrücken können, da wir ja sechs Bäder in ganz Deutschland haben und uns gegenseitig aushelfen können.“ So sei beispielsweise auch schon einmal ein Kollege aus dem Wonnemar in Bad Liebenwerda im Backnanger Bad gewesen. „Ich befürchte aber, dass wir, wenn der Trend sich so fortsetzt, unsere Öffnungszeiten irgendwann verringern müssen.“ Das möchte Haas auf keinen Fall. Deshalb besucht das Wonnemar als Arbeitgeber Ausbildungsmessen, kooperiert mit der Agentur für Arbeit und geht bei seiner Suche nach qualifizierten Kräften sogar ins Ausland. „Wir nutzen jeden Kanal, der sich uns bietet und manchmal finden wir Leute auf Wegen, die wir gar nicht erwartet haben, beispielsweise ein ehemaliger Flüchtling, der jetzt hier anerkannt wurde und ausgebildeter Rettungsschwimmer ist.“

Offene Ausbildungsstelle

konnte nicht besetzt werden

Mit dem Beruf des Fachangestellten für Bäderbetriebe verbinden viele immer eine schlechte Bezahlung. Dem widerspricht Haas: „Das Einstiegsgehalt liegt etwa bei 2500 Euro brutto, dazu kommen noch Zuschläge für Sonn- und Feiertagsdienste.“ Noch besser bezahlt werden Bademeister, die in städtischen Betrieben arbeiten, denn ihre Gehälter werden tariflich geregelt. „Wir müssen uns ganz klar anpassen und dem Wettbewerb stellen“, sagt der Centermanager und ergänzt: „Das Gehalt, das wir zahlen, liegt mittlerweile schon ganz nah an dem, das im TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) festgelegt ist.“ Bewerben für eine Ausbildung könne sich eigentlich jeder, so Haas. „Schwimmen sollte man allerdings schon können“, sagt er und lacht. Nicht gelacht hat er darüber allerdings im vergangenen Jahr: Das Wonnemar konnte die offene Ausbildungsstelle nicht besetzen, weil sich kein Azubi gefunden hat – denn die Kandidaten, die sich beworben hatten und geeignet waren, konnten gar nicht schwimmen.

Eine, die nicht nur ausgezeichnet schwimmen kann, sondern ihren Beruf schon seit vielen Jahren liebt, ist Andrea Schmied. Die 48-Jährige arbeitet seit 1990 als Schwimmmeisterin – zuerst im Städtischen Hallenbad Backnang, und seit es das Wonnemar gibt, dort. Somit ist sie die dienstälteste Bademeisterin in Backnang. „Ich war schon immer eine Wasserratte, bin in Oppenweiler oberhalb des Freibads aufgewachsen und war eigentlich ständig dort und bin dann auch Mitglied bei der DLRG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft) geworden.“ Ihre Leidenschaft zum Wasser hat Schmied dann recht schnell zu ihrem Beruf gemacht und eine Ausbildung begonnen. Besonders den Kontakt zu den Badegästen schätzt sie. „Je mehr Besucher, desto besser. Da geht die Zeit schnell rum.“ Sie lacht. Das tut sie häufig. Sonnengebräunt und gut gelaunt startet Schmied in ihren Arbeitstag. Auch wenn viele ihrer Bekannten und Freunde sie aufgrund ihrer Arbeitszeiten bedauern, die Schwimmmeisterin wusste, worauf sie sich einlässt und hat auch mit der Schichtarbeit kein Problem. „Natürlich müssen wir am Wochenende oder an Feiertagen arbeiten, nur dann haben ja die meisten Menschen Zeit, ins Bad zu kommen. Dafür bekomme ich ja unter der Woche dann freie Tage, das ist auch schön.“

Präsenz rund um die Becken zu zeigen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben von Andrea Schmied. „Es ist ja nicht so, dass alle Badegäste immer nett sind, es gibt immer wieder ein paar, die aus der Reihe tanzen“, sagt sie. In diesem Fall sei es besonders wichtig, auf Fehlverhalten hinzuweisen und zu kontrollieren, ob die Regeln nach der Ermahnung eingehalten werden. „Ich versuche dabei immer, auf Augenhöhe mit den Leuten zu kommunizieren, rede mit Grundschulkindern natürlich anders als mit Teenagern“, so Schmied. Aber sie kennt die meisten Badegäste und somit auch ihre Pappenheimer und „das macht schon sehr viel aus“.

Vom Albtraum eines jeden Schwimmmeisters ist die 48-Jährige bislang verschont geblieben: Keiner ihrer Schützlinge ist während einer ihrer Schichten ertrunken. „Ich erinnere mich nur an eine sehr kritische Situation: Ich wollte eigentlich gerade etwas trinken gehen, aber dann dachte ich ,Dreh noch einmal eine Runde ums Nichtschwimmerbecken‘. Das war einfach ein Bauchgefühl, so etwas wie Intuition. Dort habe ich ein kleines Mädchen ohne Schwimmflügel gesehen, das immer wieder zum Becken ging und mit einer kleinen Gießkanne Wasser geholt hat. Beim dritten Mal sehe ich, wie sie aufs Becken zurennt und nicht mehr rechtzeitig abbremsen kann, sie hat das Gleichgewicht verloren. Zum Glück war ich nur drei Schritte entfernt, konnte sie am Oberarm packen und habe so verhindert, dass sie ins Wasser fällt.“ Für Schmied besonders unverständlich: „Im Nachhinein kam heraus, dass die Oma des Mädchens nur ein paar Meter entfernt lag und total in ihr Buch vertieft war, statt auf das Kind aufzupassen.“

Ob Dienst im Freibad oder Hallenbad: Andrea Schmied ist einfach gerne rund um die Becken unterwegs. „Beides hat natürlich Vor- und Nachteile“, sagt sie. „Im Hallenbad ist es sehr schwül, die Luftfeuchtigkeit ist extrem. Im Freibad sticht die Sonne herunter, die Platten, auf denen wir laufen, werden oft bis zu 60 Grad Celsius warm.“ Doch drinnen wie draußen genießt sie ihre Arbeit, die Gespräche mit den Menschen und die Abwechslung.