Wer momentan zur Mittagszeit frische Luft genießen möchte, sollte es wie diese Bewohnerin des Pflegeheims Staigacker am Langenbach im Schatten tun. Foto: Alexander Becher
Von Carolin Aichholz
Rems-Murr. Die aktuelle Hitzewelle belastet eine Vielzahl an Bevölkerungsgruppen. Gesundheitsminister Manne Lucha rief am Freitag im Zuge der aktuellen Hitzewelle bereits dazu auf, besonders auf Kinder, chronisch Kranke sowie ältere und pflegebedürftige Menschen zu achten, denn sie seien von den Auswirkungen der lange andauernden hohen Temperaturen besonders betroffen (siehe Infobox).
Im Alter lässt etwa das natürliche Durstgefühl nach, darum beginnt man im Pflegeheim Staigacker so früh wie möglich mit der Flüssigkeitszufuhr. Die stellvertretende Geschäftsführerin Sabine Laible betont: „Gleich nach dem Aufstehen werden Getränke angeboten, dann wieder beim Frühstück und so geht das dann den ganzen Tag in kleinen Abständen weiter.“
Trinkrunden sollen im Haus am Bergdie Flüssigkeitsaufnahme sicherstellen
Tanja Trinnes, Einrichtungs- und Pflegedienstleiterin im Pflegestift Haus am Berg in Backnang, weiß aus Erfahrung: „Viele Bewohner trinken extra wenig, damit sie nicht so oft zur Toilette müssen.“ Das könnte bei der aktuellen Hitze jedoch gefährlich enden und darum müssen Pflegekräfte einen ganz besonderen Blick auf das Trinkverhalten ihrer Bewohner haben. Im Haus am Berg werden „Trinkrunden“ gedreht, so kann auch gut überwacht werden, wer wie viel Flüssigkeit zu sich nimmt. Zur zusätzlichen Abkühlung werden auch kalte Getränke wie zum Beispiel Eistee angeboten. Fällt den Pflegekräften auf, dass ein Bewohner trotzdem zu wenig trinkt, wird das Trinkverhalten genau protokolliert und bei Bedarf berät man sich mit dem behandelnden Arzt, ob weitere Schritte wie das Legen einer Infusion einzuleiten sind.
Wichtig ist es in den Pflegeheimen selbstverständlich auch, sich kulinarisch an die Jahreszeiten anzupassen. „Kurzfristig können wir nichts mehr am Speiseplan ändern, aber wir achten schon bei der Planung darauf, dass es im Sommer eher leichtere Gerichte gibt“, sagt beispielsweise Sabine Laible vom Pflegeheim Staigacker.
Aktivitäten finden eher vormittags statt
Darüber hinaus wird darauf geachtet, die Räumlichkeiten, in denen pflegebedürftige Menschen leben, möglichst kühl zu halten. Die Hitze des Tages soll am besten von vornherein draußen gehalten werden. „Wir lüften genauso, wie es jeder zu Hause auch tut, damit die Einrichtung tagsüber möglichst kühl bleibt“, erklärt Sabine Laible. Das gehe momentan noch ganz gut, weil es nachts merklich abkühle.
Josef Schwarz, Heimleiter im Haus Elim in Erbstetten, ist froh, dass aktuell in allen Aufenthaltsräumen Klimaanlagen eingebaut werden. Diese sollen dank Solarpanels auf dem Dach des Pflegeheims mit erneuerbaren Energien über eine Fotovoltaikanlage betrieben werden. Er ist davon überzeugt, dass das eine sinnvolle Baumaßnahme ist. „Wenn man sich anschaut, wie sich die Sommer und das Klima allgemein entwickeln, ist das für unsere Bewohner und natürlich auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine deutliche Erleichterung.“
Bei der Freizeitgestaltung der Bewohner wird darauf geachtet, Veranstaltungen eher auf die Vormittage zu legen, wenn die Temperaturen noch nicht allzu hoch sind. „Wenn ein Bewohner unbedingt rauswill, schauen wir, dass er mit Sonnenschutzmittel eingecremt ist und eine Kopfbedeckung trägt. Unsere Sitzplätze sind zudem überdacht und darum meistens beschattet.“
Die Besucher machen bei Hitze vieles richtig und bringen Abkühlungen mit
Besuchern von schwächeren Patienten wird ebenfalls geraten, sich lieber im Haus aufzuhalten statt nach draußen zu gehen. „Viele bringen ihren Angehörigen Eis und Erfrischungen mit. Wir raten auch dazu, sie gelegentlich ans Trinken zu erinnern“, so Schwarz. Kalte Fußbäder können abends ebenfalls zu mehr Wohlbefinden beitragen.
