„Spare“ von Prinz Harry

Handgranaten aus Montecito

Prinz Harry reitet eine Frontalattacke gegen das britische Königshaus, vor allem gegen seinen Bruder William und seinen Vater Charles. Die spannende Frage: Äußert sich der Palast?

Handgranaten aus Montecito

Diese Einigkeit war offenbar nur gestellt: Prinz William (zweiter von links) und Prinz Harry mit ihren Frauen Kate und Meghan (rechts) nach dem Tod von Queen Elizabeth II.

Von Theresa Schäfer

Die Ouvertüre ist vermasselt. Eigentlich sollten zwei große TV-Interviews – eines in den USA, eines in Großbritannien – den Auftakt bilden zu Prinz Harrys Buch „Spare“ (zu Deutsch: „Reserve“), das am Dienstag erscheint. Doch in einigen spanischen Buchläden lagen die Memoiren des jüngeren Sohnes von König Charles III. versehentlich schon vergangene Woche in den Regalen – mehrere britische Zeitungen nutzten den Fehler, besorgten sich ein Exemplar und zitierten die ganze Woche genüsslich die Enthüllungen, die der Prinz in seinem Buch macht.

So wusste die Öffentlichkeit schon viel von dem, was Harry den Fernsehjournalisten Anderson Cooper und Tom Bradby in den vorab aufgezeichneten Interviews verriet. Dass sein Bruder William ihn im Streit gepackt und zu Boden geworfen haben soll – direkt auf eine Hundeschüssel, die zerbrach und Harry den Rücken zerschnitt. Dass er in seiner Zeit als Soldat in Afghanistan 25 Talibankämpfer getötet haben will – was am Freitag eine wütende Reaktion eines hochrangigen Taliban-Offiziellen hervorrief. Dass sein Vater Charles angeblich eifersüchtig auf die Popularität seiner Schwiegertöchter Kate und Meghan ist.

Bömbchen in Richtung alte Heimat

Es ist eine Frontalattacke, die Prinz Harry gegen das britische Königshaus reitet. Gegen seinen Vater, der erst so kurz auf dem britischen Thron sitzt und bisher praktisch nur damit beschäftigt war, die Bomben und Bömbchen abzuwehren, die Harry aus Montecito in Richtung alte Heimat wirft. Eine britische Royal-Expertin nannte den 38-Jährigen eine „Handgranate in Menschengestalt“.

Dabei wäre jetzt der Moment, in dem Charles III. Akzente setzen und zeigen müsste, was seine Regentschaft von der seiner Mutter unterscheiden soll. Aus dem zu schließen, was britische Medien aus „Spare“ zitieren, kommt Charles nicht gut weg im Buch seines Sohnes: Ein unsensibler Vater, dem es ziemlich egal ist, was seine Söhne über seine Heirat mit Camilla, der ewigen Konkurrentin ihrer Mutter Diana, denken. Der zweifelhafte Scherze darüber macht, er sei vielleicht gar nicht Harrys Vater – während der britische Boulevard darüber sinniert, dass Harry doch sehr Dianas Affäre, dem Reitlehrer James Hewitt, gleiche.

Noch weniger schmeichelhaft ist aber das Bild, das Harry von seinem Bruder William zeichnet. Sein „geliebten Bruder“ sei gleichzeitig sein „Erzfeind“, schreibt Harry. Der Prince of Wales wird von seinem Bruder als intriganter Strippenzieher dargestellt, der auf Harrys und Meghans Kosten ein schmutziges Spiel mit den Medien spielt. Der aber gleichzeitig seine Gefühle nicht im Griff hat, gerne mal handgreiflich wird. Der Historiker Robert Lacey, der auch die Macher der Netflix-Serie „The Crown“ berät, sagte dem Spiegel: „Im Palast weiß man schon lange, dass Williams hitziges Temperament ein Problem ist.“ Noch ist Prinz William in Großbritannien wahnsinnig beliebt. Doch jetzt ist der Zweifel in der Welt und einen Ränke schmiedenden Choleriker will niemand auf dem Thron haben.

Wie reagiert der Palast?

Die spannende Frage ist jetzt, ob die Windsors ihr inoffizielles Familienmotto „Never complain, never explain“ („nie beschweren, nichts erklären“) über Bord werfen und sich zu Harrys Attacken äußern. Noch schweigt der Palast. William tue dies „für die Familie und das Land“, zitiert die „Sunday Times“ Quellen aus dem Umfeld des Thronfolgers.

