Klassische Musik mit Klamauk inszeniert

Die Microband beim Sommerpalast Murrhardt zu Gast – Publikum ist begeistert vom Auftaktprogramm

Viele bekannte Melodien, rasante Musikcomedy und zwei virtuose Musiker: Mit dieser Mischung eröffnete die Microband aus Italien den diesjährigen Sommerpalast im Murrhardter Stadtgarten. Der Gitarrist Luca Domenicali und der Geiger Danilo Maggio begeisterten das Publikum mit ihrem Programm „Klassik für Dummies“.

Klassische Musik mit Klamauk inszeniert

Luca Domenicali (links) und Danilo Maggio bilden zusammen das Comedy-Duo Microband und zeigen, dass Klassik auch lustig ist. Foto: A. Becher

Von Annette Hohnerlein

MURRHARDT. Wer sagt denn, dass man eine Gitarre nur alleine spielen kann? Und wo steht geschrieben, dass eine Geige unters Kinn geklemmt gehört? Der Gitarrist Luca Domenicali und der Geiger Danilo Maggio bilden zusammen das Comedy-Duo Microband und zeigen: Klassik geht auch lustig.

Konventionell ist an diesem Abend nur die Kleidung der Künstler: Schwarzer Frack, weiße Fliege, so betreten die beiden Musiker die Bühne. Dann folgt eine atemberaubende Show, bei der den beiden nichts heilig ist, weder die klassische Musik noch ihre Instrumente und schon gar nicht sie selbst.

Die Saiten streicht der Musiker

mit einem Schnürsenkel

Danilo Maggio etwa spielt seine Geige mit Vorliebe senkrecht auf den Knien aufgesetzt. Die Saiten streicht er nicht nur mit dem Bogen, auch ein Kamm, eine Säge, ein Schnürsenkel und eine von zwei Zuhörern gespannte Schnur kommen zum Einsatz. Selbst dem Geigenkasten, dieses Mal ganz konventionell unters Kinn geklemmt, entlockt der Meister breit grinsend ein paar Töne. Als bei einer Auseinandersetzung mit seinem Kollegen die Geige in zwei Teile auseinanderfällt, spielt er mit einer Hälfte weiter. Dabei ist er ständig in Bewegung, gestikuliert wild, rauft sich die langen weißen Haare und verzieht sein Gesicht nach allen Richtungen. Gitarrist Luca Domenicali ist der ruhigere der beiden Duopartner. Wobei man eigentlich von Duogegnern reden müsste, denn die beiden liegen in einem permanenten Kampf um die musikalische Oberhand, die Instrumente und die Aufmerksamkeit des Publikums. Ständig versucht der Gitarrist, seinen ausgeflippten Kollegen zu bändigen und „ordentlich“ Musik zu machen. Immer wieder spielt er die ersten Takte einer sentimentalen Gitarrenmelodie, immer wieder wird sein Bemühen um seriöses Musizieren von dem Kobold an seiner Seite zunichtegemacht. Manchmal muss er sogar sein Instrument mit ihm teilen. Zwei Hände spielen auf dem Gitarrenhals, zwei Hände zupfen. Eine Gitarre kann man auch vierhändig spielen, lernt der Zuschauer. Das Ergebnis lässt sich durchaus hören.

Auch an Blockflöten vergreifen sich die beiden Multitalente. Diese werden aber nicht mit dem Mund geblasen, sondern an einem Nasenloch angesetzt, das andere wird verschlossen. Auf diese Weise erklingen Motive aus einem Flötenkonzert, das sich der Komponist Georg Friedrich Händel sicher nicht so vorgestellt hat. Auch ein Thema aus einer Kantate von Johann Sebastian Bach arrangieren die Musiker auf ihre Weise. Sie spielen auf vier Blockflöten und wechseln sich dabei im Sekundentakt ab – eine beeindruckende Koordinationsleistung. Beim „Bolero“ von Maurice Ravel stellen die beiden Musiker ihre Multitasking-Fähigkeiten erneut unter Beweis. Den Rhythmus liefern zwei Rasseln, deren Griffe aus kleinen Flöten bestehen, die die Melodie spielen. Diese werden nicht mit dem Mund geblasen, sondern der Luftstrom kommt über einen Schlauch aus einem aufgeblasenen Luftballon – ein Do-it-yourself-Dudelsack. Die Faszination der Darbietung resultiert aber nicht nur aus den kuriosen Ideen und dem musikalischen Können. Die beiden Italiener sind auch begnadete Schauspieler. Wenn Luca Domenicali vorwurfsvoll die Augenbrauen hochzieht, wenn Danilo Maggio mit dem allerbreitesten Grinsen die unmöglichsten Dinge tut, wenn sich die beiden beim Musizieren verrenken und gegenseitig malträtieren, dann bleibt kein Auge trocken. Am Ende erklatschten sich die begeisterten Zuhörer drei Zugaben und ließen den Sommerabend im romantischen Ambiente des Stadtgartens ausklingen.