Die Entscheidungen sind nicht immer einfach: Welches Arrangement ist gelungen, welche Farben harmonieren und wie passen die Blumen und Sträucher zum Umfeld? Die Juroren des Backnanger Blumenschmuckwettbewerbs haben bei ihrem Bewertungsgang ein kritisches Auge auf die blumige Vielfalt, die ihnen dargeboten wird.
In Backnang-Strümpfelbach sind die Juroren von diesem Balkon begeistert: Die Blumenliebhaberin stellt sogar Sonnenschirme auf, um ihre Pflanzen zu schützen. Fotos: T. Sellmaier
Von Yvonne Weirauch
BACKNANG. Samstagmorgen. Es ist sieben Uhr. Monika Bartsch und Norbert Stich stehen parat. „So, nun bin ich aber gespannt, wie sich die Blumen in den vergangenen Wochen entwickelt haben“, sagt Norbert Stich. Denn Anfang Juli war man schon einmal auf einem Bewertungsgang unterwegs. Es ist sozusagen die zweite Stippvisite in fremden Gärten – zusammen mit dem Verein der Gartenfreunde Backnang/Stadt, dem Obst- und Gartenbauverein Backnang sowie dem Siedlerverein Sachsenweiler führt die Stadt Backnang den Blumenschmuckwettbewerb durch. Vier Trupps haben sich an diesem frühen Samstagmorgen auf den Weg gemacht.
Warum man sich so früh trifft, hat nicht etwa den Grund, dass man den Bürgern, die am Wettbewerb teilnehmen, nicht begegnen will, sondern: „Wir hatten vor rund vier Wochen den ersten Bewertungsgang, da war es viel zu heiß und unangenehm. Nun haben wir gesagt, wir machen es früh morgens“, wird erklärt. An diesem Tag ist es zwar etwas drückend, nach den Regengüssen der Nacht, aber angenehm, um solch einen Rundgang zu absolvieren.
Der Bewertungsbezirk der Juroren Bartsch/Stich: Heiningen, Waldrems, Maubach. Chauffiert werden sie von Klaus Otto von den Gartenfreunden Backnang. Ihren Bewertungsbogen und den Kugelschreiber haben sie griffbereit. „Wir achten auf viele Details“, verraten Monika Bartsch und Norbert Stich im Vorfeld. Was das bedeutet, wird schnell klar: Sie bewerten den Blütenreichtum, die Üppigkeit, die Gestaltung, die Pflege und die Nah- und Fernwirkung genauso wie die Farbabstimmung von Balkonpflanzen und Vorgärten. Das erste Objekt, das betrachtet wird, befindet sich am Ortseingang von Heiningen.
„Hier sieht man den Regen deutlich“, sagt Norbert Stich. Viele Blüten bilden am Hauseingang ein Blumenarrangement. Auch die Bepflanzung des Balkons stehe im Wettbewerbsbogen. „Entscheidend ist dabei nicht die Größe des Objekts, sondern dessen Gestaltung, das Zusammenspiel der Farben, die Auswahl der Bepflanzung, die Sichtbarkeit von der Straße und die Harmonie mit der Umgebung“, erklären die Juroren nochmals anhand des Beispiels. Sie besprechen sich kurz. „Sagen wir 7 oder 8?“, sie schauen sich an und einigen sich auf die 7 Punkte. Die Bewertungskriterien setzen sich im Zahlenspiegel von 1 bis 10 zusammen, wobei die Punkte 1 bis 2 für ungenügend, 3 bis 4 für genügend, 5 bis 6 für befriedigend, 7 bis 8 für gut und 9 bis 10 für sehr gut stehen.
Die volle Punktezahl von zehn zu erreichen, sei rückläufig, sagt Klaus Otto und bedauert dies ein wenig. „Es mag daran liegen, dass die Pflanzen immer teurer oder dass die Leute immer älter werden und sich nicht mehr so um den Garten kümmern können. Und die Jüngeren haben nicht viel Zeit, um sich um die Pflege zu kümmern. Das wird weniger.“ Es spiele schon eine große Rolle, wie die Balkone und Gärten sich einfügen, wie die Bepflanzung aufgebaut ist und was man von außen sehen kann, verdeutlicht der Gartenliebhaber. „In diesem Fall sieht man, dass die Witterung hier zugeschlagen hat. Die Blütenköpfe hängen runter.“
Mehr als 100 Bewerbungen für den Blumenschmuckwettbewerb sind in diesem Jahr bei der Stadt eingegangen. Rund 30 stehen auf der Liste von Monika Bartsch und Norbert Stich. „Wir haben nun natürlich den besten Vergleich, wie sich die Pflanzen entwickelt haben, da wir ja vor vier Wochen schon mal hier waren und das im Kopf haben“, sagt Stich. Die Palette reiche von einzelnen Pflanzkübeln und Blumentöpfen über Balkone und Vorgartengestaltungen bis zur Konzeption von angelegten kleinen Steingärten. „Aber davon gibt es nur wenige“, fügt Otto hinzu.
