Hitzefrei ist an Backnanger Schulen ein heißes Thema

Konzentriertes Lernen fällt vielen Schülerinnen und Schülern bei den aktuellen Temperaturen schwer und so manch einer würde lieber früher den Stift weglegen. Das Kultusministerium gibt keine einheitlichen Regelungen vor, die Schulleiter können individuell entscheiden.

Hitzefrei ist an Backnanger Schulen ein heißes Thema

Heiß begehrte Durchsage: Udo Weisshaar verkündete am Dienstag „Hitzefrei“ für die Schüler am Gymnasium in der Taus. Foto: Alexander Becher

Von Carolin Aichholz

Backnang. Die Hitze macht sowohl der Lehrer- als auch der Schülerschaft das Leben gerade gleichermaßen schwer. Die Rufe nach Hitzefrei werden in diesen immer heißer werdenden Sommern stetig lauter.

Allerdings gibt es bei diesem Thema keine einheitliche Regelung des Kultusministeriums. Das sei auch nicht sinnvoll, da sich die meisten Schulen durch den Standort und die Bauart des Gebäudes sehr unterscheiden. „Im Bildungszentrum in Weissach gibt es nie Hitzefrei, weil die Räume klimatisiert sind“, sagt Roland Jeck, stellvertretender Amtsleiter des staatlichen Schulamts in Backnang.

Das Schulamt verschickte zuletzt im Juni 2018 Empfehlungen an alle Backnanger Schulen. Darin steht unter anderem: Wenn es um 11 Uhr bereits 25 Grad im Schatten hat, kann frühstens ab der vierten Stunde Hitzefrei gegeben werden. „Entscheidend ist immer das körperliche Wohlbefinden der Schüler“, betont Roland Jeck. Benachbarten Schulen wird besonders empfohlen, sich bei ihrer Entscheidung abzusprechen. Das funktioniere in Backnang auch gut. Ob die Schüler dann früher nach Hause gehen dürfen, entscheiden am Ende trotzdem ausschließlich die jeweiligen Schulleiter.

Die Schulleiter haben viel zu bedenken

An der Schillerschule gibt es aus zwei Gründen kein Hitzefrei. An der Grundschule gebe es ohnehin keinen Nachmittagsunterricht und „es fallen gerade schon zu viele Unterrichtsstunden aus, da es an Lehrkräften mangelt“, gibt Schulleiterin Simone Otterbach zu bedenken. In dem alten Schulgebäude mit seinen dicken Mauern herrschten zudem recht lange angenehme Temperaturen. „Aber ab dieser Woche wurde es grenzwertig.“

An der Mörike-Gemeinschaftsschule gilt für die Jüngsten das Prinzip „verlässliche Grundschule“. Das bedeutet, dass vormittags ein Mindestmaß an Betreuung garantiert ist, Hitzefrei ist dadurch nicht möglich. Und auch für ältere Schüler gibt es an drei Tagen in der Woche das Angebot der Ganztagsschule, bei Bedarf werden die Schülerinnen und Schüler also bis zum frühen Nachmittag betreut.

Darum setzt Rektorin Karin Moll nach Möglichkeit auf Vorausplanung und frühzeitige Kommunikation mit den Eltern. „Wir verschicken schon am Vortag Mails, wenn wir wissen, dass es extrem heiß wird und wir ein Hitzefrei anstreben.“ Bei entsprechender Rückmeldung werden die Kinder dann auch weiter betreut. „Und in spontanen Fällen wie bei der drückenden Hitze vor einigen Wochen, als ein Unwetter aufzog, rufen die Kinder ihre Eltern an und fragen, ob sie nach Hause können oder in der Schule bleiben sollen.“ Dieses Vorgehen habe sich bewährt, Beschwerden seitens der Eltern blieben bislang aus.

