Nach dem Kantersieg im zweiten Wahlgang kommt Maximilian Friedrich mit viel Rückenwind nach Backnang. Wann der 34-Jährige sein neues Amt im Rathaus antreten wird, ist momentan allerdings noch unklar. Foto: A. Becher
Von Kornelius Fritz
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem deutlichen Wahlsieg. Normalerweise würde man nach so einem Erfolg ausgiebig feiern. Aber das ist Moment ja eher schwierig. Wie haben Sie den Wahlabend verbracht?
Direkt nach Bekanntgabe des Ergebnisses gab es vor dem Bürgerhaus mit viel Abstand noch einen kleinen Ständerling im allerengsten Kreis, danach sind wir heimgefahren und haben den Abend mit der Familie gemütlich ausklingen lassen. Geschlafen habe ich ganz gut, aber kurz: Es waren so viele Eindrücke, dass ich, lange bevor der Wecker geklingelt hat, schon wieder wach war.
Vor zwei Wochen haben Ihnen nur 137 Stimmen zum Sieg gefehlt. Sind Sie im Rückblick froh, dass es noch einen zweiten Wahlgang gab und Sie nun nicht nur 50 Prozent, sondern mehr als 80 Prozent der Wählerinnen und Wähler hinter sich haben?
In solchen Kategorien habe ich nie gedacht. Ich habe immer versucht, möglichst viele Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. Klar, die zwei Wochen vor dem zweiten Wahlgang waren noch ein weiterer Kraftakt, doch für das Ergebnis bin ich sehr, sehr dankbar. Es ist ein riesiger Vertrauensvorschuss und der verleiht mir natürlich Rückenwind.
Wissen Sie schon, wann Sie Ihr neues Amt im Backnanger Rathaus antreten werden?
Nein, das kann ich im Moment noch nicht sagen. Das hängt von einigen Umständen ab. Die erste Frage ist: Gibt es Einsprüche zur Wahl oder gibt es keine Einsprüche? Und dann will ich ja auch die Übergabe in Berglen gut organisieren. Dazu möchte ich auch noch mal das Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden suchen. Aber ich verstehe natürlich den Wunsch und die Erwartungshaltung, möglichst zeitnah in Backnang loszulegen und ich fiebere der neuen Aufgabe auch entgegen.
Sie haben mit Ihrer Frau und den Schwiegereltern in Berglen-Bretzenacker ein Haus gebaut. Werden Sie nun nach Backnang ziehen?
Dass wir nach Backnang umziehen werden, ist ganz klar, wir müssen aber natürlich erst mal ein geeigneteres Objekt suchen und finden. Bis dahin werde ich von Berglen pendeln. Das ist aber auch kein Problem: Von unserem Haus zum Rathaus in Backnang sind es ziemlich genau 20 Minuten.
Für ein so gutes Wahlergebnis müssen Sie ein sehr breites Wählerspektrum angesprochen haben, von konservativ bis grün. Es allen, die Sie gewählt haben, recht zu machen, dürfte da nicht einfach werden.
Das ist aber auch gar nicht die Aufgabe eines Bürgermeisters oder eines Oberbürgermeisters. Man kann es niemals allen recht machen in einem solchen Amt, sondern es geht immer darum, das Allgemeinwohl im Blick zu behalten. Ich denke, das Ergebnis bestätigt, dass ich große Schnittmengen habe und dass mein überparteiliches Angebot auf viel Zuspruch gestoßen ist.
Erster Bürgermeister Janocha hat bei der Einbringung des Haushalts im Herbst gesagt, für neue Wünsche gebe es auf absehbare Zeit keinen finanziellen Spielraum. Heißt das, Sie müssen sich vorerst damit begnügen, das Erbe Ihres Vorgängers zu verwalten?
