Just-Pack-Geschäftsführer Dirk Kallenberg zeigt sich sehr zufrieden angesichts des Erfolgs des E-Kanban-Systems. Fotos: Alexander Becher
Von Lorena Greppo
Aspach. Die schwarzen Sensoren sind unscheinbar, mit einmaligen Anschaffungskosten von etwa 30 Euro vergleichsweise günstig – und doch bedeuten sie in der Branche einen Quantensprung. Für die ersten drei Jahre ist die Aspacher Firma für Verpackungslösungen Just Pack noch die alleinige Nutzerin des E-Kanban-Systems, dann aber, sagt Geschäftsführer Dirk Kallenberg, „sehe ich es irgendwann in jedem Betrieb“. Für Just Pack gilt es solange, den Vorsprung optimal auszunutzen. „Wir erwarten eine große Nachfrage“, so Kallenberg. Denn im Mai wurden die kabellosen Sensoren, welche Just Pack gemeinsam mit der Firma Balluff entwickelt hat, als eines von acht Leuchtturmprojekten zur Industrie 4.0 im Land ausgezeichnet (siehe Infobox).
Nachschub kommt, wenn der Vorrat zur Neige geht
Doch was genau leisten diese kleinen schwarzen Kästchen? Über einem Regal angebracht messen sie den Füllstand der darunter gelagerten Waren. „Alle halbe Stunde wird gemessen“, berichtet Kallenberg. Ist absehbar, dass der Vorrat bald zur Neige gehen wird, bekommt der Zulieferer – in diesem Fall Just Pack – automatisch eine Benachrichtigung und kann die Lieferung an seine Kunden entsprechend bestücken. Sind bestimmte Kartonagen am Nachmittag knapp, so bringt der Lkw am nächsten Morgen bereits Nachschub. Kanban heißt diese Methode der Produktionsprozesssteuerung. „Das ist eigentlich ein alter Hut“, erklärt Dirk Kallenberg. Denn erfunden wurde sie schon 1947 in Japan. Die Lieferung orientiert sich dabei am tatsächlichen Verbrauch des Kunden. Doch von Just Pack wurde das Vorgehen nun erstmals digitalisiert; die neue Generation der Sensoren ist erst im Frühjahr fertiggestellt worden. „Alles, was vorher mit großem Aufwand händisch gemacht wurde, ist damit obsolet.“ Ihre größten Kunden hätten bereits auf das E-Kanban-System umgestellt.
Regionalität ist hierbei wichtig
Das System lässt sich auf Zulieferer aller Art übertragen. Für die Kunden hat es den Vorteil, dass sie selbst nicht mehr so viel Lagerraum benötigen. Zudem müssen sie nicht mehr einzelne Bestellungen aufgeben – diese werden automatisch übermittelt. Bei Just Pack in Aspach werden dann die Lkws losgeschickt. Die Zustellung, hebt Dirk Kallenberg hervor, erfolgt nicht an die Rampe, sondern an den Ort des Geschehens. Service ist ihm wichtig und das lassen sich die Kunden auch etwas kosten. Dirk Kallenberg sagt über sein Unternehmen: „Wir sind einer der hochwertigsten Anbieter und sicher nicht der günstigste.“ Die Zulieferung erfolgt nicht etwa durch externe Dienstleister, sondern ist Teil des Familienunternehmens, welches aktuell 35 Mitarbeiter zählt. „Man kann digitalisieren so viel man will, man muss die Produkte auch auf die Straße bekommen.“ Regionalität sei dabei ein wichtiger Faktor. „Wir wollen nah beim Kunden sein. Anders funktioniert das nicht, sonst haben wir die Logistik nicht mehr im Griff und das ist das A und O.“ Als Grenze gibt der Geschäftsführer 100 Kilometer aus. Wachstum ohne Ende gibt es bei Just Pack nicht. Dirk Kallenberg findet hierzu klare Worte: „Wir sind an einem Level, wo wir sagen können: Jetzt ist es gut.“ Das Arbeiten mache Spaß und er sei zufrieden. „Wachstum auf Teufel komm raus interessiert uns nicht.“
Turbulente Anfangsjahre der Firma
