Gegenpol zu Soldatendenkmal gewünscht

Die Kriegerskulptur in der Marbacher Fußgängerzone wirke auf einige Touristen abschreckend, Ergänzung wird gefordert.

Gegenpol zu Soldatendenkmal gewünscht

Das Denkmal am Torturm löst immer wieder Diskussionen aus. Foto: C. Kempf

Von Christian Kempf

MARBACH AM NECKAR. Um das Kriegerdenkmal am Marbacher Torturm wurden schon viele, teils erbitterte Diskussionen geführt, weil die Skulptur für ihre Kritiker die Verherrlichung des Waffengangs symbolisiert. So kam es auch, dass vor einigen Jahren eine Tafel angebracht wurde, die darauf hinweist, dass die Steinmonumente 1934 in der NS-Zeit errichtet wurden – um eine geschichtliche Einordnung sicherzustellen. Die Gruppe Puls im Gemeinderat findet nun aber, dass man einen Schritt weitergehen sollte. Im Rahmen der Beratungen zur neuen Fußgängerzone regte die politische Initiative an, als Ergänzung zu dem Kriegerdenkmal ein Mahnmal für Deserteure aufzustellen, die von den Nazis ermordet worden sind.

Das Kriegerdenkmal wirke auf einige Touristen abschreckend, meint die Gruppe Puls.

Begründet wird der Vorstoß damit, dass Besucher der Stadt beim Anziehungspunkt Torturm mehr oder weniger unvorbereitet mit dem Kriegerdenkmal konfrontiert würden. Der historische und politische Hintergrund sei den Touristen aber oftmals nicht geläufig. „Viele sind beim erstmaligen Anblick dieser Steinsoldaten erschrocken“, heißt es in der Begründung von Puls. Deshalb müsse ein Friedensdenkmal als Ergänzung zu dem Kriegerdenkmal errichtet werden. Puls kann sich vorstellen, dazu einen Künstlerwettbewerb auszurufen.

Ob es dazu kommt, ist aber ungewiss. Denn Sebastian Engelmann von den Grünen schlug vor, sich zunächst einmal beim Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring zu erkundigen, ob es überhaupt einen Deserteur aus der Schillerstadt gibt, der in der NS-Zeit hingerichtet wurde. Falls nicht, erscheine die Wahl doch etwas willkürlich, meinte Engelmann. „Es gibt viele Opfer des Nationalsozialismus. Warum greift man jetzt die Deserteure heraus und nicht eine andere Gruppe“, fragte er rhetorisch in die Runde. Sollte hingegen ein Soldat aus Marbach, der sich unerlaubt von seiner Truppe entfernt hat, hingerichtet worden sein, hätte man einen konkreten geschichtlichen Anlass. Auf der Tafel beim Kriegerdenkmal seien schließlich ebenfalls die Namen von Soldaten aus der Schillerstadt aufgeführt, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben gelassen haben – womit hier auch keine Anonymisierung erfolgt sei. So oder so solle das Thema unabhängig von der Umgestaltung der Fußgängerzone behandelt werden, empfahl Engelmann und erntete dafür keinen Widerspruch.

„Es gibt keine Hinweise auf Standgerichte in Marbach zum Kriegsende.“

Bürgermeister Jan Trost nahm auch seine Anregung auf, den Fall dem Stadtarchivar zur Prüfung vorzulegen. Und der hat sich dann auch an die Arbeit gemacht – und seine Recherche mittlerweile abgeschlossen. Das Ergebnis: „Es gibt keinerlei Hinweise auf Standgerichte in Marbach zum Kriegsende“, sagt Albrecht Gühring auf Nachfrage. Bei besagten Standgerichten wurden kurzerhand Urteile gefällt und Hinrichtungen in die Wege geleitet. Es seien zwar Drohungen in der Richtung ausgesprochen, aber in Marbach nicht umgesetzt worden. Ganz im Gegensatz zu Kleinbottwar, wo Erwin Kreetz als Deserteur im dortigen Steinbruch umgebracht wurde. Gühring hat für Marbach keinen Anhaltspunkt für eine ähnliche Tat gefunden.

Recherchiert hat er unter anderem im zweiten Band der Marbacher Stadtgeschichte von Hermann Schick, aber auch in den Sterbebüchern von Ende 1944 bis Ende August 1945. In Letzteren sei der Ort vermerkt, wo jemand sein Leben gelassen hat. Und Erschießungen würden dabei nicht erwähnt.