„Bindeglied zwischen Senioren und Stadt“

Seniorenvertreter für den Jugend- und Sozialausschuss in Backnang gesucht – Bisheriges Quartett tritt nicht mehr zur Wahl an

Die Seniorenvertreter im Jugend- und Sozialausschuss der Stadt sind ein wichtiges Bindeglied zwischen den älteren Mitbürgern und der Stadtverwaltung. „Sie haben einen anderen Blick auf die Probleme älterer Menschen“, so die Einschätzung der aktuellen Seniorenvertreterin Rosemarie Baur-Schwozer. Ende April endet die Amtszeit des bisherigen Quartetts. Neue Kandidaten werden von den Senioren und der Verwaltung gleichermaßen dringend gesucht.

„Bindeglied zwischen Senioren und Stadt“

Rosemarie Baur-Schwozer und Manfred Wörner rufen die älteren Mitbürger auf, für die Wahl als Seniorenvertreter zu kandidieren. Beide setzen sich im Stadtgebiet für Verbesserungen ein, so forderten sie etwa an der Treppe Grabenstraße/Uhlandstraße ein weiteres Geländer. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Probleme können nur dann gelöst werden, wenn sie auch als solche erkannt werden. Wenn aber Senioren Schwierigkeiten beim Aufenthalt in der (Innen-)Stadt haben, behalten sie diese oft aus Unsicherheit, falscher Bescheidenheit oder fehlender Kommunikationsmöglichkeit für sich. Sie arrangieren sich zuweilen lieber mit Missständen, als sich zu beschweren.

Genau hier sollen und wollen die Seniorenvertreter ansetzen. Sie sind das Sprachrohr der älteren Mitbürger und weisen die Stadtverwaltung auf Problemstellen hin. Dazu müssen sie mit offenen Augen und Ohren durch das Stadtgebiet gehen. Etwas, was Rosemarie Baur-Schwozer und Manfred Wörner, die beiden ständigen Seniorenvertreter im Jugend- und Sozialausschuss des Gemeinderats Backnang, und ihre Stellvertreter Hanne Mörtl und Charlotte Clement mit großem Engagement gemacht haben. Aktuell arbeiten sie am Projekt „Gütesiegel seniorenfreundlicher Service“, bei dem es darum geht, Dienstleistungen von Backnanger Unternehmen den Bedürfnissen der älteren Menschen anzupassen.

Die Seniorenvertreter sind darüber hinaus wie die Vertreter der Jugend und Migranten beratende Mitglieder im Gremium und nehmen bis zu viermal jährlich an den Sitzungen des Jugend- und Sozialausschusses teil. Zudem nehmen die Gewählten etwa fünfmal jährlich an Treffen des Kreisseniorenrats in Waiblingen teil. Baur-Schwozer ist sehr angetan von diesen Veranstaltungen, die Vorträge und Berichte seien stets sehr interessant.

Unterstützerkreis mit engagierten Bürgern traf sich mehrmals im Jahr

In den vergangenen Jahren gab es neben den Gewählten auch noch einen Unterstützerkreis von anderen engagierten Backnangern. Die Gruppe traf sich vier- bis sechsmal jährlich und besprach Projekte, die sie realisieren wollte. So wurde in der jüngsten Legislaturperiode einiges angeboten und erreicht, zum Teil auch in Kooperation mit dem Seniorenbüro. Baur-Schwozer listet auf: Eine Fortbildung mit der Fahrschule Herrmann, in der die Senioren mit neuen Regelungen vertraut gemacht und knifflige Situationen aufgefrischt wurden. Ferner einen speziellen Erste-Hilfe-Kurs für Senioren. Als Erfolg zählt Baur-Schwozer auch die Fußgängerampel in der Eugen-Adolff-Straße auf Höhe des Altenheims Haus am Berg auf. Sie sei aufgrund der Verkehrssituation notwendig gewesen und erst auf ihre Initiative hin installiert worden. Geplant ist ferner, den bewährten Kurs „Einführung in die Nutzung eines Fahrkartenautomaten“ im Juni nach dem Tarifwechsel zu wiederholen. Bisher nur eine Idee ist eine Einführung in die sinnvolle Nutzung eines Rollators von Mitarbeitern eines Sanitätsgeschäfts und eine Testfahrt mit einem Rollstuhl in der Innenstadt, eventuell in Kooperation mit der Anna-Haag-Schule. Dabei soll es um Probleme von Rollstuhlfahrern mit Höhenunterschieden oder unebenem Straßenpflaster gehen.

Im Gemeinderatsausschuss fiel eine Idee jedoch nie auf fruchtbaren Boden: Baur-Schwozer wollte an der großen Treppe von der Grabenstraße hinauf zur Uhlandstraße ein weiteres Geländer. Trotz mehrfacher Anläufe lehnten die Stadträte dieses Begehr mit verschiedenen Begründungen ab.

Enttäuschend empfindet Baur-Schwozer auch die Rückmeldung seitens der Senioren, und das trotz der wichtigen Arbeit und der vorzeigbaren Erfolge. Aber die Senioren der Stadt würden fast nie aus eigenem Antrieb melden, wo sie der Schuh drückt.