Natürlich ist es am Anfang so, dass es erst mal gilt, die Aufgaben fortzuführen, es sind ja auch noch einige Projekte in der Pipeline. In so einem Amt gibt es aber immer Gestaltungsmöglichkeiten. Es gibt ja auch Aufgaben, die gar nicht rein monetär zu bewerten sind, sondern organisatorisch. Im Übrigen ist Haushaltskonsolidierung kein Thema, das mir fremd ist. Berglen hat zwar in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet, ist von seiner Struktur her aber eher finanzschwach. Ich bin es also gewohnt, Prioritäten zu setzen.
Sie haben im Wahlkampf unzählige Gespräche geführt und zahlreiche Wünsche aus der Bürgerschaft entgegengenommen. Bringen Sie an Ihrem ersten Arbeitstag schon eine lange To-do-Liste ins Rathaus mit?
Das Programm, das ich erarbeitet habe, war kein Soloprogramm, sondern hat auf ganz vielen dieser Gespräche aufgebaut. Gleich zu Beginn des Wahlkampfs habe ich ja eine Bürgerumfrage gemacht: Auf Postkarten und digital habe ich ziemlich genau 500 Rückmeldungen erhalten. Aber dieses Programm ist natürlich keines, das man in sechs Wochen oder drei Monaten abarbeiten kann, sondern das bietet sicherlich Stoff für mehrere Jahre.
Gibt es ein Thema, was Sie mit besonderer Priorität angehen wollen?
Die lebendige Innenstadt ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Da will ich mich mit ganzer Kraft reinknien. Auch das Thema Verkehrskonzept finde ich sehr spannend. Und dann bin ich ja selber auch junger Familienvater und möchte, dass meine Tochter, wenn sie später mal in die Kita oder in die Schule geht, sehr, sehr gute Rahmenbedingungen vorfindet. Davon abgesehen will ich ein sehr bürgernaher Oberbürgermeister sein. Ich möchte immer greifbar und ansprechbar sein.
Mit Ihrer Ankündigung, Backnang bis 2035 klimaneutral zu machen, haben Sie auch viele grüne Wählerstimmen gewonnen. In der Vergangenheit war Backnang bei diesem Thema nicht gerade Vorreiter. Wie wollen Sie diesen Rückstand in so kurzer Zeit aufholen?
Man muss diese Aufgabe strukturiert angehen: Wir brauchen ein Konzept, in dem wir auch Prioritäten festlegen. Meine Zielsetzung ist es, pragmatisch vorzugehen und dort als Erstes zu handeln, wo es Win-win-Situationen gibt, wir also nicht nur CO2 einsparen, sondern auch die Folgekosten für den städtischen Haushalt reduzieren.
Ihr Vorgänger Frank Nopper war und ist in Backnang sehr beliebt. Müssen Sie befürchten, ab sofort immer und überall mit ihm verglichen zu werden?
Ich würde das gar nicht als Befürchtung sehen. Frank Nopper ist beliebt und er hat in den 19 Jahren seiner Amtszeit wirklich viel für Backnang erreicht. Insbesondere war er auch sehr bürgernah und hat die Stadt mit Charme und Verve nach außen vertreten. Das sind Dinge, die ich gerne fortsetzen würde. Dennoch gibt es einige Aufgaben, die es jetzt anzupacken gilt, und da freue ich mich drauf.
Legendär waren vor allem Noppers launige Reden, etwa bei der Straßenfesteröffnung. Werden Sie vor Ihrem Amtsantritt noch ein Comedy-Seminar belegen?
Mir ist bewusst, dass ich kein zweiter Thomas Gottschalk bin. Ich werde immer der bleiben, der ich bin, denn ich glaube, Authentizität ist etwas ganz Wichtiges. Ein Comedy-Seminar werde ich deshalb ganz sicher nicht belegen, aber das Leben besteht aus lebenslangem Lernen, und meine Gemeinderäte haben mir ja bereits bescheinigt, dass ich, was das Thema Lockerheit angeht, in den neun Jahren in Berglen schon zugelegt habe. Das wird sicher ein Punkt sein, an dem ich auch weiter arbeiten werde.