Erfolgsgeschichte ist fortzuschreiben

Beim Festakt des CDU-Kreisverbands zum Jubiläum „70 Jahre Baden-Württemberg“ spricht der ehemalige Ministerpräsident Günther Oettinger.

Erfolgsgeschichte ist fortzuschreiben

Günther Oettinger bei seinem Besuch aus Anlass des Landesgeburtstages in Murrhardt. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Zahlreiche prominente (ehemalige) Politikerinnen und Politiker sowie engagierte Mitglieder sind auf Einladung des CDU-Kreisverbands in die Walterichstadt gekommen, um den 70. Geburtstag unseres „Musterländles“ Baden-Württemberg mit einem Festakt gebührend zu begehen. Im Zentrum steht die Festrede von Günther H. Oettinger, ehemaliger Ministerpräsident Baden-Württembergs und ehemaliger Vizepräsident der EU-Kommission.

„Baden-Württemberg ist ein Glücksfall der Geschichte“, so Kreisverbandsvorsitzender Siegfried Lorek. „Es gibt keinen passenderen Ort für den Festakt, denn im alten Gasthof Sonne-Post in Murrhardt fand am 20. Juni 1945 die erste Landrätekonferenz statt: Sie war der Wiederbeginn des demokratischen Lebens in Deutschland“, betont Bürgermeister Armin Mößner, zugleich Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, im fast voll besetzten Saal des Hotels.

Am 25. April 1952, dem offiziellen Gründungsdatum des Landes, begannen „die 70 glücklichsten Jahre, die es je in Baden-Württemberg gab“, unterstrich Günther Oettinger, der in einem kurzen Abriss die (Vor-)Geschichte des Südweststaates erläuterte. Jahrhundertelang „waren Baden und Württemberg von Kleinstaaterei geprägt“, mit vielen verschiedenen Herrschaftsgebieten. Dies änderte sich erst Anfang des 19. Jahrhunderts: „Ohne Napoleon gäbe es Baden-Württemberg nicht“, denn der Franzosenkaiser erhob 1805 das Herzogtum Württemberg mit etlichen weiteren Gebieten zum Königreich und die Markgrafschaft Baden zum Großherzogtum.

Beide Staaten kämpften zunächst an Napoleons Seite, wechselten aber nach dessen verheerender Niederlage gegen Russland zu Preußen. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 blieben sie souveräne Staaten und waren danach demokratisch bis zum Beginn der nationalsozialistischen Diktatur 1933. Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 befreiten die Amerikaner den industrialisierten Norden, die Franzosen den Süden des heutigen Landes. Die Besatzungsmächte teilten das Gebiet in drei Übergangsländer mit drei Staatspräsidenten auf: Württemberg-Baden im Norden mit Reinhold Maier (FDP), Württemberg-Hohenzollern in der Mitte mit Gebhard Müller und Baden im Süden mit Leo Wohleb (beide CDU). Ziel der Alliierten war es aber, große, leistungsfähige und vergleichbare Ländereinheiten zu bilden: „So entstand die Idee, die drei Länder zu einem Land Baden-Württemberg zu vereinigen.“ Bei der Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 votierte die große Mehrheit der Wähler für die Vereinigung der drei Übergangsländer, wobei die Vertriebenen ausschlaggebend waren; nur die „Altbadener“ stimmten dagegen. „Der Gegensatz zwischen Baden und Württemberg hat dem Land gutgetan“, fand Oettinger in der Rückschau. Daher sei es dezentral strukturiert, voller kluger, kreativer, ideenreicher und innovativer Köpfe, und habe verschiedene Regionen mit Spitzenindustrie und Wissenschaft.

Klare Worte zum Ukraine-Krieg

Der Festredner rief die ehemaligen Ministerpräsidenten in Erinnerung. Erster war Reinhold Maier von 1952 bis 1953, dann folgte eine lange Reihe von CDU-Politikern: Gebhard Müller, Kurt Georg Kiesinger, Hans Filbinger, Lothar Späth, Erwin Teufel, Günther H. Oettinger selbst und Stefan Mappus, ehe Winfried Kretschmann der erste Ministerpräsident der Grünen wurde. Nun gelte es, diese Erfolgsgeschichte fortzuschreiben, damit das „Musterländle“ bei Wirtschaft und Wissenschaft wieder an der Spitze steht. „Wir müssen dranbleiben am Fleiß und Tüfteln, mehr in Bildung und Forschung, Innovation und Wissenschaft investieren, über das Rentenalter mit 70, berufliche Weiterbildung und Umschulung diskutieren und neben Klimaschutz auch finanzielle Nachhaltigkeit einklagen“, verdeutlichte der ehemalige Landesvater.

Mit klaren Worten äußerte sich Oettinger auch zum Ukraine-Krieg: „Wladimir Putin ist nach Hitler der größte Verbrecher der Menschheitsgeschichte.“ Putin wolle den souveränen Status der Ukraine nicht mehr wahrhaben. „Es war nicht richtig, dass wir Putin viel zu viel durchgehen ließen“, räumte der Politiker ein.

Anschließend stellte der Schorndorfer Landtagsabgeordnete Christian Gehring Oettinger noch Fragen zur Energieversorgung und zu aktuellen Wirtschaftsthemen. „Wollen wir Industrieland bleiben, brauchen wir größte Mengen an Energie“, wobei es um Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit gehe. „Wir sollten die Gasimporte aus Russland nicht sofort stoppen, aber die Abhängigkeit möglichst verringern. Dafür gilt es jetzt, möglichst viel Gas zu speichern, neue Bezugsquellen zu erschließen und neue Importwege aufzubauen.“ Die Ökonomie müsse laut Oettinger (wieder) Vorrang vor der Ökologie bekommen.

Auch glaube er an die arbeitsteilige Welt; indes sei die deutsche Wirtschaft zurzeit zu stark von China abhängig. Deshalb gelte es, „Türen zu öffnen, neue Absatzmärkte zu erschließen“. Wichtige Zukunftsmärkte seien Afrika und Südostasien: „Die Chinesen sind schon dort“, warnte Günther Oettinger, dessen Ausführungen Applaus ernteten.