Die Backnanger Feuerwehr hatte im vergangenen Jahr eine Menge zu tun. 185-mal wurde sie 2018 gerufen, im Schnitt also jeden zweiten Tag. Dass die Zahl der Einsätze in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist, hängt auch mit den automatischen Brandmeldeanlagen zusammen, die in den meisten Fällen zu Unrecht Alarm schlagen.
Die Backnanger Feuerwehr wird weiblicher: Aktuell sind 23 Frauen im Löschdienst aktiv, der Männeranteil liegt allerdings immer noch bei fast 90 Prozent. Foto: J. Kusche
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. An den Silvesterabend 2018 wird sich Jan Kusche noch lange erinnern. Zusammen mit Freunden, darunter mehrere Feuerwehrleute, wollte er einen gemütlichen Abend verbringen. Doch schon um kurz nach sieben kam der erste Alarm und die Feier war gesprengt. Sechs weitere Einsätze sollten in dieser Nacht noch folgen. Erst gegen 6.30 Uhr am nächsten Morgen kam Kusche nach Hause – nicht vom Feiern, sondern vom Löschen und Retten. „Meine Freundin war davon natürlich nicht so begeistert“, erzählt der Pressesprecher der Backnanger Feuerwehr. Auch Kommandant Marcus Reichenecker, der seit 25 Jahren im Dienst der Feuerwehr ist, kann sich an so eine Nacht nicht erinnern. Sie war sozusagen der krönende Abschluss eines insgesamt sehr arbeitsreichen Jahrs.
185-mal mussten die Backnanger Wehrleute 2018 ausrücken – nur 2016 gab es noch häufiger Alarm (195), damals war allerdings ein einziges Unwetter für 20 Einsätze verantwortlich. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die Hilfe der Feuerwehr generell immer häufiger gefragt ist. Vor 10 bis 15 Jahren lag die Zahl der Einsätze in Backnang nur bei 100 bis 120 pro Jahr.
Manche verwechseln Feuerwehr mit Schlüsseldienst
Vor allem zwei Arten von Einsätzen haben laut Reichenecker deutlich zugenommen, nämlich die Alarme durch automatische Brandmeldeanlagen und die Türöffnungen. Brandmelder gibt es beispielsweise in größeren Firmen, aber auch in Schulen und Seniorenheimen. Wenn sie Alarm auslösen, was in Backnang im vergangenen Jahr 55-mal der Fall war, rückt die Feuerwehr jedes Mal mit einem kompletten Löschzug, bestehend aus vier Fahrzeugen und 22 Mann, aus. „Wir müssen immer von einem Ernstfall ausgehen“, erklärt Reichenecker. Tatsächlich entpuppen sich diese Einsätze aber in den meisten Fällen als Fehl- oder Täuschungsalarme. Von Letzteren spricht der Experte, wenn der Brandmelder etwa durch Dampf oder Staub ausgelöst wurde.
25-mal wurden die Backnanger Wehrleute im vergangenen Jahr gerufen, um Türen zu öffnen. Das ist dann der Fall, wenn in einer Wohnung zum Beispiel eine hilflose Person vermutet wird. Dann helfe man natürlich gerne, sagt Jan Kusche, es gebe aber auch Fälle, in denen es auch genügt hätte, den Schlüsseldienst zu rufen. Solche Einsätze sind für die Ehrenamtlichen, die extra ihren Arbeitsplatz verlassen oder ihre Freizeit geopfert haben, eher ärgerlich.
Gebrannt hat es in Backnang im vergangenen Jahr auch, allerdings seltener als im Jahr davor. Die Zahl der Wohnungs- und Gebäudebrände hat sich im Vergleich zu 2017 sogar fast halbiert von 15 auf 8. Von Großbränden blieb die Stadt glücklicherweise ganz verschont, allerdings waren die Backnanger Wehrleute zweimal im Rahmen der Überlandhilfe im Einsatz, um ihre Kollegen aus Burgstetten beim Brand einer Gärtnerei in Erbstetten und die aus Kirchberg beim Feuer im Frühmeßhof zu unterstützen.
Mit rund 200 aktiven Wehrleuten sei man momentan gut in der Lage, die steigende Zahl an Einsätzen zu bewältigen, sagt Marcus Reichenecker. „Unsere Mitgliederzahlen sind relativ stabil“, freut sich der Kommandant. Dazu trägt auch der gestiegene Frauenanteil bei: Aktuell gibt es 23 aktive Feuerwehrfrauen. Bei der Jugendfeuerwehr, die im vergangenen Jahr ihr 50. Jubiläum feierte, machen zurzeit 21 Mädchen mit, sodass die Backnanger Feuerwehr in den nächsten Jahren noch weiblicher werden könnte.
Aktiv ist die Feuerwehr nicht nur in der Kernstadt, sondern auch in den sechs Stadtteil-Abteilungen, die laut Reichenecker „auch einen wertvollen Beitrag zur dörflichen Gemeinschaft leisten“. Deshalb hofft er, dass der Bau des neuen Feuerwehrgerätehauses für die drei südlichen Stadtteile so schnell wie möglich beginnen kann. Nachdem die Stadt mittlerweile alle Grundstücke erworben hat und das Flächennutzungsplanverfahren läuft, scheinen die größten Hürden genommen. Eine Prognose, wann die Bagger zwischen Waldrems und Heiningen anrollen werden, möchte Reichenecker aber trotzdem nicht wagen.
Hilfsorganisationen arbeiten enger zusammen
Eine böse Überraschung gab’s im vergangenen Jahr auch: Die Drehleiter ging kaputt und musste für fast 90000 Euro repariert werden. Schuld war die mangelhafte Wartung durch eine mittlerweile aufgelöste Servicefirma in der Pfalz (wir berichteten). Reichenecker versichert aber, dass sich die Reparatur noch gelohnt habe: „Die Drehleiter hält bestimmt noch zehn Jahre“, sagt der Kommandant. Grundsätzlich geht man bei Feuerwehrfahrzeugen von einer Nutzungsdauer von 30 Jahren aus. Da die Backnanger Feuerwehr inklusive aller Stadtteil-Wehren rund 30 Fahrzeuge besitzt, sollte demnach im Schnitt ein Fahrzeug pro Jahr ersetzt werden. Reichenecker hofft, dass dies auch in den kommenden Jahren so gehandhabt wird. Die Zusage vom OB, der kürzlich bei der Hauptversammlung versprochen hat, „den Feuerwehrleuten die bestmögliche Ausstattung zur Verfügung zu stellen, um ihr Ehrenamt sicher ausüben zu können“, hat der Kommandant jedenfalls mit Freude vernommen.
Deutlich verbessert habe sich im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Hilfsorganisationen, lobt Reichenecker. Vertreter von Feuerwehr, Rotem Kreuz, Technischem Hilfswerk und DLRG treffen sich seit 2018 viermal im Jahr, um sich auszutauschen und gemeinsame Aktionen zu planen. Die „Blaulichtmeile“ beim letzten Gänsemarkt war ein erstes sichtbares Ergebnis dieser Zusammenarbeit. Auch gemeinsame Übungen sind in Planung. Für den Feuerwehrkommandanten auch im Ernstfall ein Plus: „Wenn wir jetzt bei einem Einsatz aufeinandertreffen, dann kennen wir uns schon.“