Auf einem Luftbild der Gemeinde markierten die Mitwirkenden mit Steckpunkten Wunscheinrichtungen. Foto: Elisabeth Klaper
Von Elisabeth Klaper
Großerlach. „In der heutigen allumfassenden Bürgerwerkstatt haben Sie die Chance, Ihre Bedürfnisse und Wünsche für künftige Entscheidungen zur Weiterentwicklung unserer Gemeinde in einem offenen Ideenfindungsprozess zu äußern.“ Dies verdeutlichte Bürgermeister Christoph Jäger zum Start der „Ideenschmiede Zukunft Großerlach“, an der sich viele Einwohnerinnen und Einwohner engagiert beteiligten. Im Fokus stand die Konzeption zur Gemeindeentwicklung mit dem konkreten Ziel, den Hauptort städtebaulich zu erneuern. Diese erarbeiten Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft gemeinsam mit Unterstützung durch die Kommunaldienstleistungsgesellschaft Steg Stadtentwicklung GmbH. Federführend sind dabei Stadtplanerin Wiebke Semrau, Architekt Volker Stegmaier und Energieberater Florian Schölpple. Das Trio zeigte die Herausforderungen für die Kommune durch den Wandel in vielen Bereichen wie Klima, Demografie, Bauen oder Wirtschaft auf und rief die Bürgerinnen und Bürger in der Gemeindehalle als „Experten“ dazu auf, „frei über den Tellerrand“ zu schauen.
Hausarztpraxis, Bürgerbus und eine Gaststätte sind gewünscht
Nun startete die „Ideenschmiede“: Engagiert diskutierten die Mitwirkenden über die Kernthemen, gingen von einem Stehtisch zum anderen, schrieben Verbesserungsvorschläge auf rote und lobende Kommentare auf grüne Zettel. Sie klebten viel mehr rote als grüne Zettel auf die Kernthemenpinnwände und markierten mit etlichen Steckpunkten Wunscheinrichtungen auf einem Luftbild der Gemeinde. So etwa einen Hausarzt vor Ort, einen Bürgerbus und eine attraktive Ortsmitte mit Gaststätte oder Café als Treffpunkt, ebenso Ruhebänke auf Wanderwegen oder die Sanierung des einstigen Dorffreibads in Grab, laut Einwohnern aktuell „ein Biotop“. Dies zeigte: Es gibt in der Gemeinde Großerlach einiges zu optimieren.
Marode Häuser und Scheunen im Ortskern sind zu beseitigen
Anschließend wertete das Steg-Team kurz die wichtigsten Ideen aus. Zum Kernthema Mobilität und Anbindung wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger eine bedarfsgerechte Planung der Busverbindungen, einen Bürgerbus, kostenlosen Nahverkehr für Kinder, Senioren und sozial Schwache, eine Mitfahrbank und Mitfahrmöglichkeiten, die Ausweitung der Ruftaxizeiten auf den Tag und einen Rad- und Fußwegenetzausbau. Im Bereich Bauen, Wohnen, Ortsbild sollte die B14, die wie eine Schneise den Hauptort durchschneidet, eine Tempo-30-Zone mit Gehwegen und Zebrastreifen werden. Marode Häuser und Scheunen im Ortskern seien zu beseitigen, Baulücken zu schließen und Neubaugebiete rund um den Hauptort mit bezahlbaren Bauplätzen zu schaffen. Allerdings besteht hierbei ein Zielkonflikt wegen des hohen Flächenverbrauchs.
Für Versorgung und soziale Infrastruktur sollten Ärzte vor Ort sein, im Ortskern werden ein öffentliches WC und ein Begegnungscafé gewünscht. Zudem sollen mehr Angebote für Kinder und Jugendliche wie Spiel- und Bolzplätze geschaffen werden, der Selbstbedienungsladen ist besser zu nutzen. Im Bereich Freizeit, Kultur, Tourismus soll es mehr touristische Angebote und überregional beworbene Kulturveranstaltungen geben. Das Wanderwegenetz sei auszubauen und besser zu beschildern, das Wintersportgelände am Skilift um einen Campingplatz zu erweitern, die Ortsgeschichte zu bewahren und zu zeigen, der Limes als Kulturgut mit Leben zu erfüllen. Teilorte, Vereine und ehrenamtliches Engagement sind besser zu vernetzen.
Beim Thema Windräder scheiden sich die Geister
Für Wirtschaft und Arbeit seien Informationen über örtliche Firmen durch Beschilderungen zu verbessern. Die B-14-Randbereiche könnten für neue Gewerbeflächen genutzt werden, da Erweiterungsmöglichkeiten für Unternehmen fehlen. Bei Energie, Umwelt, Klimaschutz trat der Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern der Windkraft zutage: Manche fänden diese wegen der Höhenlage sinnvoll, andere wollen keine Windräder vor Ort im Naturpark. Gewünscht werden aber öffentliche E-Ladesäulen und ein ökologischeres, regionaleres Angebot im Selbstbedienungsladen. Hinzu kommt die Vision einer stärkeren Kooperation mit den Nachbargemeinden.
„Für die nun besseren Busverbindungen ist der Bedarf zu ermitteln“, weil Linienbusse oft fast leer fahren, und „die E-Ladesäulen sind schon in Planung: Wir überlegen noch, wo machts Sinn“, erklärte Bürgermeister Christoph Jäger. „Eine zentrale Haltestelle für große Linienbusse und kleine Zubringertaxis wären für unsere ländlichen Gebiete besser“, ebenso „eine strukturelle Veränderung“ des Nahverkehrs. Aber: „Die besten Angebote sind nur so gut, wie die Bevölkerung sie annimmt, sie sollte die vorhandene Infrastruktur nutzen“, betonte der Rathauschef. Nun bereitet das Steg-Team die Vorschläge auf. Auf dieser Grundlage erarbeitet der Gemeinderat in nicht öffentlicher Sondersitzung Ende Juli den Rohentwurf zur Konzeption, die die Steg-Experten im Lauf des Sommers fertigstellen.