Kinder haben großen Spaß am Rodelhang beim alten Skilift der Familie Greiner in Spiegelberg-Jux. Auf ihrem Plastikbob heben Elias (hinten) und Robin so richtig ab.
Von Renate Schweizer
ALTHÜTTE/GROSSERLACH/SPIEGELBERG. Der Himmel hat ein Einsehen mit den Lockdown-geschädigten Kindern: Im ersten Lockdown strahlendes Frühlingswetter – und jetzt im zweiten Lockdown Schnee. Schnee so weit das Auge reicht. Als es am Dreikönigstag losging mit der weißen Pracht, musste man noch hinauffahren in die Hochlagen: Spiegelberg, Jux, Großerlach, Welzheim, Kallenberg, und da wurde es eng an den Rodelhängen und vor allem den Parkplätzen (wir berichteten). Auch gestern waren viele Parkplätze belegt. So wurde beispielsweise die Zufahrt Schanze am Freizeitzentrum Großerlach gesperrt. Auch andere Wanderparkplätze und Parkmöglichkeiten waren am Limit.
Gerodelt wird mit allem, was ein paar Quadratzentimeter Sitzfläche bietet: Der gute alte Holzschlitten natürlich, Bobs, Plastikrutscher, Tüten, Luftmatratzen und anderes Sommerspielgerät – die machen es nicht lang im Härtetest, egal, dann geht es eben auf den Fetzen weiter. Da, einen Papa verspult’s auf der Schanze, das Jungvolk johlt und zum Glück: Das hässliche Knacken kommt vom Schlitten, nicht von den Knochen. „Super Material plus Unsportlichkeit: verhängnisvolle Kombi“, ruft ein Kollege rüber zur Unfallstelle. „Wart no, dich verwischt’s au no“, gibt der lachend zurück.
So manche reagieren reserviert, wenn die Zeitung kommt. „Sind Sie das Ordnungsamt?“ – Es ist nicht Ansteckung, die sie befürchten, sondern Evakuierung. „Das ist schlimm, wenn man mit und vor den Kindern vertrieben wird“, sagen einige, vor allem Eltern von kleinen Kindern. „Wir passen sehr auf und wenn es irgendwo zu voll ist, fahren wir weiter“, erklären andere. „Für meine ist es der erste Schnee ihres Lebens“, sagt eine. „Sie sollen Spaß haben, nicht Angst vor der Polizei.“ Andere wollen sich nicht fotografieren lassen, damit Chef(in) und Nachbarn sie nicht erkennen. Das ist schade, denn sie tun ja gar nichts Verbotenes – aber so ist das halt gerade.
Es stimmt, die Parkplätze sind voll. Kennzeichen aus der ganzen Region. Oben in Jux und Großerlach waren vertreten: Ludwigsburg, Stuttgart, Öhringen, Heilbronn, Esslingen und der Rems-Murr-Kreis natürlich. Inzwischen wissen alle, dass auf jeden Fall ein Fahrstreifen für Rettungsfahrzeuge frei bleiben muss – gut so, das ist wichtig. Noch besser, wenn man den dann gar nicht braucht.
In der Nacht auf Sonntag hat es weitergeschneit – Backnangs Kernstadt sieht aus wie im Winterwunderland. Des einen Freud, des andern Leid: Schnee schippen ist angesagt. Der offizielle Räumdienst war schon vor Tau und Tag unterwegs und wahre Schneeberge bedecken die am Straßenrand geparkten Autos: Was soll’s – es ist Sonntag und zu Hause bleiben sowieso angesagt. In der Stuttgarter Straße stehen die Häuser dicht an dicht. Auf dem handtuchbreiten Streifen dazwischen baut ein Mädchen einen Schneemann: Schäufelchen für Schäufelchen türmt sie Schnee aufeinander. Vielleicht kennt sie die geprüfte deutsche Technik des Schneekugelrollens nicht, vielleicht ist hier auch einfach die Bodenfläche zu knapp – aber sie strahlt und ist stolz auf ihr Werk. Weiter draußen im Wohngebiet, wo die Häuser Gärten haben und breite Hofeinfahrten, schippt ein junger Mann in kurzen Hosen. Nein, er friere nicht, sagt er freundlich und so geduldig, wie junge Leute sind, wenn man ihnen merkwürdige Fragen stellt, „man gewöhnt sich daran.“
Draußen vor der Stadt, wo der Hang Richtung Sachsenweiler abfällt, steppt der Bär. Hier gibt’s keine Straße, keine Autos und niemanden von auswärts, hier rodeln die Backnanger Kinder aus den südlichen Stadtteilen, weit verstreute bunte Kleckse am breiten Hang. Ihre diensthabenden Erwachsenen stehen oben und plaudern mit den Nachbarn, schön auf Abstand, entspannt – draußen zu sein, so scheint’s, tut allen gut.
„Entspannt“ und „alles im grünen Bereich“, das ist auch die Auskunft, die die Polizei am Sonntagnachmittag über dieses Winterwochenende gibt. Freilich, die Parkmöglichkeiten sind voll und da und dort gab es Wartezeiten – aber alle sind geduldig und freundlich bemüht, die Regeln einzuhalten. „Ein ruhiges Wochenende“ – das befürchtete Chaos ist – zum Glück – ausgeblieben.
Und Liv baut ihr eigenes Iglo.
Ob Holzschlitten oder Plastikrutscher, Tüten oder Schläuche vom Lkw-Reifen: In Großerlach auf dem Rodelhang kommen die Schneefreuden bei niemandem zu kurz. Fotos: J. Fiedler
Simon probiert’s in Großerlach auf dem Board.
Der Rodelhang beim alten Skilift in Spiegelberg-Jux ist gut besucht.
Langläufer freuen sich über die gespurten Loipen in Großerlach rund um Grab und Schönbronn.