Die Kommunikation zwischen Angehörigen, Pflegepersonal und den Bewohnern ist für Heim- und Pflegedienstleiterin Tatjana Trinnes enorm wichtig. „Die Besucher machen instinktiv viel richtig und wollen ja auch, dass es ihren Angehörigen möglichst gut geht.“ Sie freut sich an heißen Tagen besonders über die Lage des Pflegestifts Haus am Berg in der Eugen-Adolff-Straße, wo das ganze Gelände von großen Bäumen umgeben ist. „Da können die Menschen sich trotz der Hitze raus in den Schatten setzen, bekommen frische Luft und können ihre Zeit zusammen genießen“, sagt sie.
Neu gebaute Pflegeheime können an Klimaveränderungen angepasst werden
Den nächsten Sommer werden die Bewohner des Pflegestifts ohnehin in einem neu gebauten Pflegeheim in der Gartenstraße verbringen (Gelände Obere Walke, direkt neben dem Edeka-Markt), denn der Umzug ist bereits für den 1. September geplant. Diese Einrichtung wird dann auch den neuesten Standards für Pflegeeinrichtungen entsprechen und eine Belüftungsanlage besitzen. „Neubauten können klimaangepasst errichtet werden, das bietet viele Vorteile“, sagt Trinnes. Den noch mobilen Senioren im betreuten Wohnen werde natürlich trotzdem geraten, lieber am Vormittag einkaufen zu gehen und ihre Besorgungen früh zu erledigen, bevor es zu heiß wird. Das sollten sich noch allein lebende Senioren ebenfalls zu Herzen nehmen.
Auch im Pflegeheim Staigacker wird auf die Eigenverantwortung der Bewohner gesetzt. „Die Menschen spüren ja auch, dass sie nicht so fit sind, und verhalten sich im Großen und Ganzen sehr vernünftig“, sagt Sabine Laible. „Einsperren können wir aber niemanden. Wer unbedingt rauswill, kann natürlich raus.“
Temperaturbedingte Notfälle gab es aber glücklicherweise bisher noch in keiner der befragten Pflegeeinrichtungen. Doch auch für den Notfall sei man gut gerüstet, da ist sich Sabine Laible sicher. „Bei uns arbeiten gut ausgebildete Fachkräfte, die auf alles vorbereitet sind und bei Notfällen genau wissen, was zu tun ist.“
Beschwerden Hitze belastet den Körper und kann eine ernsthafte gesundheitliche Gefahr darstellen. Überhitzung, Wasser- und Elektrolytverlust belasten vor allem das Gehirn, den Kreislauf und die Nieren. Hitze kann unter anderem zu Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung, Erbrechen und im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Gefahr UV-Strahlen können nicht nur Sonnenbrand und Hautkrebs verursachen, auch die Augen können langfristig geschädigt werden. Wer bei großer Hitze nach draußen geht, sollte sich lieber im Schatten aufhalten, in der Sonne stets eine Sonnenbrille tragen und Sonnenschutzmittel nutzen.
Gefährdete Gruppen Auf Kinder, Ältere und Pflegebedürftige sollte besonders geachtet werden, da sie viele Schutzmaßnahmen nicht selbstständig umsetzen können.
Infos Wie man sich schützen kann, erfährt man online unter https://t1p.de/a0mxb.