Das Coronavirus ist in Deutschland angekommen. Mehrere Personen haben sich im bayerischen Starnberg angesteckt. Dennoch ist das Risiko, an der echten Grippe (Influenza) zu erkranken, auch in Baden-Württemberg und im Rems-Murr-Kreis nach wie vor höher, als sich das aus China stammende Coronavirus einzufangen.
Die Rems-Murr-Kliniken hätten die Kapazitäten, Hygienepläne und Quarantänemöglichkeiten, Coronaviruspatienten aufzunehmen. Foto: Büttner
Von Nils Graefe
WAIBLINGEN. In den Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf gehören „wiederkehrende und saisonal bedingte Infektionskrankheiten mit Isolationsbedarf, wie Influenza oder Norovirus, zum Klinikalltag“, sagt Monique Michaelis, Pressesprecherin der Kliniken. Aktuell seien durchschnittlich 20 Isolierpatienten in Behandlung. Die Ansteckungszeit bestimme die Verweildauer in Isolation: Bei Influenza zum Beispiel betrage sie ab dem Auftreten erster Symptome durchschnittlich sieben Tage.
„Gemäß dem Versorgungsauftrag halten die Rems-Murr-Kliniken dafür Isolationskapazitäten vor.“ Über eine gesonderte Isolationseinheit, die beispielsweise bei gefährlichen Infektionserkrankungen wie Ebolafieber notwendig wäre, verfüge man jedoch nicht. „Die Rems-Murr-Kliniken teilen die Einschätzung des Robert-Koch-Instituts der geringen Ansteckungs- und Verbreitungsgefahr in Deutschland. Die vorgehaltenen Isolationskapazitäten könnten eventuell aber auch für Coronaviruspatienten genutzt werden“, so Michaelis. In Schorndorf und Winnenden könne man jedoch keinen Schnelltest zur Erkennung des Coronavirus durchführen. „Proben müssten nach Berlin geschickt und die dortigen Untersuchungsergebnisse abgewartet werden.“
In den Hygieneplänen sowohl des Gesundheitsamts als auch der Rems-Murr-Kliniken sei ein grundsätzliches Vorgehen für ein Management in solchen Fällen hinterlegt, das dem für Sars-Patienten entspräche – das beinhaltet zum Beispiel neben der Isolierung des Patienten auch Mundschutz und Schutzkleidung und dergleichen für das medizinische Personal. Ob theoretisch, bei einer sehr unwahrscheinlich auftretenden Coronavirus-Erkrankungswelle, die Kapazitäten in Schorndorf und Winnenden ausreichten, sei momentan nicht abzuschätzen. „Vielleicht müssten wir bei zu vielen Patienten auch Erkrankte verlegen lassen in andere Kliniken“, so Michaelis. „Auf spezielle Szenarien müssen sich die Experten dann je nach Fall zusätzlich einstellen.“ Das Gesundheitsamt im Landkreis ist zudem mit Firmen, die Außenstellen in China haben, im Gespräch und berät, sagt Martina Keck, Pressesprecherin des Landratsamtes.
Firmen Kärcher und Stihl erlassen Reiseverbot für ihre Mitarbeiter
Die Unternehmen Kärcher und Stihl haben für ihre Beschäftigten ein Verbot von Geschäftsreisen von und nach China erlassen. Für Stihl-Beschäftigte gilt dieses Reiseverbot vorerst generell. „Eine Servicehotline und die unternehmensinterne Reiseabteilung stehen für weitere Fragen zur Verfügung“, sagt Stefan Caspari, Leiter Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. „Die Gesundheit unserer Mitarbeiter hat höchste Priorität.“ Die chinesische Regierung habe die Neujahrsfeiertage bis 2. Februar verlängert, auch um den Binnenreiseverkehr einzudämmen, sagt David Wickel-Bajak, Pressesprecher von Kärcher. „Kitas und andere Einrichtungen sind in China sogar noch voraussichtlich bis Mitte Februar geschlossen. Für Kärcher-Beschäftigte haben wir vorläufig den 9. Februar als Frist gesetzt für unser Dienstreiseverbot.“
Grundsätzlich würden Geschäftsreisenden des Winnender Herstellers von Reinigungsgeräten stets Verhaltensratschläge und Hygienetipps als Handreichungen gegeben – auch mit Verweis auf die Länderinformationen des Auswärtigen Amtes, heißt es. „Für China und Asien appellieren wir schon länger zu einem vorsichtigen Umgang mit Tiermärkten und mit Wildtierfleisch sowie besondere Hygiene.“ Hintergrund: Die bislang erste nachgewiesene Übertragung des Coronavirus auf den Menschen geschah laut chinesischen Behörden in einem solchen Markt für exotische Tiere im zentralchinesischen Wuhan. Als mögliches vorheriges Wirtstier für das Virus werden Schlange, Dachs und Ratte diskutiert.
Das Winnender Unternehmen Kärcher beschäftigt knapp 1000 Mitarbeiter in China, und zwar in einem Fertigungswerk in Changshu im Großraum Schanghai in Ostchina und in Vertriebsgesellschaften in Schanghai und Hongkong im Süden. Die Stihl-Gruppe ist in China mit einer Vertriebsgesellschaft in Taicang nahe Schanghai sowie Produktionsstätten in Qingdao (Ostchina) und Huizhou im Großraum Shenzhen/Hongkong vertreten. „Aufgrund des Neujahrsfestes und der nationalen Feiertage sind die Standorte derzeit geschlossen. Wenn die Arbeit im Betrieb wieder aufgenommen wird, wird an der Pforte die Körpertemperatur der Beschäftigten gemessen, um mögliche Erkrankungen frühzeitig zu erkennen“, erläutert Stefan Caspari. Bei Fieber würden die betroffenen Mitarbeiter in China ärztlich untersucht. Zudem würden Schutzmasken ausgeteilt und die Fabriken professionell desinfiziert.
Zur Aufklärung über mögliche Gefahren schaltet die DAK-Gesundheit im Rems-Murr-Kreis am Freitag, 31. Januar, eine Beratungshotline. Zwischen 8 und 20 Uhr beantworten Ärzte und Hygienefachleute Fragen zu Risiken und notwendigen Schutzmaßnahmen. Das spezielle Serviceangebot unter der kostenlosen Rufnummer 0800/1111841 können Kunden aller Krankenkassen nutzen.