Prinz Harry beteuert indes im Interview mit Tom Bradby, er wolle nicht den endgültigen Bruch mit der Familie: „Ich will meinen Vater zurück. Ich will meinen Bruder zurück. Momentan erkenne ich sie nicht wieder.“ Aktuell, sagt der Prinz, habe er keinen Kontakt zu Charles und William. Keine SMS, kein Anruf – nur große Stille zwischen London und Montecito.

Handgranaten aus Montecito

1989: Ein Bild von Prinz Harrys erstem Schultag.

Handgranaten aus Montecito

1989: Die Wales’ auf Fahrradtour im Urlaub auf den Scilly-Inseln.

Handgranaten aus Montecito

1992: Prinzessin Diana mit ihren Söhnen William (rechts) und Harry

Handgranaten aus Montecito

1995: Prinz Harry und Prinz William mit ihren Eltern Diana und Charles, die damals bereits getrennt voneinander lebten.

Handgranaten aus Montecito

1997: Der 15-jährige William und der zwölfjährige Harry folgen dem Sarg ihrer Mutter Diana, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen war.

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1999: Prinz Charles mit seinen Söhnen bei einem Fototermin auf seinem Landsitz Highgrove.

Handgranaten aus Montecito

2005: Prinz Charles mit seinen Söhnen beim Skiurlaub in Klosters.

Handgranaten aus Montecito

2006: Prinz William und Prinz Harry bei einer Militärparade der Sandhurst-Militärakademie.

Handgranaten aus Montecito

2007: Prinz William und Prinz Harry eröffnen im Wembley-Stadion ein Konzert zu Ehren ihrer verstorbenen Mutter.

Handgranaten aus Montecito

2008: In Südafrika fahren Prinz Harry und Prinz William eine Motorradralley für den guten Zweck.

Handgranaten aus Montecito

2011: Bei der Hochzeit von Prinz William mit Kate Middleton war Harry Trauzeuge.

Handgranaten aus Montecito

2012: Herzogin Kate, Prinz William und Prinz Harry bei den Olympischen Spielen in London.

Handgranaten aus Montecito

2014: Herzogin Kate, Prinz William und Prinz Harry bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Ersten Weltkriegs.

Handgranaten aus Montecito

2014: Prinz Charles mit seinen Söhnen William und Harry bei den „Invictus Games“, Harrys Herzensprojekt für verwundete Soldaten.

Handgranaten aus Montecito

2017: Herzogin Kate, Prinz William und Prinz Harry erinnern gemeinsam an den 20. Todestag von Prinzessin Diana.

Handgranaten aus Montecito

2017: Herzogin Kate, Prinz William und Prinz Harry bei einer Aktion für ihre Kampagne „Heads Together“

Handgranaten aus Montecito

2017: Meghan Markle bei ihrem ersten Weihnachtsfest im Kreise der Königsfamilie auf Schloss Sandringham.

Handgranaten aus Montecito

2017: Prinz William, Herzogin Kate und Prinz Harry feuern bei einem Marathon die Läufer an.

Handgranaten aus Montecito

2018: Prinz Harry, Meghan Markle, Herzogin Kate und Prinz William sprechen bei einer Veranstaltung ihrer Royal Foundation.

Handgranaten aus Montecito

2018: Bräutigam Prinz Harry geht mit seinem Trauzeugen William zu seiner Trauung mit Meghan Markle in der Kapelle von Schloss Windsor.

Handgranaten aus Montecito

2018: Die Cambridges und die Sussexes auf dem Weg zu Feierlichkeiten zum Jubiläum der Royal Air Force.

Handgranaten aus Montecito

2019: Die Cambridges und die Sussexes beim Festgottesdienst zum Commonwealth-Tag.

Handgranaten aus Montecito

2021: Prinz William und Prinz Harry beim Begräbnis ihres Großvaters Prinz Philip.

Handgranaten aus Montecito

2021: Zusammen enthüllen William und Harry im Park des Kensington Palace die Statue ihrer Mutter Diana.

Handgranaten aus Montecito

2022: William und Harry folgen dem Sarg ihrer verstorbenen Großmutter, Queen Elizabeth II.