Comedypreisträger Dave Davis bringt sein Publikum mit persönlichen Erfahrungen, Witzen und Wortakrobatik zum Lachen. Fotos: T. Sellmaier
Von Marina Heidrich
Murrhardt. „Wir müssen noch mal in die Stadt fahren, Frittieröl kaufen.“ Bis zur letzten Minute ist Carolina Ott, 2. Vorsitzende des Vereins Palastkultur noch am Organisieren. Gleich geht die Abschlussveranstaltung des 2. Bergfestivals los, die ersten Zuschauer trudeln auf der Wiese bei den Wellingtonien in Waltersberg ein und das Helferteam ist fleißig am Rödeln.
Vorsitzende Sina Mohr und Sommerpalasturgestein Hardy Wieland treffen ein und nehmen sich die Zeit für ein kurzes Gespräch. Die Verantwortlichen sind rundum zufrieden mit dem bisherigen Event. Alle Veranstaltungen wurden sogar besser besucht als im Vorjahr, das Wetter hat mitgespielt. An den Verein wurde der Wunsch herangetragen, das ursprünglich aus der Corona-Not bedingte Ersatzfestival für den Sommerpalast im Stadtgarten doch beizubehalten. Hardy Wieland und seine Truppe überlegen, ob und wie man künftig zwei kulturelle Großveranstaltungen stemmen könnte. Der Sommerpalast im Zirkuszelt hat zwar Priorität, jedoch haben die Bergfestival-Lokalitäten einen ganz eigenen Charme und die Fans möchten dieses besondere Feeling eigentlich nicht mehr missen. Mit seinem Team aus alten Hasen und jungen engagierten Vereinsmitgliedern glaubt Wieland, dass man es hinbekommen könnte.
Eine Besonderheit des diesjährigen Bergfestivals ist, dass der Gewinn aus den liebevoll zubereiteten Speisen an die Opfer der Flutkatastrophe geht, konkret an das Haus der Lebenshilfe in Kinzig, wo bei den verheerenden Überschwemmungen vor wenigen Wochen 15 Bewohner ertrunken sind und man nicht weiß, ob das Gebäude gerettet werden kann.
Immer mehr Menschen strömen mittlerweile auf die Wiese, klappen mitgebrachte Campingstühle auf oder breiten Picknickdecken aus; die Stimmung ist heiter-erwartungsvoll. Die Leute genießen bei Kaiserwetter die Sonne, essen, trinken, füllen nebenbei den zusätzlichen Spendenbehälter für die Flutopfer – und dann kommt er: Dave Davis. Live sieht der Kölner geradezu unverschämt gut aus, lässig, sportlich, sympathisch und mindestens zehn Jahre jünger als 48. Er präsentiert sein neues Programm „Ruhig, Brauner! Demokratie ist nichts für Lappen“. Der Comedypreisträger erklärt den vor ihm versammelten „Menschen in gedämpftem Ferkelrosa“ das Leben und macht ihnen klar: „Du bist ein Rohdiamant.“ Anekdoten aus seinem Familienleben wechseln sich ab mit persönlichen Erfahrungen, Witzen und fast wie nebenbei einfließender Wortakrobatik. Zudem bindet Davis auch das Publikum ein.
Der zweifache Prix-Pantheon-Gewinner nutzt seine Hautfarbe als Basis seines Programms (genial und zum Schreien komisch umgesetzt die einfache Frage „Verstehen Sie deutsch?“) – doch seine Gags und Weisheiten drehen sich eben nicht nur darum. Da werden auch Themen wie der erste Besuch beim Proktologen angesprochen, richtiges Gendern, Philosophie, Frauenzeitschriften. Das Multitalent, das auch Musik macht, brilliert mit diversen Dialekten, imitiert deutsche Sänger und Politiker.
Der „Terrorist der Lebensfreude“ fordert die Zuschauer auf, auch mal was Verrücktes zu tun, gechillt zu sein. Und man hat definitiv den Eindruck: er liebt sein Publikum. Ein intelligenter Mensch, der viel zu sagen hat und dies auf die effektivste Weise tut, die gehört wird – er bringt die Leute zum Lachen. Davis Humor ist freundlich, aber nicht harmlos. Er pikst und zwickt, ohne zu verletzen, legt den Finger in die Wunde, wühlt aber nicht darin herum. Und genau deswegen hört man ihm zu. Auch bei schwierigen Themen. Der Künstler fordert nicht nur Empathie, er gibt sie auch selbst. Dem immer mehr breit getretenen Thema „Darf man Worte wie Mohrenkopf oder Zigeunersoße sagen“ fügt er einen neuen Aspekt hinzu, er erläutert lächelnd aus der Sicht des Betroffenen, ganz ohne moralischen Zeigefinger. Und bringt genau dadurch sein Publikum zum Nachdenken. Ein Abend mit Dave Davis ist besser als eine Stunde beim Therapeuten. Es fördert Toleranz, Empathie und das eigene Selbstbewusstsein des Zuschauers – aber vor allem macht es wesentlich mehr Spaß.
Sommerpalasturgestein Hardy Wieland will mit seinem Team versuchen, künftig zwei Großveranstaltungen zu stemmen.