Karlsruhe /CGO - Die erste höchstrichterliche Stellungnahme zum Dieselskandal ist ein Erfolg für die Autokäufer. Der Bundesgerichtshof (BGH) stuft die Softwaremanipulationen an Dieselmotoren juristisch als „Mangel“ ein. Die Äußerung des BGH habe eine Signalwirkung für die Musterfeststellungsklage seines Verbands gegen VW und sei damit „eine wirklich gute Nachricht“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller. Gemeinsam mit dem ADAC haben die Verbraucherschützer eine Musterfeststellungsklage gegen VW eingereicht. Ihr haben sich mittlerweile mehr als 407 000 Dieselfahrer angeschlossen.
Neben der Musterfeststellungsklage gibt es noch das Angebot des Rechtsdienstleisters Myright, gegen VW vorzugehen. Das Unternehmen hat sich dafür mögliche Ansprüche von mehr als 40 000 Dieselfahrern abtreten lassen. Dieses Verfahren soll nun vor den BGH, Myright-Gründer Jan-Eike Andresen sagte, der jetzt ergangene Hinweis gebe „Rückenwind“. Beide Verfahren richten sich nicht gegen Händler, sondern gegen VW direkt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob bei den Autos ein Mangel vorliegt, sondern auf eine „vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“. Das ist in der Rechtsdogmatik etwas anderes, es bestehen allerdings Ähnlichkeiten. Die Einschätzung von Volkswagen geht in die entgegengesetzte Richtung. Aus Wolfsburg hieß es, aus den Äußerungen des BGH ließen sich keine Erfolgsaussichten von Klagen gegen die Volkswagen AG ziehen. Auch lasse die Erklärung keine Rückschlüsse auf Verfahren gegen andere Händler zu.
Der rechtlichen Hinweis, den der Bundesgerichtshof veröffentlicht hat, liegt bisher nur als Pressemitteilung vor, nächste Woche soll der komplette, 19 Seiten umfassende Beschluss veröffentlicht werden. Er ist formal gesehen rechtlich nicht bindend. Allerdings dient er den Land- und Oberlandesgerichten, die sich mit vergleichbaren Klagen beschäftigen müssen, als wertvolle Richtschnur. Ein Richter, der darauf hofft, dass sein Urteil Bestand haben wird, kann kaum anders entscheiden als nun der Bundesgerichtshof.
Konkret nutzt der Beschluss des BGH allerdings nur noch all den VW-Käufern, die ihre Händler bereits verklagt haben und deren Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Da Gewährleistungsansprüche zwei Jahre nach dem Kauf verjähren, sind neue Klagen gegen VW-Händler nicht mehr möglich.