Hunderte Helfer suchen Tag und Nacht

Beate Z. aus Murrhardt-Fornsbach wird seit über zwei Wochen vermisst. Die Familie wird von einem großen Kreis unterstützt. Bei der Suche nach der 54-jährigen an Demenz Erkrankten werden ganze Wälder durchkämmt, unzählige Aushänge angebracht und Flyer verteilt.

Hunderte Helfer suchen Tag und Nacht

Das Foto zeigt Beate Z. in den Kleidern, in denen sie aller Wahrscheinlichkeit nach auch zum Zeitpunkt ihres Verschwindens unterwegs war. Foto: privat

Von Christine Schick

Murrhardt. Wer in der Murrhardter Innenstadt unterwegs ist, dem begegnen an verschiedenen Stellen immer wieder Anschläge, auf denen um Mithilfe bei der Suche nach Beate Z. aus der Walterichstadt gebeten wird. Aber nicht nur dort, sondern auch im weiteren Umkreis, beispielsweise in Großerlach, Backnang oder Allmersbach im Tal finden sich die Aushänge, um nur einige Beispiele zu nennen. Die 54-Jährige wird mittlerweile seit dem 15. April, also seit mehr als zwei Wochen, vermisst. Vor dem Hintergrund, dass sich die an Demenz Erkrankte möglicherweise in einer hilflosen Lage befinden könnte, haben Polizei genauso wie die Familie, Bekannte und weitere Helfer unglaublich viel unternommen, um sie zu finden.

Wie ihr Sohn Jan Z. berichtet, habe er sich an jenem Dienstag zunächst nichts gedacht, als er seine Mutter nicht in ihrer Wohnung in Fornsbach antraf. „Es kam öfters vor, dass sie noch eine Runde spazieren oder einkaufen in Murrhardt war“, sagt er. Als sie allerdings eine Stunde später immer noch nicht zu Hause war, begann er sich Sorgen zu machen. Ein weiterer Punkt, der irritierte: Eine Handy-App, die dem Sohn anzeigt, wo sich das Smartphone der Mutter befindet, sendete kein Signal. Erste Schritte waren, ihre Laufstrecken und üblichen Einkaufswege abzufahren und bei weiteren wichtigen Bezugspersonen nachzufragen, die sie aber nicht gesehen hatten. „Ich hab dann meine Schwester alarmiert, die versucht hat, ihren Airtag zu orten.“ Dieses Gerät, etwa so groß wie ein Zwei-Euro-Stück, kann sich über Funk einloggen und so Hinweise zum aktuellen Standort geben. Da das letzte Signal in Murrhardt-Alm abgesetzt wurde, wo Beate Z. aber nicht anzutreffen war, entschlossen sich Tochter und Sohn, die Polizei zu verständigen. Die Beamten wurden sofort aktiv – am Abend suchten Hubschrauber über Fornsbach und Murrhardt nach der Vermissten, auch Polizeihunde wurden noch am Abend und am nächsten Morgen eingesetzt. „Auch eine große Gruppe von Freunden half bei der Suche, zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem Auto“, berichtet Jan Z.

Der Helferkreis wird immer größer, auch eine private Hundestaffel unterstützt

Am Folgetag gingen die Beamten und Polizeihunde einem Hinweis in Großerlach nach. Die Familie und Freunde zogen nach: „Aufgrund dieses Hinweises und der Spur der Hunde haben wir innerhalb einer Stunde einen privaten Suchtrupp aus über 200 Freunden, Bekannten und Familienangehörigen organisiert, um den angrenzenden Wald systematisch abzusuchen, jedoch wieder ohne Erfolg“, erzählt der Sohn. Das Engagement und die Unterstützung waren und sind enorm: In den Folgetagen wurden die umliegenden Wälder abgesucht, und verschiedene Gruppen verteilten Flyer zur Suche von Beate Z. in praktisch jeder Stadt zwischen Stuttgart und Nürnberg und platzierten Suchmeldungen an unzähligen Bushaltestellen. Der Hintergrund: Die Spuren führten immer wieder zu öffentlichen Verkehrsmitteln, sprich Bus und Bahn. „Wir hatten jeden Tag eine enorme Hilfe, an einem Tag fuhren 100 Autos und viele weitere Helfer durch die Städte“, erzählt Jan Z.

