Die Gaggenauer probieren noch

Das „Länger leben“-Projekt läuft seit drei Jahren, doch die Zwischenbilanz ist bisher durchwachsen

Gaggenau /LSW - Gaggenau Drei Jahre nach Beginn eines Forschungsprojektes für mehr Lebensqualität und ein längeres Leben in Gaggenau (Kreis Rastatt) ist die Bilanz durchwachsen. „Wir hatten noch nicht das richtige Handwerkszeug“, sagte Professor Joachim E. Fischer von der Medizinischen Fakultät Mannheim, der das Projekt „Ein gutes Jahr mehr für jeden Bürger“ leitete.

Zwar seien viele Prozesse angestoßen worden, von denen die Gemeinde profitieren könne. Drei Jahre seien für konkrete Ergebnisse aber zu kurz gewesen.

Die Forscher hatten herausfinden und Grundlagen dafür legen wollen, unter welchen Bedingungen durchschnittlich jedem der rund 30 000 Einwohner Gaggenaus ein Jahr mehr Lebenszeit vergönnt sein könnte. Dabei ging es um langfristige Gesundheitsförderung, gute Bedingungen in der Schule oder ein lebenswertes Umfeld auf dem Arbeitsplatz oder in Wohnquartieren.

„Es ist bislang nichts Vorzeigbares passiert“, räumte Fischer zwar ein. Man sei aber ein riesiges Stück vorangekommen dabei, wie Behörden, Schulen, Kindergärten und Gemeinderat in ein solches Vorhaben zu integrieren seien.

„Denk- und Kulturveränderungen brauchen Zeit“, sagte der Mannheimer Wissenschaftler. Wenn Gaggenau aber auf dem eingeschlagenen Weg weitergehe, dann werde die Gemeinde in acht bis zehn Jahren greifbare Resultate haben.

„Dass ein Feldversuch dieser Größe kein Selbstläufer ist und auch Herausforderungen mit sich bringt, ist nicht überraschend“, sagte dazu ein Sprecher des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums. Das Land hatte das Verbundvorhaben „Ein gutes Jahr mehr für jeden Bürger“ drei Jahre mit rund 350 000 Euro jährlich gefördert. Am 30. April endete die Finanzierung. Beteiligt am Projekt waren auch die Universitätsklinik Tübingen sowie das Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit.

Vor allem das enorme Medienecho vor drei Jahren habe hohe Erwartungen geweckt, sagte Stadtsprecherin Carmen Merkel. „Klar war aber immer: Wir sind nur Modellstadt.“ Der Bevölkerung sei schwer zu vermitteln gewesen, „dass es da nichts Fassbares gab.“ Die wenigsten hätten mit dem Projekt etwas anfangen können.

Sie betonte jedoch, dass auf kommunaler Ebene wichtige Prozesse zur Verbesserung der Lebensqualität in Gang gekommen seien. So habe man begonnen, an Kindergärten und Schulen die Kinder mithilfe extra erstellter Fragebögen nach ihren Kompetenzen und ihrem Befinden zu fragen, sagte Merkel.

Nach Möglichkeit wolle man die Antworten auswerten und daraus Schlussfolgerungen ableiten und Konsequenzen ziehen. „Für uns hat sich das Projekt gelohnt“, sagte die Sprecherin der Stadt.