Klaus Otto: „Es gibt keine Unkräuter. Das ist eine Spontanvegetation.“
In der Horber Straße steht eine Balkonbepflanzung zur Besichtigung. „Es sieht schön aus, gepflegt, viele Blüten, aber es nichts besonders“, beurteilt Norbert Stich das, was er sieht. „Es sticht nichts hervor“, fügt er an. Der Gartenfreund macht solche Bewertungsgänge schon seit mehr als zehn Jahren mit: „Ich finde es toll und es ist für mich auch immer ein Anreiz für meinen eigenen Garten.“ Wie Norbert Stich hat auch Monika Bartsch eine Gartenparzelle im Plattenwald und auch sie liebt herrlich duftende und blühende Pflanzen.
Deshalb lässt sie auch das Erscheinungsbild der vielen roten Geranien an den Fenstern eines Lokals in der Tübinger Straße fast aufjubeln: „Sieht sehr gepflegt aus. Es hängt alles schön voll. Die gesamte Komponente stimmt.“ Ein paar Häuser weiter wird ein Hinterhof betreten. Vor dem Haus ist ein kleiner Vorgarten angelegt, auch die Fensterkübel bekommen eine Bewertung. „Das Zitronenbäumchen ist ja nett“, freut sich Monika Bartsch. Und das Arrangement vor der Tür steht in voller Blüte. „Da sieht man mal, dass man auch kleine Stellen und Ecken sehr schön gestalten kann.“
Mit einer Windmühle ist der nächste Garten dekoriert, drumherum viele wilde Blumen, die ein Farbenmeer bilden. „Alles gut geschnitten und nichts verwelkt. Der Regen hat zwar Spuren hinterlassen, aber nicht viel angerichtet“, sind sich die Betrachter einig. Der nächste Blick fällt auf ein weiteres Restaurant mit Blumenschmuck an den Fenstern. „Das Rot ist die ideale harmonische Farbgebung, es passt zum Fachwerk, gelb würde beispielsweise nicht passen“, sagt Klaus Otto, der zwar keine Punkte vergibt, aber trotzdem seinen Eindruck äußert.
Eine enorme Vielfalt wird in der Esslinger Straße sichtbar. Die Juroren sind begeistert: „Das müssen sie sich anschauen.“ Eine Farbmischung par excellence fällt im Vorgarten ins Auge. „Hier wird mit Leidenschaft gepflegt“, sagt Stich nickend. Und Klaus Otto sagt zustimmend: „Hier ist das Düngen optimal. Man erkennt den grünen Daumen sofort.“ Aber – auch hier sei die Witterung erkennbar. Im hinteren Bereich des Gebäudes ist ebenfalls ein kleiner Garten angelegt. Allein der Zugang beeindruckt: große Hibiskusblüten vermitteln ein mediterranes Flair. „Das ist alles sehr gepflegt“, sagt Monika Bartsch, „da sieht man, was machbar ist.“
Beim Gang durch die Straßen fallen den beiden Betrachtern auch noch andere Gärten ins Auge: „Schau mal, das sieht auch toll aus, wie das angelegt ist“, weist Bartsch ihren Kollegen auf einen farbenfrohen Blütengarten hin. „Aber die haben leider nicht beim Wettbewerb mitgemacht.“ Nach gut zwei Stunden sind die Punkte vergeben, der Bewertungsbogen ist ausgefüllt. Diesen lässt Klaus Otto nun der Stadtverwaltung zur Auswertung zukommen. Am Ende des Bewertungsgangs gibt Klaus Otto der Redakteurin sogar noch einen humorvoll gemeinten Hinweis mit auf den Weg: „Wussten Sie das? Es gibt keine Unkräuter. Das ist eine Spontanvegetation oder eine Gemüsebegleiterscheinung.“
Monika Bartsch und Norbert Stich schauen sich die Pflanzen mit einem kritischen Blick an. Sie sind sehr gewissenhaft in ihrer Bewertung.
Die Teilnehmer werden voraussichtlich im September von der Stadt über die Ergebnisse der Bewertung informiert und zur Abschlussveranstaltung eingeladen. Diese findet im Rahmen des Backnanger Gänsemarkts am Sonntag, 27. Oktober, mit Preisverleihung statt.