Aufenthaltsraum muss zur Verfügung stehen

Udo Weisshaar, Rektor am Gymnasium in der Taus, muss auch berücksichtigen, dass Schülern aus Backnanger Teilorten im Fall eines Unterrichtsausfalls aufgrund der Hitze auch ein Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt werden muss, bis sie Gelegenheit zur Heimfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Darum wird der Unterricht wegen „Hitzefrei“ nicht nach der vierten, sondern nach der sechsten Stunde um 13 Uhr beendet. „Da fahren die Busse und die Schüler kommen überhaupt nach Hause.“ Wie an vielen weiteren Backnanger Schulen gibt es auch hier an vier Tagen in der Woche eine betreuende Kraft, da das Konzept Ganztagsschule verfolgt wird.

Dabei befindet sich Udo Weisshaar auch in der glücklichen Situation, dass seine Schulklassen auf dem Tausgymnasium erst nach neun statt bereits nach acht Jahren ihre Abiturprüfungen schreiben. Der Unterricht ist so etwas entzerrter und die Schüler haben bis zur 8. Klasse kaum Nachmittagsunterricht.

Nur die Klassen 8 bis 11 profitieren darum von Hitzefrei, die Abschlussklassen seien bereits weg und die 12. Klassen müssen bei jedem Wetter unterrichtet werden, da sie sich auf direktem Weg zum Abitur befinden. „Sie können dann aber in die kühleren Klassenräume auf der Nordseite des Schulgebäudes oder ins Erdgeschoss ziehen, da ist es noch einigermaßen erträglich“, sagt Udo Weisshaar.

Backnanger Schulen sprechen sich ab

Neben den Oberstufen an den Gymnasien ist auch für die Schüler an beruflichen Schulen Hitzefrei nicht vorgesehen und findet in Backnang auch nicht statt. Von ihnen abgesehen, hatten am Dienstag viele Schüler mehr Freizeit als üblich, das war jedoch nicht nur der enormen Hitze geschuldet. An der Max-Eyth-Realschule und der Mörike-Gemeinschaftsschule waren Zeugniskonferenzen angesetzt, weswegen der Nachmittagsunterricht ohnehin entfiel. Udo Weisshaar rief am Tausgymnasium ebenfalls Hitzefrei aus, denn es stand viel Sportunterricht auf den Stundenplänen.

Auch die Schulleiter machen die Erfahrung, dass es besser ist, sich vor dem Ausrufen von Hitzefrei untereinander auszutauschen. „Das spricht sich mittlerweile auch bei der Schülerschaft der unterschiedlichen Schulen in den sozialen Netzwerken rum“, gibt Karin Moll, Rektorin der Mörike-Gemeinschaftsschule, zu bedenken. Vor einigen Tagen verbreitete sich unter ihren Schülern das Gerücht, an der Max-EythRealschule gebe es Hitzefrei. „Da habe ich nachgehakt und es ging dann aber nur um Sportunterricht, der in einzelnen Fällen ausgesetzt wurde.“

Bei körperlich anstrengenden Aktivitäten erscheinen diese Entscheidungen durchaus sinnvoll, doch nicht immer muss pauschal der Unterricht abgesagt werden. „Die Lehrkräfte können ebenfalls versuchen, ihre Stunden anders zu gestalten oder an andere Orte zu verlegen“, sagt der stellvertretende Schulamtsleiter Roland Jeck und erinnert sich an seine eigene Tätigkeit als Schulleiter an der Talschule in Waldrems. Der Unterricht könne auch mal draußen stattfinden. Karin Moll stimmt da zu. „Wir haben auch schon nachmittags eine Wasserschlacht veranstaltet, um es den Schülern so erträglich zu machen, wie es eben geht.“

Simone Otterbach von der Schillerschule freut sich aufs nächste Jahr, wenn der neue Schulgarten der Schillerschule weitere Ausweichmöglichkeiten bei heißen Temperaturen bietet.

Und an der Max-Eyth-Realschule steht den Schülern ein Wasserspender mit kostenlosem Wasser zur Verfügung. „Der wurde vom Förderverein und dem Elternbeirat gespendet und läuft im Moment auf Hochtouren“, sagt Rektor Timm Ruckaberle.