Das Unternehmen hat erst jüngst sein 31-jähriges Bestehen gefeiert. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Dirk Kallenberg und sein Geschäftspartner Steffen Neuwirth haben nämlich tatsächlich bei 0 angefangen. 1986 hat Kallenberg bei der Firma Horn in Winnenden seine Lehre begonnen, kurz nach deren Abschluss hat er einen Job bei einem Konkurrenzunternehmen bekommen. Mit der Struktur jenes Unternehmens waren er und sein damaliger Kollege und heutiger Partner allerdings nicht ganz einverstanden. Sie haben sich ein Konzept überlegt, wie die Firma besser arbeitet und mehr Geld verdient, und dieses präsentiert. Zwei junge Männer Anfang 20, die den altgedienten Chefs sagen wollten, wie es läuft? „Kam super an“, berichtet Kallenberg lachend. Am nächsten Tag haben beide die Kündigung bekommen. „Im Nachhinein bin ich dafür sehr dankbar.“
Ihr Konzept sollten die jungen Männer selbst umsetzen, nur: Eine Halle und Büroräume zu finden sei beinahe unmöglich gewesen. Kurzerhand haben sie 1991 in Marbach am Neckar einen Bauplatz gemietet und ein Zelt daraufgestellt. Die Ware hätte dadurch nicht gelitten, aber fürs Marketing sei das nicht besonders gut gewesen, berichtet Kallenberg. In den ersten zwei Monaten hätten sie keinen einzigen Auftrag erhalten. Scheitern sei jedoch keine Option gewesen, daran habe er keinen Gedanken verschwendet, so Kallenberg. „Dann kam die Rezession und alle waren angewiesen, günstiger einzukaufen. Das war für uns das Überleben.“ Für Just Pack schlug die große Stunde. Übrigens: Auch Krisen wie die Coronapandemie hätten dem Unternehmen ein Plus beschert denn durch Online-Bestellungen waren Verpackungen gefragter denn je. Zum Kanban-System seien sie gekommen, weil 2009 ein Kunde in Gaildorf dieses angefragt habe. „Ja, machen wir“, habe Kallenberg daraufhin geantwortet – ohne zu wissen, was Kanban überhaupt ist.
Herausforderung: Nachhaltigkeit
1998 wollten Kallenberg und Neuwirth unternehmerisch noch einmal ein Risiko eingehen: In Aspach bauten sie erstmals selbst. „Das war für uns das Paradies“, sagt Kallenberg. Die Mitarbeiter wurden schlichtweg mitgenommen. 2004 folgte die nächste Halle und auch derzeit sei man in Verhandlungen, um noch einmal zu erweitern. Alles, was die Kunden nicht mehr selbst lagern, kommt bei Just Pack hinzu. Folglich ist Platz vonnöten.
Eine weitere Herausforderung, die die Just Pack GmbH derzeit beschäftigt, dürfte vielen anderem Unternehmen ebenfalls bekannt sein: Nachhaltigkeit ist gefragt. „Hier gibt es zur Zeit ein komplettes Umdenken in der Branche“, so Kallenberg. Auch hier könne man Erfolge vorweisen: 99 Prozent der Waren seien recycelbar.
Auszeichnung Im Mai wurde die Just Pack GmbH aus Aspach für die sogenannte „IIoT-Lösung zur Bestandsüberwachung von C-Teilen“ als Preisträger des Wettbewerbs „100 Orte für Industrie 4.0 in Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. Insgesamt wurden acht Digitalisierungslösungen im industriellen Produktionsumfeld prämiert.
Vorteile Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Rapp hat dem Betrieb per Videobotschaft gratuliert und unter anderem hervorgehoben, dass das E-Kanban-System Materialengpässe minimiert und zugleich mehr Transparenz über den Materialverbrauch ermöglicht. „So können hohe Prozesskosten für die Bestandsüberwachung, Nachbeschaffung und Lagerhaltung beim C-Teile-Management reduziert werden.“