dpa/lsw Weingarten. Der „Blutritt“ im oberschwäbischen Weingarten gilt als eine der größten Reiterprozessionen. Die Wallfahrt zu Ehren des Blutes Jesu Christi wird seit Jahrhunderten veranstaltet und ist nur Männern vorbehalten - bis jetzt.
Standartenträger und Reiter aus Grünkraut reiten beim traditionellen „Blutritt“ einen Weg entlang. Foto: Felix Kästle/dpa/Archivbild
Beim traditionellen „Blutritt“ im oberschwäbischen Weingarten sind vom kommenden Jahr an auch Frauen zugelassen. Die Entscheidung sei nach einem jahrelangen Diskussionsprozess gefallen, teilte die Diözese Rottenburg-Stuttgart am Mittwoch mit. Die Zeichen der Zeit zu erkennen und Konsequenzen zu ziehen, sei immer wieder Thema im zuständigen Kirchengemeinderat St. Martin gewesen. Künftig sei ein Nebeneinander von rein männlichen und gemischtgeschlechtlichen Reitergruppen erlaubt. „Möglicherweise auch ein Modell für andere Reformen in der katholischen Kirche“, so die Diözese.
Der „Blutritt“ gilt als eine der größten Reiterprozession Europas - die Teilnehmer versammeln sich jedes Jahr am Freitag nach Christi Himmelfahrt zu Ehren der Heilig-Blut-Reliquie. Mit Frack und Zylinder reiten sie gemeinsam durch die festlich geschmückten Straßen der Stadt im Kreis Ravensburg und die angrenzenden Felder. Am Abend zuvor führt zudem eine Lichterprozession durch die Stadt. Weit mehr als 2000 Wallfahrer nehmen in der Regel an der Traditionsveranstaltung teil, Zehntausende Besucher schauen sich das Schauspiel am Straßenrand an.
Die Tradition wird nach Angaben der Organisatoren seit mehr als 900 Jahren gepflegt. Die Heilig-Blut-Reliquie enthält der Legende nach mit Erde vermischtes Blut von der Kreuzigung Christi. Die Wurzeln der Heilig-Blut-Verehrung reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück.
Die Öffnung für Frauen sei ein zeitgemäßer Schritt, erklärte Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald (Freie Wähler). Es sei ein deutliches Signal für Gleichberechtigung, Vielfalt und Toleranz weit über den „Blutritt“ hinaus.
Die Organisatoren hatte beantragt, den „Blutritt“ in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufzunehmen. Der Antrag war aber abgelehnt worden, weil das zuständige Expertenkomitee die fehlende Offenheit für Frauen beanstandet hatte. Die aktuelle Entscheidung zur Zulassung von Reiterinnen sei aber unabhängig davon gefallen, hieß es von der Diözese.
Coronabedingt war der „Blutritt“ in diesem Jahr abgesagt worden. Eine abgespeckte Version konnten Zuschauer im Internet verfolgen.