Er muss sich mehr beweisen als andere

Volkswirtschaftler Eric Dziku aus Togo arbeitet seit März als Geschäftsführer der Evangelischen Diakoniestation Backnang

Seit März arbeitet Eric Dziku beim evangelischen Kirchenbezirk Backnang und hat zwei Arbeitsbereiche zu versehen. Zum einen ist er Geschäftsführer der Evangelischen Diakoniestation und zum anderen stellvertretender Kirchenpfleger und Kirchenbezirksrechner. Wobei Letzteres etwa doppelt so umfangreich ist. So pendelt er hin und her, ist mal im Staigacker, mal im Gemeindehaus am Kalten Wasser in der Eduard-Breuninger-Straße.

Er muss sich mehr beweisen als andere

Eric Dziku wurde in der Diakoniestation Backnang und in der Kirchenpflege herzlich aufgenommen. Er sagt über sich: „Ich habe die Stimmung verbessert.“Foto: A. Becher

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Eric Dziku kam 1995 mit einem Visum für Studenten aus seinem Heimatland Togo nach Hamburg. Als Schüler hatte er davon geträumt, Arzt zu werden. Aber in Togo war das damals nicht so, dass man seine Schulbildung frei wählen konnte. Es blieb ihm nur der Besuch des Wirtschaftsgymnasiums in Lomé, der Hauptstadt. Weil ihn die globalen Zusammenhänge interessierten, wählte er das Fach Volkswirtschaftslehre. Die ersten Berufsjahre hat er in der Hansestadt zugebracht und in der Entwicklungshilfe gearbeitet. Noch während des Studiums legte er, wegen eines Ferienjobs, einen mehrwöchigen Aufenthalt in Würzburg ein. Das sollte Folgen haben. Denn dort lernte er seine Frau Sarah aus Strümpfelbach im Remstal kennen. Das weitläufige und manchmal auch etwas anstrengende Hamburg wollte aber der Remstalerin auf die Dauer nicht gefallen. So sah sich Eric Dziku 2005 nach einer Arbeitsmöglichkeit im Süden um. Bei der Aktion „Brot für die Welt“ konnte er zunächst als Aushilfe anfangen und wuchs mit den Jahren in immer größere Verantwortung hinein. Ganz beglückend hat er in Erinnerung, dass er in Zusammenarbeit mit dem ZDF ein Straßenkinderprojekt in seiner Heimat betreuen konnte. Mit einem Filmteam reiste er nach Togo. Zusammen mit der Moderatorin Carmen Nebel gestaltete er die Sendung. Als Brot für die Welt 2012 nach Berlin umzog, war wieder ein Wechsel angesagt. Im Evangelischen Oberkirchenrat, Bereich Finanzmanagement, kümmerte sich Eric Dziku um Softwareberatung und Anwendung, leitete auch eigene Projekte. Aber nun war’s genug mit der Arbeit am Bildschirm, er wollte wieder mehr mit Menschen zu tun haben. „Ich wollte mehr mitgestalten, mehr Verantwortung übernehmen“, sagt er. Von Stuttgart aus wurde Eric Dziku nach Backnang empfohlen. Die Mitarbeiterinnen der Diakoniestation waren hocherfreut. „Ich habe“, so sagt Eric Dziku mit Genugtuung, „die Stimmung unter den Mitarbeitern verbessert. Und auch neues Personal gewonnen.“ Auch in der Kirchenpflege wurde er herzlich aufgenommen. Das tut gut, denn es gab leider auch andere Erfahrungen. Während des Studiums begegnete er bei Kommilitonen vielen Klischees, die diese über Afrika haben. „Die Medien“, so sagt er, „tun ihr Übriges. Sie betonen das Schlechte.“ Auch in der S-Bahn konnte es passieren, dass sich Fahrgäste bewusst von ihm wegsetzten. Beleidigungen und Bespucktwerden hat er auch erlebt. Als einmal Neonazis in Hamburg hinter ihm her waren, so erzählt er, „da bin ich um mein Leben gelaufen“.

Mit seinem Heimatland

ist Dziku noch eng verbunden

Während seiner Berufsjahre im Oberkirchenrat war er der einzige dunkelhäutige Mitarbeiter dort. Durch sein kommunikatives Einfühlungsvermögen konnte er in seinem Aufgabenbereich schwierige Gesprächsprozesse zu einem guten Ende führen. Aber das andere erfuhr er leider auch. Fehler, vor allem sprachlicher Art, nahm man bei ihm immer doppelt so gewichtig als bei anderen Mitarbeitern. „Ich musste mich“, so berichtet Eric Dziku, „mehr als andere beweisen, ich musste 150 Prozent geben.“ In Backnang ist man barmherziger. Diesen Druck spürt er hier nicht.

Als togolesischer Student hätte er eigentlich nach Studienabschluss in seine Heimat zurückkehren müssen. Die Bürgschaft einer deutschen Familie ermöglichte es ihm, zu bleiben. Mit seinem Heimatland ist Eric Dziku weiterhin eng verbunden. Seine Mutter lebt noch dort. Und etwa alle zwei Jahre reist die mittlerweile vierköpfige Familie nach Togo. Seinen eigenen beiden Töchtern, Annouk und Aimée, 15 und 11 Jahre alt, möchte er vermitteln, wie Jugendliche ihren Alters in Togo leben. Die Unterschiede wahrnehmen und das Beste daraus machen, das ist eine der Lektionen im Leben von Eric Dziku.