Der Neue an Bord

Florian Silbereisen, bis vor Kurzem noch der Mann an der Seite von Schlagerstar Helene Fischer, wird Kapitän beim ZDF-„Traumschiff“

Von Michael Setzer

Die Karriere von Florian Silbereisen war immer schon nachhaltig geplant. Jetzt macht der 37-jährige Moderator, Musiker und Sänger den nächsten Schritt. Auf dem Wasser.

Stuttgart Es ist eine klassische Geschichte: Die Beziehung ist kaputt, erst mal in Urlaub fahren, Kopf freibekommen und Kraft tanken. Florian Silbereisen macht daraus nun den Karrieresprung. Er wird neuer Kapitän auf dem ZDF-Unterhaltungskutter „Das Traumschiff“ und beerbt Sascha Hehn, der im vergangenen Jahr die Kündigung einreichte. An Weihnachten und an Neujahr soll der 37-Jährige erstmals als Kapitän Max Prager über die Weltmeere schippern, es geht in die Karibik und nach Kolumbien.

Nicht schlecht für jemanden, der berühmt für einiges, darunter allerdings nicht die Schauspielerei, ist. Wer viel Fernsehen schaut, kennt den kleinen Flori schon seit 1991, vielleicht auch seine erste Single „Florian mit der Steirischen Harmonika“. Da trat der damals Zehnjährige mit seinem Akkordeon bei Karl Moiks „Musikantenstadl“ auf und wurde flugs zu einer Art Kinderstar: Ein kesser Bub, ständig am Grinsen, der dem betagten Publikum schmissige volkstümliche Lieder direkt ins Herz spielte. Frech war er natürlich auch. Aber natürlich nie so frech, dass man wirklich Anstoß daran nehmen würde.

Ein goldiger Bengel. Und es ging stetig bergauf mit dem Jungen, der ganz unüblich für seine Altersgenossen auch weiterhin unanständig viel Spaß an der Volksmusik hatte – einem Zweig der deutschen Unterhaltungsmusik, der damals hauptsächlich auf eine wesentlich ältere Zielgruppe zugeschnitten war.

„Lustig samma“ hieß auch seine erste Platte und 1999, nur zwei Jahre später, folgte der große Durchbruch Silbereisens bei Carmen Nebel. Silbereisen war plötzlich landesweit als unterhaltsamer Typ bekannt und empfahl sich zudem auch noch für weitere Aufgaben: als TV-Moderator beim MDR zum Beispiel. „Mit Florian, Hut und Wanderstock“ hieß die Sendung die er im Fernsehen moderierte – toll für Menschen, die beim Wandern gerne singen oder zumindest noch ausreichend Luft zum Singen haben. Und schon wieder griff der junge Kerl nach den Herzen der betagten Zuschauer.

Mit nur 22 Jahren dann der Kracher: Silbereisen beerbte Carmen Nebel als Moderator der volkstümlichen Unterhaltungssendung „Feste der Volksmusik“ im Ersten und wurde europaweit der bis dato jüngste Gastgeber einer großen Samstagabendshow im Fernsehen. Von da an war er Musiker, Sänger und Moderator – oder wie man in der Branche sagen würde: Allround-Entertainer. Immer einen frechen Spruch und ein kesses Lied auf den Lippen.

Steil war der Karriereweg des 1981 in Passau geborenen Silbereisen dennoch nicht. Im Gegenteil: Behutsam, Schritt für Schritt, machte sich Silbereisen immer erst seinem Publikum bekannt, zog es auf seine Seite und erweiterte langsam und nachhaltig seine Kreise. Denn wer über Nacht zum Star wird, kann schließlich auch mit der gleichen Geschwindigkeit wieder verschwinden und hinterlässt dabei nicht mal sonderlich viel Spuren. Wäre Silbereisen in einer Rockband, dann wäre das einer, dem man attestieren würde, auch die kleinen Clubs richtig gerockt zu haben.

Mit seinem Engagement auf dem Traumschiff knüpft Silbereisen nun erneut an eine eigene Tradition an: Er ist schon wieder der Jüngste. Bislang waren die Kapitäne des TV-Kutters immer älter.

