Die Kunst des Malens mit Crema di Latte

Beim Latte-Art-Kurs vermittelt Jan Sengenberger vom Café Lille Bønne in Backnang einiges über die Kunst des Milchschäumens. Und mit etwas Geschick zaubern auch die Teilnehmer sich ein Herz.

Die Kunst des Malens mit Crema di Latte

Anfangs hält Jan Sengenberger (links) das Kännchen noch mit den Kursteilnehmern, später versuchen sie es selbst. Fotos: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Jan Sengenberger liebt Kaffee. Er betreibt zusammen mit seiner Freundin Selina Schöler seit dem vergangenen Jahr das Café Lille Bønne in Backnang: kühles nordisches Ambiente mit elegantem Taubenblau und frischem Weiß, dennoch mit rustikalem Charme durch frei stehende Balken und grobes Mauerwerk. Schwester und Schwager sind schon seit 2017 mit dem Lille Bønne in Ludwigsburg erfolgreich. Und bieten dort bereits beliebte Kurse zur sogenannten Latte Art an. Das ist die Kunst, mit perfektem Milchschaum und viel Geschick Bilder auf Kaffee zu malen.

Sengenberger arbeitet mit befreundeten Kaffeeröstern zusammen und verwendet ausschließlich Spezialitätenkaffee, bei dem die Bohnen eine ausgesprochen hohe Qualitätsstufe haben und 15 Minuten bei nur 200 Grad geröstet werden. Seine Kaffeemischung besteht zu jeweils 50 Prozent aus Arabica- und Robustabohnen, die zusammen eine bestimmte Art der Crema bilden. Denn bei der Latte Art muss zunächst das „Milchfundament“ unter die Crema fließen, damit man später einen schönen Kontrast zwischen Crema und Bild bekommt.

An diesem Tag findet der Kurs zum ersten Mal statt, an diesem Premierenabend sind Regina und Uli Schöller und Sylvie Kramer dabei. Uli Schöller hat diese außergewöhnliche Fortbildung zum Geburtstag geschenkt bekommen. „Sieben Stunden, nachdem der Kurs auf Instagram erschienen ist, haben wir uns angemeldet“, verrät er.

Sylvie Kramer hat schon Erfahrung mit dem Aufschäumen. Dennoch bekommt sie den optimalen Schaum nicht immer hin mit ihrer Maschine, daher ist sie sehr dankbar für Jan Sengenbergers Tipps.

Der Abstand zwischen Milchkännchen und Tasse beeinflusst das Bild

„Unser Ziel ist es, eine Sahnekonsistenz hinzubekommen. Feinporiger Schaum, der glänzt“, erklärt Sengenberger. Ein wenig Theorie muss sein, doch Sengenberger will die Kursteilnehmer nicht damit überfrachten. Viel wichtiger ist es ihm, sie üben zu lassen. Denn was beim Profi so mühelos wirkt, hat durchaus seine Tücken.

Schnell haben sich die Caffè-Eleven mit der zweigruppigen Siebträgermaschine vertraut gemacht. Jeder darf sich seine zwei Espressokännchen mit dem aromatisch duftenden Getränk füllen, dann geht es ans Eingemachte – das Aufschäumen. Der Experte demonstriert die Technik, ein Thermometer unterstützt dabei. Wärmer als 65 Grad sollte es nicht sein, denn bei zu heißer Milch gibt es keine optimale Geschmacksverbindung zwischen Kaffee und Milch. „Viel kann man über das Gehör machen“, erklärt Sengenberger. Bei einem unangenehmen Kreischen etwa ist zu wenig Luft eingearbeitet worden. Bis etwa 35 Grad arbeitet man mit der Dampfdüse an der Oberfläche, in dieser Phase kommt die Luft in die Milch, ein leises Zischen ist zu hören. Dann wird die Dampfdüse tiefer in die Milch getaucht. Alles geht recht schnell, doch die Teilnehmer haben es flott raus.

