Bowle an jeder Straßenfest-Ecke? Den Vereinsgründern von „Hopfen und Schall“ ist ein kühles Bier deutlich lieber.Foto: J. Fiedler
Von Marina Heidrich
BACKNANG. „Und wie nennen wir nun unseren Verein?“ „Ach, ich sag’s mit einem bekannten Spruch: Namen sind doch Schall und Rauch!“ „Darauf stoßen wir an: Wie heißt es so schön – Hopfen und Malz, Gott erhalt’s.“ Gläser klingen und bei diesem mehrstimmigen Bing kommt die Erleuchtung wie ein Blitz über Rüdiger Wolf und Marcus Maurer. Einstimmig rufen die beiden gut gelaunt in die laue Juninacht 2019: „Hopfen und Schall!“ Der offizielle Name für den neu gegründeten Verein ist gefunden. So ähnlich könnte sich die Gründung abgespielt haben. Muss aber nicht unbedingt. Der Vorstand Marcus Maurer lächelt hintergründig, als er zur Entstehungsgeschichte des Vereins befragt wird.
Fest steht, dass die Idee auf der Geburtstagsparty von Rüdiger Wolf entstand. Wolf, wie Maurer Mitglied der Backnanger Kultband Breschdleng, erwähnt das Straßenfest. Aus dem Kreis der Gäste werden Klagen laut: Immer weniger Backnanger Vereine nähmen noch am Event des Jahres teil, viele würden sich zurückziehen. Es wird geklagt: Das Straßenfest verkomme nach und nach zur Bowlen- und Handyhüllenstand-Veranstaltung, der lokale Charme ginge verloren. Und am schlimmsten: Wo kann die Generation Rock – Menschen zwischen 40 und 60, die „verlorene Generation“, die bestimmte Musik liebt – überhaupt noch hingehen? Musikalisch wäre zwar die Jugendmeile eine gute Alternative, doch die unbehaglich entsetzten Blicke der Kids, wenn Mama, Papa oder gar Opa da auftauchen und headbangen, geben zu denken und schränken den Spaßfaktor doch erheblich ein, so die Backnanger Rocker. Ein Gast ruft dazwischen: „Und wo kriegt mr a gscheids Bier dazu?“ Zeitgleich löst sich auch der Verein Schwalbengarage auf, einige ehemalige Mitglieder sitzen bei Rüdiger Wolfs Geburtstagsparty. Irgendwie sind sich alle an diesem Abend einig: „Wir vermissen die Vereinsarbeit.“ Nun könnte man ja, wie es bei solchen Gelegenheiten üblich ist, jammern und weiter trinken und den berühmten „man“ zitieren – man müsste, man sollte, man könnte. Oder man schreitet zur Tat und versucht, selbst etwas zu ändern. Was zugegeben wesentlich mühsamer ist und womöglich gar körperlichen Einsatz fordert.
Der Verein soll zwar Spaß machen, aber kein reiner Spaßverein sein.
Wolfs Gästen gefällt die Idee und so entsteht in den nächsten Wochen der Verein Hopfen und Schall. Aus der Geburtstagsrunde finden sich immerhin zwölf Personen, die bereitwillig als Gründungsmitglieder fungieren. Natürlich muss auch ein Verein, der die schönen Künste und leiblichen Genüsse in den Mittelpunkt stellt, Formulare ausfüllen, Dinge beantragen und eine Satzung erstellen – sprich: den leidigen Papierkram erledigen, bevor es losgeht. „’S isch wie’s isch“, seufzt Marcus Maurer und macht sich ans Werk. Die Ziele sind klar definiert: Der Verein soll zwar Spaß machen, aber kein reiner Spaßverein sein.
Und so bekommt die Sache Hand und Fuß. Alles wird sorgfältig vorbereitet, ein Stand organisiert, ein fester Platz auf dem Straßenfest, man nimmt Kontakt zu Getränkelieferanten und dem Veranstalter des Straßenfestes auf. Mitglieder und Helfer werden eingeteilt und der gemeinnützige Verein beschließt, die kompletten erwirtschafteten Überschusseinnahmen an einen bestimmten wohltätigen Zweck zu spenden. Die Satzung ist eindeutig: Gutes Bier trinken, gute Musik hören, Gutes tun. Die Mitglieder freuen sich auf die Premiere im Juni 2020, beim Jubiläumsstraßenfest. Vier Tage feiern, aber auch ackern und den Leuten Freude bringen. Doch um einen weiteren bekannten, abgewandelten Spruch zu zitieren: Der Mensch denkt – und Gott oder wer auch immer lenkt. Und so ist die Premiere von Hopfen und Schall auf dem Backnanger Straßenfest erst mal verschoben.
Aber nicht aufgehoben. Werden Hopfen und Schall dieses Jahr ihre Pläne umsetzen können? Rüdiger Wolf und Marcus Maurer werfen sich einen langen Blick zu. Kollektives Seufzen, Schulterzucken. Zwei Bierflaschen stoßen aneinander und geben ein etwas melancholisches „Bing“ in d-Moll von sich. Dann nicken die beiden entschlossen: „Es kann nur besser werden. Auf 2021!“
Marcus Maurer