Mittlerweile sind über eine Whatsapp-Gruppe mehr als 800 Unterstützer zusammengekommen. Eingereiht hat sich in der ersten Woche dabei auch eine private Hundestaffel aus Freudenstadt, mit der Familie und Freunde rund sieben Stunden unterwegs waren, um Spuren zu finden oder zu bestätigen. Die Tiere und ihre Führer waren auch ein zweites Mal im Einsatz. Zudem hieß es, weiteren Hinweisen – Meldungen, dass jemand Beate Z. gesehen haben könnte, – nachzugehen beispielsweise in Mainhardt oder Glashofen.

Auch die Polizei hat immer wieder intensiv gesucht und viele Mittel ausgereizt – allein am vergangenen Freitag waren die Beamten mit einer Reiterstaffel im Wald um Fornsbach unterwegs. „Die Kollegen kommen zu Pferd auch an Stellen im Gelände, die für Fußgänger nicht zugänglich sind“, sagt Polizeisprecher Robert Silbe. Am selben Tag habe man das Gebiet großflächig mit Drohnen abgeflogen, die mit leistungsfähiger Infrarot-Technik ausgestattet sind. „Im Moment fehlt uns der entscheidende Hinweis“, sagt er zum aktuellen Stand der Suche. Weiterhin würde aber jede Meldung aufgenommen und verfolgt.

Es gab keine Anzeichen dafür, dass Beate Z. sich zu Hause nicht mehr zurechtfindet

Jan Z. muss ebenso feststellen, dass es für ihn im Moment keinen neuen Anhaltspunkt gibt. „Da meine Mutter einen Behindertenausweis hat, könnte sie mit dem Zug unterwegs sein. Auch möglich wäre, dass sie sich in den Wäldern verlaufen hat“, so seine Überlegungen. Da seine Mutter seit gut vier Jahren an Demenz erkrankt ist, vermutet er, dass sie möglicherweise in einem verwirrten Zustand war und an einen Punkt kam, an dem sie sich nicht mehr auskannte.

Gleichzeitig betont er, dass es keine Anzeichen einer Veränderung gab: „Allerdings war es auch nicht so, dass sich da etwas angebahnt hätte. In ihrer Umgebung kannte sie sich gut aus.“ Wege von ihrer Wohnung zu der ihres Freundes, bei der sie Fornsbach sozusagen durchquert hat, habe sie ohne größere Probleme gemeistert genauso wie Einkaufstouren einmal die Woche nach Murrhardt. Zwar sei es schon mal vorgekommen, dass Bekannte sie an der Bushaltestelle gesehen und mitgenommen hätten. „Aber sie kam immer nach Hause.“

Eine Ausnahme gibt es – da war Beate Z. auf Kur und hat sich zu einem Spaziergang in den Wald aufgemacht. Allerdings war dies auch eine andere, fremde Umgebung. Und der Unterschied zur aktuellen Lage: Damals war ihr Handy, das sie bei sich trägt, nicht wie jetzt ausgeschaltet. So ließ sich die 54-Jährige per besagter GPS-Handy-App der Familie telefonisch zu einem Taxi lotsen. Wer nun denkt, vielleicht gibt es ja nur eine einfache technische Hürde und das Handy muss schlichtweg angeschaltet werden, dem muss Jan Z. leider sagen, dass es seiner Mutter nicht möglich ist, das Gerät selbstständig per Pincode zu entsperren. Genauso sind mittlerweile alle auch weitläufige Familienangehörige oder Freunde, bei denen sie sein könnte, informiert.

Polizeibeamte und privates Umfeld haben alles Erdenkliche versucht. „Wir haben die Wälder bei Murrhardt, Fornsbach, Mainhardt, Wüstenrot, Großerlach und Spielberg durchkämmt oder mit dem Motorrad und Quad durchfahren“, sagt Jan Z. Nun ist er an einem Punkt angelangt, an dem er abwarten muss – auf mögliche weitere Hinweise. Den vielen Unterstützern geht es wohl ähnlich. „Sie fragen immer wieder in der Whatsapp-Gruppe nach, wie sie helfen und ob sie etwas tun können.“

Beschreibung der Vermissten

Hinweise Die vermisste Beate Z. ist zwischen 1,65 und 1,70 Meter groß und hat lange braune Haare. Sie trägt vermutlich eine schwarze Jacke mit einem Logo an der linken Schulter, dunkelblaue Jeans, weiße Schuhe sowie eine schwarze Bauchtasche.

Zeugen, die Hinweise zum Aufenthaltsort der Vermissten geben können, werden dringend gebeten, sich unter der Telefonnummer 07361/5800 bei der Kriminalpolizei zu melden.