Das holotrope Atmen geht zurück auf den tschechischen Psychiater Stanislav Grof. Das griechische Wort „holos“ bedeutet „ganz“. Durch die Technik soll der Mensch in Erfahrungsbereiche eintreten, die im Alltag unzugänglich sind. Wer holotrop atmet, kann unbekannte Teile seiner Persönlichkeit bearbeiten. So die Theorie.
In der Praxis liegen an diesem Abend 20 Menschen in einem großen Raum auf Matratzen nebeneinander und röcheln. Drei Stunden geht die Sitzung. Anfangs ist es anstrengend. Einfach aufhören, entspannen, wieder „ganz normal“ atmen – die Verlockung ist groß. Irgendwann kommt der Leiter vorbei und legt seine Hand auf den Kopf. Dann, nach einer Stunde, tatsächlich: ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Ein Meer aus Gelb vor den geschlossenen Augen.
„Die Atemtechnik kann zu einer verringerten Durchblutung des Gehirns führen“, sagt Maurice Cabanis. Er ist leitender Oberarzt in der suchtmedizinischen Abteilung des Klinikums Stuttgart. Durch die veränderte Blutversorgung werde das limbische System des Hirns aktiviert, das für Erinnerungen und Emotionen zuständig ist. So können Erinnerungen oder Emotionen stärker empfunden werden. Zudem wird man häufig empfänglicher für die Zustände von Trance und Rausch – durch eine Verschiebung des Verhältnisses von Kohlensäure und Kalzium im Blut, ausgelöst durch das vermehrte Abatmen von Kohlendioxid.
Cabanis beruhigt: Gesunden wolle er den Tripp in die Welt des Rausches ohne Drogen nicht verbieten. Für Schwangere, Epileptiker, Asthmatiker und Menschen, die an Herzkreislaufstörungen und Depression leiden, sei dies ungeeignet.