Das letzte DLRG-Fackelschwimmen in der Murr: Am 29. Dezember 2019 stiegen 17 Männer und zwei Frauen kurz vor dem Wehr bei der Rüflensmühle in Oppenweiler ins fünf Grad kalte Wasser. Der älteste Fackelschwimmer damals war mit 67 Jahren Reinhardt Schiller, Vorsitzender der Ortsgruppe Oppenweiler/Sulzbach. Fotos: Jörg Fiedler (Archiv)/privat
Von Florian Muhl
Rems-Murr. Die Premiere für die Backnanger DLRG-Taucher ist gelungen. Bei besten Voraussetzungen nahmen sechs Aktive beim Neujahrsschwimmen im Neckar teil. Aber warum plötzlich im Neckar und nicht mehr in der Murr? Viele Jahrzehnte lang hatte das Fackelschwimmen zum Jahreswechsel der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Sulzbach/Oppenweiler zwischen Oppenweiler und Sulzbach an der Murr stattgefunden. Aber jede Tradition hat wohl auch mal ein Ende.
Die Gründe? Erst kam den Rettungsschwimmern Corona zwischen die Flossen. Zwei Jahre lang fiel deshalb die Veranstaltung ganz aus, die seither jedes Jahr zwischen 200 und 300 Schaulustige angezogen hatte. Dann kamen die Hochwasserschutzmaßnahmen hinzu. Wenn jemand den Stöpsel zieht, fließt eben das ganze Wasser aus der Wanne. Will heißen: Der Besitzer und Betreiber der Rüflensmühle hatte sein Wehr gezogen und das aufgestaute Wasser der Murr vor dem Wehr floss ab.
„Seither sind wir bei einer Wassertiefe von rund 2,50 Meter kurz vor dem Wehr an der Rüflensmühle ins Wasser gestiegen und sind dann zunächst gegen die Strömung die Murr hochgeschwommen, bis wir kurz vor Sulzbach mit den Flossenspitzen den Boden berührt haben, und haben uns dann wieder die 350 Meter zurück zum Wehr treiben lassen“, erzählt Reinhardt Schiller, Leiter des Stützpunkts Sulzbach/Oppenweiler der DLRG-Ortsgruppe Backnang.
Insgesamt nahmen 25 Schwimmer, darunter drei Frauen, die Strecke auf sich
Aber wenn das Wasser nicht mehr aufgestaut wird, ist auch kein Wasser zum Schwimmen da. Schiller geht davon aus, dass sich am Wasserstand auch in den kommenden Jahren, wenn das Hochwasserrückhaltebecken gebaut wird, nichts mehr ändern wird. Er habe die Informationen, dass die Murr, letztlich auch wegen der Fische, so weit wie möglich durchfließen soll. Mit Ausnahme von drohendem Hochwasser. Dann werde die Murr aufgestaut.
Doch eine Alternative zur Murr fürs lieb gewonnene Fackelschwimmen war rasch gefunden, denn sie war im wahrsten Sinn des Wortes naheliegend: der Neckar. In Eberbach am Neckar zwischen Mosbach und Heidelberg ist eines der aktiven Mitglieder der Backnanger Ortsgruppe, Michael Helfrich, aufgewachsen. Seit 1990 ist er dort auch DLRG-Mitglied. Zudem ist er in beiden Ortsgruppen auch Tauchlehrer und bildet DLRG-Einsatztaucher aus. „Auch in Eberbach hat das Fackelschwimmen kurz nach dem Jahreswechsel Tradition. Es findet immer am ersten Samstag im Januar statt“, erklärt Helfrich. So machten sich unlängst die sechs Aktiven der Backnanger Ortsgruppe Rainer Deichmann und Walter Kugler aus Aspach, Andreas Huber und Peter Schiemann aus Murrhardt und Michael Helfrich aus Weiler zum Stein sowie Thomas Frey aus Obersulm, ursprünglich aber Backnang, auf zum 38. Neujahrsschwimmen im Neckar. Insgesamt nahmen 25 Schwimmer, darunter drei Frauen, der Ortsgruppen Eberbach, Mosbach, Heidelberg und Backnang die rund zwei Kilometer lange Strecke von Rockenau bis zur DLRG-Station Eberbach auf sich. „Jeder Teilnehmer war mit einer Fackel, ABC-Ausrüstung und Neoprenanzug ausgestattet. Für ein gutes Gelingen und sicheres Ankommen sorgten zahlreiche Helfer der DLRG Eberbach, die mit insgesamt drei Booten die Gruppe begleiteten“, berichtet Schiller.
Bei einer gemessenen Außentemperatur von zehn Grad Celsius und einer Wassertemperatur von sieben Grad schien die Herausforderung nicht allzu groß zu sein. Der entscheidende Moment für die Akteure: das Eintauchen. Denn dann füllen sich die Hohlräume zwischen Haut und Neoprenanzug mit eiskaltem Wasser, das beim Nasstauchdress an der Kopfhaube, den Händen und Fußgelenken in gewisser Menge eindringt und vom Körper erwärmt werden muss. Danach ist es für die Rettungseinsatzkräfte mit Taucherfahrung nicht mehr so unangenehm. Etwas beschwerlich war, dass es im Neckar kaum Strömung gab, sodass die Schwimmer den Weg aus eigenem Antrieb zurücklegen mussten. Nach etwa 45 Minuten erreichten die Schwimmer das Ziel, wo sie bereits mit Glühwein und einer Feuerschale erwartet wurden. Nach einer warmen Dusche ließen alle Anwesenden die erste Veranstaltung im neuen Jahr mit einer leckeren Kartoffelsuppe ausklingen.
„Die Aktion soll letztlich, wie bis 2019 in Oppenweiler am Wehr, nicht nur der Bespaßung dienen, sondern eine Übung für Rettungsschwimmer, Einsatztaucher und Strömungsretter sein, denn diese müssen unter Umständen auch bei niedrigeren Temperaturen Menschenleben im Wasser retten“, erklärt Schiller. Und freut sich schon aufs kommende Jahr. Dann würden sicher mehr Rettungsschwimmer aus Backnang rund anderthalb Stunden nach Eberbach fahren, denn dieses Mal war niemand aus den Bezirken Schorndorf und Fellbach mit dabei.