Nun wird der Espresso aus dem Kännchen in eine Cappuccinotasse gegossen, mit einem energischen Schwung folgt die Milch und bildet das Fundament. Im Optimalfall fließt sie unter die Kaffeecrema. Kurz den Milchfluss stoppen, dann einen Punkt gießen und mit Schwung eine Linie darüber ziehen, fertig ist das Herz. Der Abstand zwischen Milchkännchen und Tasse beeinflusst dabei das Bild.

Zu Beginn überwiegt die Furcht, zu viel Milch in die Tasse zu schütten

Beim ersten Durchgang hält Jan Sengenberger Tasse und Kännchen gemeinsam mit den Teilnehmern. Bei den selbstständigen Versuchen stellt sich heraus – gar nicht so einfach. Beherzt muss man sein. Zu Beginn überwiegt die Furcht, zu viel Milch in die Tasse zu schütten und sie so zum Überlaufen zu bringen. Tatsächlich kommt das nur einmal vor.

Doch Übung macht den Meister. Die Herzen nehmen immer mehr Form an. Die Tassen mit den Kunstwerken sammeln sich auf der Arbeitsplatte. Vor lauter Eifer vergessen die drei ganz das Trinken. Hoch konzentriert sind sie dabei. Bald ist das Café erfüllt von köstlichem Kaffeearoma. Tasse um Tasse füllt sich, es klappt immer besser mit den Bildern, nun versucht man sich an der Tulpe. Der Ehrgeiz ist geweckt, die drei mögen gar nicht mehr aufhören. „Ich krieg langsam ein Gefühl dafür“, frohlockt Sylvie Kramer. „Der Schaum hat ein richtiges Eigenleben“, findet Regina Schöller.

Gut zweieinhalb Stunden wird gemahlen, gepresst, geschäumt, gemalt. Zum Abschluss führt Jan Sengenberger noch vor, wie im Lille Bønne Latte macchiato gereicht wird. Milch aufschäumen, entlang des Glasrands einfüllen, den Espresso in einer Linie einfüllen und mit einer speziellen Nadel nach links, rechts und durch die Mitte ziehen. Ein florales Muster, das auch den Eleven auf Anhieb gelingt. Nur wenig Kaffee wurde tatsächlich getrunken, doch die Teilnehmer haben vorgesorgt und Thermoskannen mitgebracht. „Als Würfel einfrieren“, empfiehlt der Spezialist, denn: „Das ist optimal für Eiskaffee.“

Die Kunst des Malens mit Crema di Latte

Etwas für Fortgeschrittene ist das florale Muster.

Die Kunst des Malens mit Crema di Latte

Die aufgeschäumte Milch optimal einzugießen wird geübt.

Wichtig ist der Proteingehalt

Meisterschaften Amtierender deutscher Meister bei den Meisterschaften der Specialty Coffee Association (SCA) in der Disziplin Latte Art ist Daniel Gerlach aus Bamberg. Auf der Homepage der SCA Germany heißt es: „Eine objektive Bewertung der Leistung der Latte Artisten wird durch eine fachkundige Jury vorgenommen, die neben dem Aussehen der Getränke auch die technische Seite beleuchtet, also ob die Baristi auf dem Weg zum Kunstwerk in der Tasse ihr Handwerkszeug perfekt beherrschen. Alles in allem fließen in das Gesamturteil über vierzig Seiten Regelwerk mit ein.“

Milch und Milchalternativen „Es lässt sich alles schäumen“, weiß der Experte, so auch mit Milchalternativen. Wichtig sei vor allem der Proteingehalt. Welche Art von Milch man schlussendlich auswählt, sei vor allem eine Geschmacksfrage. „Milch und Milchkännchen sollten vor Beginn jedoch kalt sein“, empfiehlt er. Besitzt man keine Maschine mit Dampfdüsen, dann lässt sich auch mithilfe der French-Press-Methode ein Milchschaum erzeugen, den man zum Malen verwenden kann.