Kaffeehaus belebt das ehemalige Rilke

Die Marktstraße 44 steht seit dieser Woche nicht mehr leer. Das Winnender Ehepaar Schubert verkauft im Explorer Coffee Kaffee aus eigener Röstung. Wenn die Gastronomie wieder öffnen darf, soll auch ein Café seinen Betrieb aufnehmen.

Kaffeehaus belebt das ehemalige Rilke

Kaffee in über 30 verschiedenen Sorten und Beratung durch Cindy Schubert und ihr Team: Das finden die Kunden im Erdgeschoss. Sobald die Gastronomie wieder öffnen kann, soll das Café mit Frühstücksangebot, Mittagstisch, Kaffee und Kuchen seinen Betrieb aufnehmen. Foto: A. Becher

Von Nicola Scharpf

BACKNANG. Rund anderthalb Jahre stand das Gebäude in der Marktstraße 44 leer, nachdem das Segenswerk im Oktober 2019 Insolvenz angemeldet und seine Türen für die Gäste geschlossen hatte. Seit dieser Woche ist wieder Leben im Haus – im wahrsten Wortsinn, dreht sich bei Explorer Coffee doch fast alles um das belebende Getränk Kaffee. Cindy und Christoph Schubert haben bisher zehn Jahre lang ein Ladengeschäft in der Winnender Markthalle betrieben. Weil dort der Mietvertrag ausgelaufen ist, waren sie auf der Suche nach etwas Größerem und haben nun eine Filiale mit Café in Backnang eröffnet. Der im Kaffeehaus verkaufte Kaffee stammt aus der eigenen, seit 2004 betriebenen Rösterei in Winnenden-Höfen, wo im Monat drei bis vier Tonnen Bohnen geröstet werden.

Der ursprüngliche Gedanke der Schuberts war, Café, Rösterei und Laden in einem Gebäude zu betreiben, was sich nicht umsetzen ließ. Im Zusammenhang mit einem anderen Projekt nahm das Ehepaar Kontakt zur Wirtschaftsförderung der Stadt Backnang auf. Die wiederum schlug das Gebäude des ehemaligen Café Rilke für die Schubert’schen Kaffeehauspläne vor und vermittelte den Kontakt zu Eigentümerin Claudia Bernhard. Cindy Schubert war und ist begeistert: „Es ist eigentlich perfekt für uns. Das Gebäude ist optisch toll. Es steht wie auf einer Insel und hat eine richtig schöne Lage. Vom Balkon aus hat man einen tollen Blick.“ Seit November haben die Schuberts die Räumlichkeiten renoviert und mit neuem Mobiliar ausgestattet. Während die Handelsfläche im unteren Bereich bereits geöffnet hat, wartet das Café im oberen Geschoss noch auf das Ende der coronabedingten Schließung der Gastronomie. Wenn das Café öffnen darf, soll es Frühstück, Mittagstisch, ein Snackangebot mit Kleinigkeiten wie zum Beispiel Quiche oder Couscoussalat sowie Kaffee und selbst gebackene Kuchen und Torten geben.

Neben Christoph Schubert, der seit bald 30 Jahren beruflich in der Kaffeewelt unterwegs und für die Rösterei verantwortlich ist, und Cindy Schubert, die in Café und Laden die Chefin ist, gehören eine Tee-Expertin, eine zertifizierte Barista und eine Konditorin zum fünfköpfigen Team, das bereits in Winnenden in dieser Konstellation zusammengearbeitet hat. „Wir hoffen, dass uns die Backnanger gut annehmen“, sagt Cindy Schubert.

„Ich habe das Gefühl, das sind zwei sehr Kompetente und Erfahrene.“

Vermieterin Claudia Bernhard hat daran keine Zweifel, spricht von einem runden Konzept und einer unkomplizierten, vertrauensvollen Basis zu den neuen Mietern. Einen Vorteil sieht sie darin, dass sich die Schuberts nicht neu etablieren müssen, sondern bereits Kunden mitbringen. „Ich habe das Gefühl, das sind zwei sehr Kompetente, Erfahrene und Professionelle. Ich bin ohne Sorge, echt zuversichtlich, dass sie an die Qualität anknüpfen können, und ganz im Glück.“ Das Glück war in der Vergangenheit nicht immer auf Bernhards Seite: Das Kaffeehaus Explorer Coffee ist das dritte gastronomische Konzept und der dritte Betreiber innerhalb von fünf Jahren in der Marktstraße 44. Bis Ende 2016 haben Sternekoch Philipp Eberhard und Konditormeisterin Sara Bernhard darin das Café Rilke mit der Kerzenstube geführt. Nachdem sie nach Düsseldorf gegangen waren, stand das Gebäude bis Juni 2018 leer, als das Segenswerk mit seinem Konzept, schwäbische Klassiker zu erschwinglichen Preisen anzubieten, eröffnete. Anhaltend erfolgreich waren die Betreiber damit nicht. Vielmehr wurde wohl von Anfang an defizitär gearbeitet, wie der Insolvenzverwalter im Zuge der Lokalschließung im Oktober 2019 sagte. Die Vermieterin glaubt, dass diese Vorgeschichte für manchen Interessenten vielleicht eine Hemmschwelle gewesen ist. Die innerfamiliäre Zusammenarbeit der Schuberts, Bernhards Wunschkandidat unter den Bewerbern, vergleicht sie mit jener, die sie im Rilke mit ihrer Tochter Sara hatte. „Es ist toll, dass sie es beide machen. Dann ist immer jemand da, auf den man sich verlassen kann.“

Das momentane Kaffeeangebot im Explorer Coffee umfasst 36 Sorten. Die Kaffeerösterei Schubert, Mitglied in der Deutschen Röstergilde, verarbeitet nach eigenen Angaben nur Rohprodukte aus Spitzenqualität, aus nachhaltigem Anbau sowie von Produzenten, die sie beim Namen kennt. Zu den ökologischen Anbauprinzipien gehört, dass die Produzenten Kalk als Sonnenschutz verwenden, selbst kompostieren, ausschließlich Regen oder Quellwasser zur Bewässerung nutzen und die Kaffeekirschen nur händisch ernten. Die Kaffeerösterei begleitet seit Langem direkt ein soziales Projekt in Äthiopien, so Cindy Schubert.