Hanna Steckl fordert auch auf kommunaler Ebene mehr Einsatz für den Klimaschutz. Foto: A. Becher
Von Annette Hohnerlein
Backnang. Das Thema Klimaschutz treibt Hanna Steckl um. „Ich habe schlimme Angst vor der Zukunft“, bekennt sie. Das geht so weit, dass sie in Gesprächen mit ihren Schwestern schon die Frage diskutierte, ob man es überhaupt noch verantworten könne, Kinder in die Welt zu setzen. „Manchmal fühle ich mich machtlos, dann aber möchte ich etwas verändern, laut sein“, sagt die 17-Jährige.
Als Kind war sie viel draußen unterwegs, bei Radtouren mit der Familie, auf dem Stückle der Großeltern, erinnert sich Hanna Steckl. Die Liebe zur Natur und die Sorge um Mensch und Klima wurden ihr Thema, sie engagiert sich bei Fridays für Future und will demnächst in die Grüne Jugend eintreten. Ein Bogy-Praktikum führte die Schülerin des Tausgymnasiums in ein Architekturbüro nach Berlin, das sich mit urbaner Zukunftsplanung beschäftigt, ein weiteres Praktikum absolvierte sie bei der Nichtregierungsorganisation Cradle to Cradle, die sich für eine umfassende Kreislaufwirtschaft einsetzt.
Hanna Steckl selbst lebt klimaschonend, sie ernährt sich vegan, nutzt so viel wie möglich Fahrrad, Bus und Bahn und achtet auch beim Kauf ihrer Kleidung auf Nachhaltigkeit. Ihre Familie zieht mit ihr an einem Strang, erzählt die junge Klimaschützerin: „Zu Hause essen wir kaum Fleisch, verwenden Bioprodukte und fahren ein Elektroauto.“ Dabei verurteilt sie niemanden, der nicht so konsequent ist. „Es geht nicht darum, dass jeder perfekt klimaneutral ist; wichtig ist es, ein Bewusstsein zu schaffen.“ Und die Bewusstseinsänderung fängt für die junge Aktivistin schon bei der Wortwahl an. Klimawandel sei der falsche Begriff, weil zu verharmlosend. Richtig sei es, von einer Klimakrise oder einem Klimanotstand zu sprechen. Ebenso sei die Bezeichnung „Globale Erwärmung“ falsch, das klinge fast schon positiv. Es sei viel angebrachter, von „globaler Erhitzung“ zu sprechen.
Und weil die Zeit drängt, kämpft sie dafür, dass auf politischer Ebene Tempo gemacht wird: „Mein Wunsch an die Politik ist, dass die Klimakrise als Krise behandelt wird und alles getan wird, um sie zu stoppen.“ Steckl ist überzeugt, dass die Kommunen dabei ein zentraler Faktor sind. Energie, Verkehr, Flächennutzung, Wasser und Abwasser sowie Abfallwirtschaft seien Bereiche, über die die Städte und Gemeinden klimapolitisch Einfluss nehmen können.
Deshalb hat sie für ihre Seminararbeit in der Jahrgangsstufe 1 im vergangenen Schuljahr das Thema „Stadt der Zukunft“ gewählt und darin eine „Analyse der Entwicklung zur klimaneutralen Kommune anhand des Fallbeispiels Backnang“, so der Untertitel, erarbeitet. Dabei stellte sie fest, dass es weder umfassende Daten über die bisherigen klimarelevanten Aktivitäten Backnangs noch eine CO2-Bilanz gibt. Baudezernent Stefan Setzer konnte ihr lediglich Informationen darüber zur Verfügung stellen, wie sich die Verbrauchszahlen von Strom, Heizung und Wasser bei den städtischen Gebäuden bis 2015 entwickelt haben. Diese Daten wurden im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung der Immobilien erhoben. Außerdem führte Hanna Steckl ein Gespräch mit der Backnanger Gemeinderätin Ulrike Sturm (Grüne), etwa über den Stand beim Ausbau von Fahrradstreifen oder der Einführung eines Citytickets für den öffentlichen Nahverkehr. Und sie sprach mit Bertram Ribbeck von der Initiative „Klimaentscheid Backnang“, in der Bürger mit der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat zusammen auf ein klimaneutrales Backnang hinarbeiten wollen.
In ihrer Arbeit zieht Steckl das Fazit, dass in Backnang bereits das eine oder andere vorangetrieben wurde. Allerdings ist in ihren Augen da noch viel Luft nach oben. So seien die Maßnahmen in Backnang noch zu vereinzelt, stünden nicht unter einem großen Konzept. Dafür brauche es dringend einen Klimaschutzbeauftragten, wie ihn andere Kommunen, zum Beispiel Schorndorf, schon hätten. Dies sei geplant, habe ihr Setzer versichert. Auch die Vernetzung untereinander hält Steckl für wichtig, damit nicht jede Gemeinde das Rad neu erfinden muss. Und im Gemeinderat müsse der Klimaschutz einen höheren Stellenwert bekommen. Beim Besuch einer Sitzung habe sie kürzlich mit Entsetzen die Bemerkung eines Gemeinderats gehört, der behauptete, es sei noch nicht erwiesen, dass der Klimawandel menschengemacht sei.
Große Hoffnungen setzt die junge Aktivistin in Backnangs neuen Oberbürgermeister Maximilian Friedrich, der sich im Wahlkampf für das Thema Klimaneutralität starkgemacht hat. „Ich war schon in der Bürgersprechstunde bei ihm. Ich habe den Eindruck, er steht dahinter“, sagt Steckl. Gleichzeitig fordert sie: „Da muss noch viel passieren in kurzer Zeit. Wir stehen noch ziemlich am Anfang.“
Ihre Energie will Hanna Steckl auch in Zukunft in den Dienst des Klimaschutzes stellen. Nach dem Abitur möchte sie ein Studium im Bereich Architektur, Städteplanung oder Urbanistik beginnen.