Fehlender Regen und kaum Wasservorräte

Das Jahr 2019 ist bislang generell zu trocken – Niederschläge am Wochenende werden nur leichte Abhilfe schaffen

Für die Sonnenanbeter ist der verregnete Start ins Wochenende kein Grund zur Freude. Nur die Landwirte haben sehnsüchtig auf den Regen gewartet. Doch noch gibt es keinen Grund zur Entwarnung: In diesem Jahr hat es bislang zu wenig geregnet, die Wasservorräte im Boden sind erschöpft. Wird der Sommer so trocken wie 2018, könnte uns ein hartes Jahr mit Einbußen bei der Ernte bevorstehen, so der Tenor bei den betroffenen Bauern und ihren Vertretern.

Fehlender Regen und kaum Wasservorräte

Das Wehr ist leergelaufen, der Wasserpegel auffallend niedrig: Die Murr an der Bleichwiese in Backnang bot vergangene Woche einen trockeneren Anblick als sonst um diese Zeit. Fotos: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG/ASPACH. Panik oder Katastrophenalarm herrschen nicht. Noch nicht, muss man sagen. Denn die Landwirte haben das Wetter genauestens im Blick. „Wir sprechen noch nicht von einer Krise. Wenn es allerdings in den nächsten vier Wochen nicht wirklich ordentlich regnet, dann sieht die Lage schon ganz anders aus.“ Helmut Bleher, Geschäftsführer des Bauernverbands Schwäbisch Hall/Hohenlohe/Rems, hofft, wie auch die Mitglieder seines Verbands, auf Niederschlag. „Durch die Dürre und die Hitze 2018 sind die Wasservorräte im Boden erschöpft. Und über den Winter kam auch nicht genug Bodenfeuchte nach. Wird es in diesem Sommer noch einmal so heiß, werden uns die Vorräte nicht mehr so lange reichen wie im vergangenen Jahr.“

Vor allem im Getreideanbau wird dringend Wasser benötigt

Ähnlich sieht es Friedrich Müller. Der Geschäftsführer des Maschinenrings Rems-Murr/Neckar/Enz hat beruflich mit vielen verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben zutun, von Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg) bis nach Gschwend (Kreis Schwäbisch Hall). Und überall sieht es gleich aus: „Die guten Standorte mit gutem Boden werden länger durchhalten. Aber dort, wo die Böden beispielsweise sandhaltig sind, sind sehr, sehr trocken.“ Im großen Stil künstlich bewässern sei hier in der Region nicht möglich. „Dafür sind wir nicht eingerichtet, das geht maximal im Obst- oder Weinbau, nicht aber bei Getreide.“ Aber vor allem dort wird das Wasser gerade dringend gebraucht, so Müller. „Beim Sommergetreide und beim Raps, aber auch beim Grünland macht sich bemerkbar, dass das Wasser fehlt, das hat schon im vergangenen Jahr sehr gelitten.“ Man habe zwar bereits Nachsaaten ausgebracht, aber auch diese brauchen natürlich Wasser. Und Grundvorräte, auf die man im Notfall zurückgreifen kann, gibt es auch nicht mehr. Die Bauern hatten aufgrund der Hitze bereits im vergangenen Sommer massive Schwierigkeiten, das Vieh zu versorgen, die Grasflächen lieferten nur einen Bruchteil des gewohnten Ertrags – bis hin zum Totalausfall im August (wir berichteten).

„Es sollte schon etwa 50 Liter auf den Quadratmeter regnen, das würde den Pflanzen richtig gut tun. Wir brauchen einfach in den kommenden zwei Wochen eine nennenswerte Menge an Niederschlag, sonst kriegen wir wirklich Probleme“, sagt Müller. Denn regnet es bald und nicht genug, kann das im schlimmsten Fall zu geringeren Erträgen führen. „An die Spitzenerträge vom vergangenen Jahr werden wir dieses Jahr sicher nicht wieder herankommen“, prognostiziert der Geschäftsführer des Maschinenrings.

Noch keine Sorgen hingegen macht sich Martin Körner. Der Backnanger Obstbauer hat „noch keine Maßnahmen ergriffen. Klar, es ist viel zu trocken. Aber im Obstbau ist momentan noch alles gut. Wenn es allerdings so bleibt und es nicht regnet, dann wäre das auch für uns schlecht.“ Für die Blüten der Obstbäume ist das warme und trockene Wetter allerdings perfekt. „Und auch die Insekten lassen sich weder von Wind noch Hitze aus der Ruhe bringen, sondern sind fleißig dabei.“

Auch bei Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, klingeln die Alarmglocken noch eher sanft. „Die alten Weinstöcke sind robust und die halten es schon mal eine Weile ohne viel Niederschlag aus. Sie haben tiefe Wurzeln und kommen an das noch vorhandene Bodenwasser.“ Anders sähe es allerdings bei den jüngeren, frisch gepflanzten oder erst drei bis vier Jahre alten Stöcken aus: „Für die wäre es schon gut, wenn es mal eine Weile mehr regnen würde.“

„Mittlerweile merkt man, dass da etwas passiert“

Ein bisschen aufatmen dürfen die Landwirte übrigens an diesem Wochenende. Der Deutsche Wetterdienst hat bis zum Montag hin Regen angekündigt, teilweise auch Gewitter. „Vor allem im Bergland rechnen wir mit mehr Regen, der schafft dann in vielen Gebieten erst einmal etwas Abhilfe gegen die Dürre“, sagt ein Sprecher. Grundsätzlich sei in diesem Jahr allerdings bislang viel zu wenig Regen gefallen, bestätigt auch der Wetterexperte.

Für Helmuth Bleher ist der „Blick in die Zukunft derzeit noch beängstigender als die Gegenwart“. Und auch Friedrich Müller macht sich Gedanken. „Es war schon immer heiß und wir hatten auch schon immer mal wieder Trockenperioden. Aber in den vergangenen Jahren kommen sie immer häufiger und halten auch immer länger an. Ich habe mich lange davor gescheut das Wort ,Klimawandel‘ zu benutzen, aber mittlerweile merkt man, dass da etwas passiert. Und das wird uns in Zukunft auf jeden Fall beschäftigen. Denn zum Beispiel vertragen die Getreidekulturen, mit denen wir derzeit arbeiten, diese extrem hohen Temperaturen von über 30 Grad nicht. Sie sind einfach nicht darauf ausgelegt.“

Fehlender Regen und kaum Wasservorräte

Nicht oft kann man die Stahltreppen in der Murr erkennen. Meist sind sie unter Wasser.

Fehlender Regen und kaum Wasservorräte

Die Murrinsel am Wehr bei der Fabrikstraße ist durch den geringen Pegelstand ebenfalls größer.