Die zweijährige Amtszeit der Seniorenvertreter für den Jugend- und Sozialausschuss endet am 30. April. Und eines steht bereits fest: Die bisherigen Vertreter samt ihrer Stellvertreter stellen sich nicht mehr zur Wahl. Weil gleichzeitig überhaupt noch kein Kandidat seinen Hut in den Ring geworfen hat, läuft Erstem Bürgermeister Siegfried Janocha so langsam die Zeit davon: „Wir sind dringend auf der Kandidatensuche, vier Interessenten bräuchten wir mindestens.“ Und Harald Hildenbrandt vom Seniorenbüro ergänzt: „Sechs bis acht Kandidaten wären noch besser, damit es auch eine wirkliche Wahl ist.“ Auch Regine Wüllenweber, Leiterin des Amts Familie, Jugend und Bildung, möchte am liebsten deutlich mehr Kandidaten als die Mindestzahl von zwei Sitzen und zwei Stellvertretern: „Nachrücker sind auch wichtig. Und die braucht man immer wieder, sei es wegen Wegzugs eines Seniorenvertreters oder wegen des Rückzugs etwa aus gesundheitlichen Gründen.“

Aber trotz eines Aufrufs in der Presse und eines Schreibens an Senioreneinrichtungen und Kirchen gibt es noch keine Resonanz von potenziellen Kandidaten. Das gab es laut Baur-Schwozer noch nie. Es ist für sie auch unverständlich, weil das Amt in ihren Augen nicht nur wichtig, sondern auch sehr interessant ist. So verweist sie auf die Kontakte zu den Backnanger Geschäftsleuten, die in dieser Form für sie sonst nicht möglich gewesen wären. Aber während der Verhandlungen über das Siegel seniorenfreundlicher Service habe sie Zugang zu den Unternehmern gefunden.

Gleichzeitig ist ausgerechnet das Beispiel des Gütesiegels ein Punkt, bei dem Baur-Schwozer Kritik an der Zusammenarbeit mit der Verwaltung festmacht. So ziehen sich die Arbeiten für die Vergabe des Siegels nun schon über mehrere Monate. „Und das steht nicht in unserer Verantwortung.“ So hätten die Seniorenvertreter etwa einen Brief an die Geschäftsleute bereits im April vergangenen Jahres erarbeitet und der Verwaltung vorgelegt, das Schreiben sei jedoch erst Ende Oktober an die Ladeninhaber herausgegangen. Derzeit werden die Antworten ausgewertet. „Die Vergabe des Siegels möchte ich noch in dieser Legislaturperiode fertigbekommen“, lautet Baur-Schwozers Ziel, die sich grundsätzlich etwas mehr Wertschätzung gewünscht hätte.

Alle wahlberechtigten Backnanger Senioren erhalten in den nächsten Tagen einen Brief mit allen Informationen zu der Wahl. Vor zwei Jahren noch hatte sich Baur-Schwozer heftig darüber geärgert, dass der Brief mit den Wahlinformationen viel zu spät verschickt worden ist. Nun sagt Regine Wüllenweber dazu: „Wir haben daraus gelernt und rechtzeitig geplant. Ich glaube, vier bis fünf Wochen vor der Wahl ist der richtige Zeitpunkt für diese Informationen.“

Info
Kandidaten können sich bis 15. März melden

Die Stadt Backnang sucht Kandidaten für die Seniorenvertretung im Jugend- und Sozialausschuss. Gewählt werden zwei Vertreter und zwei Stellvertreter.

Derzeitige Seniorenvertreter sind Rosemarie Baur-Schwozer und Manfred Wörner, ihre Stellvertreter sind Hanne Mörtl und Charlotte Clement. Ihre zweijährige Amtszeit endet am 30. April. Keiner vom Quartett tritt erneut an. Die neuen Vertreter werden gewählt für die Zeit 1. Mai 2019 bis 30. April 2021.

Wählbar sind alle Backnanger Bürger, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und sich für die eigenen Belange engagieren wollen. Die gewählten Vertreter erwartet eine interessante Aufgabe, die Einblicke in das kommunalpolitische Geschehen von Backnang bietet. Interessierte Kandidaten können sich bis Freitag, 15. März, unter Telefon 07191/ 894-318 an das Seniorenbüro, wenden. Ansprechpartner ist Harald Hildenbrandt.

Die Abstimmung über die Seniorenvertreter findet vom 23. bis 26. April im Seniorenbüro, Im Biegel 13, statt. Wer nicht an der Abstimmung vor Ort teilnehmen kann, für den besteht die Möglichkeit der Briefwahl. Nähere Informationen dazu gibt es beim Seniorenbüro, Telefon 07191/894-318.

Wahlberechtigt sind knapp 10000 Backnanger Bürger, die 60 Jahre und älter sind. Bei der vergangenen Wahl betrug die Wahlbeteiligung lediglich 1,4 Prozent.