Wahrscheinlich ist damit auch sein Engagement zu begründen. Die Zielgruppe des ZDF-Klassikers „Das Traumschiff“ stand bislang schließlich nicht in Verdacht, übermäßig jung zu sein. Die Erweiterung des Kundenkreises ist da, besonders mit Blick in die Zukunft, durchaus willkommen. Und Silbereisen? Der Mann ist bekannt bei den bisherigen „Traumschiff“-Zuschauern, bringt aber auch seine eigene, etwas jüngere Klientel mit. Ohne diesen Nachwuchs und die Verjüngung des Publikums droht das Traumschiff in absehbarer Zeit als Auslaufmodell zu enden – Unterhaltung von damals als Opa und Oma nur drei Programme hatten. Und Silbereisen könnte da tatsächlich ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Auch wenn der 37-Jährige in den vergangenen Jahren weitläufig eher als der Beistellmann an der Seite der singenden Wunderkerze Helene Fischer wahrgenommen wurde, vollbrachten beide etwas, das in der modernen deutschen Entertainmentgeschichte beileibe nicht alltäglich ist. Silbereisen selbst wagte als einer der ersten Künstler erfolgreich die Kreuzung von Volksmusik und Schlager – holte sich das Beste und auch das Publikum aus beiden Welten. Er gründete die Schlagerband Klubbb3, duettierte unter anderem mit Thomas Anders von Modern Talking oder protegierte zum Beispiel Newcomer wie Vincent Gross oder die Pop-Volksmusik-Gruppe Voxxclub, die sich im vergangenen Jahr für den deutschen ESC-Vorentscheid qualifizierte. Der Versuch, der Schlager- und Volksmusik einen etwas zeitgemäßeren , gar coolen Anstrich zu geben, gelang. Gleichermaßen präsentiert er in seinen TV-Sendungen immer wieder die Stars und Aufsteiger dieser Parallelwelt. Wer als Schlagerbarde erfolgreich sein will, kommt an Silbereisen kaum vorbei.

Und Helene Fischer? Die ging parallel noch einen Schritt weiter, verpackte das Lebensgefühl des Schlagers in kilometerweise Glanzpapier und erhob es zu einer neuen Form von glamouröser und zeitgenössischer deutscher Popmusik. Als Paar stellten Helen Fischer und Florian Silbereisen sich gegenseitig ins Licht und erhoben das alles zum neuen Mainstream der keimfreien deutschen Unterhaltungsindustrie: Ein bisschen traditionsverbunden, trotzdem weltoffen, zugeknöpft, trotzdem sexy und ein bisschen frech, aber nicht unverschämt – und das alles so weit wie möglich entfernt vom Grauen des echten Lebens. Und dann im Dezember: die medienwirksame Trennung des Schlager-Traumpaares.

Als „Traumschiff-Kapitän“ macht Silbereisen nun wie alle Allround-Entertainer den längst fälligen Schritt ins Schauspiel. Und den, sagt er, „mit allergrößtem Respekt und Leidenschaft“. Etwas Erfahrung hat er schon: In Folge 78, „Tansania“, hatte er einen Gastauftritt als Florian Barner. Da bedrängte der Jungoffizier den Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle, gespielt von Harald Schmidt, so lange, bis der ihn und seine Schlagertruppe an Bord singen lies. „Florian und seine Jungs“ nannte sich die Gruppe, war in Wahrheit aber Klubbb3, seine Band mit Jan Smit und Christoff De Bolle.

Ob Silbereisen auch als Kapitän ständig singen wird – man hofft es nicht. So ein Schiff zu lenken ist schließlich jede Menge Arbeit, die Ernsthaftigkeit und Konzentration erfordert. Die ersten Wellen kommen bereits: Heide Keller (79), einst Chefhostess Beatrice an Bord des Traumschiffs, sagte bereits, sie halte Silbereisen für eine Fehlbesetzung – ausschlaggebend für sein Engagement sei wahrscheinlich der dämliche Blick auf die Quote.