Jugendreferentin Tamara Walz in ihrem Zimmer in der neuen Wohngemeinschaft. Die anderen Zimmer der Wohnung sind zum großen Teil noch unmöbliert.Fotos: A. Becher
Von Uta Rohrmann
BACKNANG. Mit neuen Räumlichkeiten in der Backnanger Innenstadt, frischen Ideen und jungen Ehrenamtlichen erweitern die Apis – Evangelischer Gemeinschaftsverband Württemberg im Rahmen ihres Sozial- und Bildungswerks Aktion Hoffnungsland ihr sozialräumliches Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien. Der Projektname „Homezone Backnang“ drückt das Anliegen aus, jungen Menschen unterschiedlicher sozialer Milieus eine Heimat zu geben – dazu Zeit, Wertschätzung und die Förderung ihrer Talente. Seit mehr als zehn Jahren treffen sich Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren monatlich an einem Samstagvormittag zum Kinderfrühstück der Apis im Gemeindehaus am Kalten Wasser. Zu dem Programm aus Frühstück, Liedern, Bibelgeschichte, Spiel- und Bastelangeboten kamen zunehmend auch sozial benachteiligte Kinder und solche mit Migrationshintergrund. Der Teentreff „Follow Up“ kam als Angebot dazu, für die Kinder, die dem Kinderevent entwachsen waren. Gleichzeitig machen die Apis auch die Erfahrung, dass Jugendliche durchaus motiviert sind, sich selbst einzubringen und Verantwortung zu übernehmen.
So arbeiten inzwischen ehemalige Teilnehmende des Kinderfrühstücks bei dem monatlichen Event mit, das derzeit digital stattfindet. Aktiv dabei sind auch junge Erwachsene mit Behinderung. Ein Highlight bei dem freien Werk innerhalb der evangelischen Landeskirche sind zudem verschiedene kreative Sommerferienangebote wie die Legostadt. Eine weitere Säule in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit ist die Musikschule Hoffnungsland, die Instrumentalunterricht, Workshops, eine Band und die musikalische Früherziehung „Musikarche“ bietet.
Wer vom Gemeindehaus am Kalten Wasser die Stäffele nach oben zur Albertstraße geht, findet auf der rechten Seite, gegenüber der methodistischen Zionskirche, das Haus, in dem noch bis ins vergangene Jahr die Bäckerei Büchler eine Backstube und Lagerräume hatte. Das Gebäude wurde von Bonum Immobilien erworben. Zum 1. November mieteten die Apis einen Großteil der Räumlichkeiten an – eine Wohnung im Obergeschoss ist seit Jahren an eine Familie vermietet. Jede Menge Renovierungsbedarf hatte das über hundert Jahre alte Haus. Neben dem Einsatz von Facharbeitern wurden von den Apis mehr als 1500 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet, schätzt Gemeinschaftspastor Martin Rudolf, der die Bauarbeiten leitete, coronagerecht koordinierte und selbst kräftig Hand anlegte.
Demnächst ist es so weit: Die Arbeiten werden abgeschlossen, das Haus wird nach und nach seiner neuen Bestimmung zugeführt. Im Erdgeschoss befindet sich eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, im ersten Stock eine Mitarbeiter-Wohngemeinschaft, eine „WG mit Auftrag“ für den Stadtteil und seine Menschen. Die erste WG-Bewohnerin ist eingezogen: Tamara Walz ist seit einem halben Jahr bei den Backnanger Apis als Kinder- und Jugendreferentin angestellt. Die 23-Jährige mit Bachelor-Abschluss in Theologie und sozialer Arbeit, die auch in Südafrika und Uganda praktische Erfahrungen gesammelt hat, steht für eine Verzahnung von sozialräumlicher Kinder- und Jugendarbeit, Musikpädagogik und einer hohen Einbindung von Ehrenamtlichen. Neben der Leitung der Kinder- und Jugendarbeit ist sie auch als Lehrerin für Blockflöte, Querflöte und das musikalische Früherziehungsprogramm „Musikarche“ tätig.
Die WG-Bewohner sollen sich für mindestens ein Jahr in der Apis-Gemeinschaft engagieren.
„Ich sehe großes Potenzial darin, Beziehungen zu Kindern und Teens aufzubauen, ihnen zu geben, was sie brauchen und eine neue Hoffnung in ihnen zu pflanzen“, sagt sie. Eine der konzeptionellen Ideen ist es, durch die enge Zusammenarbeit zwischen Musikschule und offener Kinder- und Jugendarbeit auch Kinder zu fördern, die sonst keinen Zugang zu Musikschulen haben – etwa durch Förderpakete und Patenschaften.
Tamara Walz sucht nun drei Mitbewohnerinnen und -bewohner, die ihre Vision teilen. Junge Christen, die sich als Teil der Apis-Gemeinschaft für mindestens ein Jahr ehrenamtlich für junge Menschen in der Backnanger Altstadt engagieren. In Zusammenarbeit und Ergänzung mit anderen sozialen Trägern und den umliegenden Schulen sind einige weitere Angebote geplant.
So soll es zum Beispiel in den unteren Räumen Hausaufgabenhilfe geben, aber auch Zeit zum Spielen und für Gespräche. Mit einem Spielmobil, das wöchentlich voraussichtlich auf der Bleichwiese präsent sein könnte, möchten die Jugendreferentin und Ehrenamtliche Kontakt- und Begegnungsmöglichkeiten auch für Familien schaffen, die keine Veranstaltung besuchen würden. Für die kälteren Monate wird über einen Winterspielplatz nachgedacht. Dass junge Menschen, gerade auch solche, die sonst eher am Rand stehen, ihre Gaben entfalten, ihre Persönlichkeit entwickeln und ihren Selbstwert stärken ist ein wesentliches Anliegen der christlich-sozialen Arbeit. Ein Talentschuppen in der Albertstraße könnte dabei helfen oder auch das Sommerferienprogramm der Apis mit den drei Workshops Tanz, Percussion und Filmproduktion.
Doch die Apis wollen nicht nur sozial helfen, sondern Möglichkeiten schaffen, dass Menschen Gott begegnen: „Wir glauben, dass das Leben lebenswert ist, weil jeder Mensch von Gott als wertvoll erachtet wird, begabt und gewollt ist.“ Eine neue Gottesdienstform ist in Planung, die gerade auch Kirchenferne ansprechen soll: alle ein bis zwei Monate, samstagnachmittags – mit kreativen Elementen, einer Andacht und gemeinsamem Essen. Welche Ideen im Einzelnen umgesetzt werden – da gebe es durchaus noch Spielraum, sagt Tamara Walz: „Die WG-Bewohner können das durchaus mitentwickeln.“
Die Miete für die Zimmer zwischen zwölf und 23 Quadratmetern beträgt zwischen 230 und 360 Euro. Wer Interesse hat, meldet sich bei Tamara Walz, Kinder- und Jugendreferentin Homezone Backnang, unter der Telefonnummer 07191/950362. Mehr Informationen findet man unter www.homezone-backnang.de.