Unabhängig davon, ob die Klagen über den neuen Betreiber der Buslinien gerechtfertigt sind oder nicht, eines steht fest: Alle Betroffenen beobachten die veränderte Situation im Raum Backnang mit Argusaugen und sind gewillt, bei tatsächlichen und nicht nachvollziehbaren Verschlechterungen nachzubessern. Alle, das sind: Die Betreiber FMO und DB-Regiobus, der Verkehrsverbund Stuttgart, der Landkreis und die Stadt Backnang.
Viele Klagen von ÖPNV-Nutzern beziehen sich nach dem Betreiberwechsel auf den Schülerverkehr und den Fahrplan fürs Weissacher Tal. Foto: A. Becher
Von Matthias Nothstein
BACKNANG. Ein Vertreter der Friedrich Müller Omnibusunternehmen (FMO) GmbH aus Schwäbisch Hall relativiert die kritischen Stimmen, die nach dem Betreiberwechsel laut wurden. Es gelte auch hier das schwäbische Prinzip: „Net bruddelt isch globt gnug.“ So sei es eine ganz typische Erfahrung, dass sich all jene nicht melden, die zufrieden sind, dafür aber die Unzufriedenen sich umso lauter artikulieren. Und auch eine Bahnsprecherin erklärt zum Start der neuen Linien ganz allgemein: „Zu Beginn der Übernahme eines jeden Verkehrs ist es so, dass sich das komplexe System noch an der ein oder anderen Stelle einspielen muss. Wir bitten daher um Verständnis, wenn es zum Start einer neuen Buslinie noch nicht überall wie geplant läuft.“
Die Bahnsprecherin kündigt ferner an: „Wir werden in den kommenden Wochen unser Hauptaugenmerk auf die weitere Stabilisierung des Betriebs richten und die Problemfelder priorisieren. Mögliche Änderungsbedarfe werden wir dann gemeinsam mit dem Aufgabenträger und dem VVS abstimmen.“ Hierbei ist es den Verantwortlichen besonders wichtig, möglichst alle Aspekte zu berücksichtigen. „Auch kleine Änderungen können, wenn beispielsweise durch Verschiebungen bestehende Anschlüsse verloren gehen, entsprechende Wirkung erzeugen.“
Viel Kritik richtete sich gegen die Busfahrer. Nun nimmt die Bahnsprecherin diese besonders in Schutz und schreibt in einer Presseerklärung: „Unser Fahrpersonal war und ist aktuell sehr gefordert. Während der Einlernphase mussten neben Erlangung der Streckenkenntnis, des Tarifs und der Handhabung des Bordrechners auch neue betriebliche Abläufe erlernt werden. Es ist völlig normal, dass es dann im Echtbetrieb noch an der ein oder anderen Stelle zu Unsicherheiten kommen kann. Wir haben unser Personal als äußerst engagiert wahrgenommen und bitten um Verständnis, wenn es noch etwas Zeit in Anspruch nimmt, bis sich die bisher gewohnte Routine einstellt.“
Derzeit sind bei FMO alle Busfahrerstellen besetzt
FMO und DB-Regiobus unterstützten das Fahrpersonal durch betriebliche Mitarbeiter vor Ort. Zu den Aufgaben dieser Mitarbeiter gehöre auch das Vertiefen der bereits vermittelten Kenntnisse und das Nachschulen. Allgemein gehaltene Beschwerden würden jedoch niemandem dienen. Deshalb bitten die Betreiber die Fahrgäste, wenn es Grund zur Klage gibt, konkrete Informationen zu liefern. Also: Datum der Fahrt, Uhrzeit, Starthaltestelle, idealerweise mit Fahrtrichtung und die Liniennummer. Einen Fahrermangel gibt es derzeit nicht, FMO hat genügend Busfahrer. „Alle Stellen sind besetzt.“ Gleichwohl sind Bewerber gerne gesehen.
Auch Backnangs Oberbürgermeister Frank Nopper erklärte dieser Tage im Verwaltungs- und Finanzausschuss: „Wir sind in ganz engem Kontakt mit dem Betreiber der Linienbusse in Backnang-Stadt und dem Umland.“ Nopper bestätigte, dass der Betreiber sämtliche von den Fahrgästen vorgetragenen Beschwerden prüfen und sofern diese berechtigt sein sollten, baldmöglichst abstellen wolle. Den Stadträten versprach er: „Wir werden ihnen über die Entwicklung spätestens in der Februar-Gemeinderatssitzung berichten.“ Er kündigte ferner an, dass er sowie Erster Bürgermeister Siegfried Janocha und Baudezernent Stefan Setzer nach der Anfangsphase Mitte Februar in größerem Umfang persönliche ÖPNV-Testfahrten im gesamten Stadtgebiet unternehmen werden, um sich dadurch auch einen eigenen Eindruck von der neuen ÖPNV-Welt zu verschaffen.
Beim VVS sind ein Dutzend Reaktionen eingegangen, schreibt Pressesprecherin Pia Scholz. Die Anregungen bezogen sich hauptsächlich auf den Schülerverkehr und den Verkehr ins Weissacher Tal. Auch der VVS bittet um Verständnis, „dass noch nicht alles hundertprozentig klappt“. Und: „Wir nehmen die Kundenbeschwerden ernst und prüfen gemeinsam mit FMO und dem Landratsamt, an welcher Stelle wie und wann nachjustiert werden kann und muss.“ Aufgrund der vielen Busverkehre in Backnang (alleine drei Bahnlinien kommen in Backnang im 15/30-Minuten-Takt an oder fahren ab), könne es planerisch nicht vermieden werden, dass manche Anschlüsse schlechter sind. Scholz: „Es war ausdrücklicher Wunsch der Lokalpolitik, die Buslinien nicht ausschließlich auf die S3 abzustimmen, sondern alternativ auch die R3 und S4 zu berücksichtigen. Dass sich hierdurch seit Jahren etablierte Verbindungen im Minutenbereich verschieben, liegt damit in der Natur der Sache.“
Im Landratsamt sind in den ersten beiden Wochen etwa zehn Beschwerden eingegangen. Laut Pressestelle bezogen sie sich meist auf Verspätungen und auf den Schülerverkehr zwischen den Orten im Weissacher Tal und den Backnanger Schulen. Auch aus dem Landratsamt heißt es: „Wir nehmen die Beschwerden ernst.“ Gleichzeitig gibt es viel Verständnis für die neuen Busfahrer: „Sie müssen sich auf die neuen Fahrpläne einstellen. Fahrkarten verkaufen dauert beispielsweise bei neuen Busfahrern und dem neuem Fahrplan länger als bei einem etablierten Busverkehr.“