Letzte Arbeiten fürs Klimacamp auf dem Willy-Brandt-Platz im Biegel. Foto: A. Becher
Von Florian Muhl
Backnang. Besuch beim Klimacamp in Backnang. Die Aktivisten sind unter sich. Auch als gestern Nachmittag der Vortrag mit Workshop zum Thema „Klimagerechtigkeit und Klassismus“ vom Weltladen Schorndorf beginnen soll, hat sich noch kein Interessent auf dem Willy-Brandt-Platz im Biegel eingefunden. Während zwei Helferinnen damit beschäftigt sind, noch ein großes Transparent farbig zu beschreiben und letzte Flyer auf einem Infotisch zu verteilen, blicken die beiden Verantwortlichen Clara Pretterebner und Paul Harm aus der Orga-Gruppe von Fridays for Future Backnang optimistisch auf die beiden bevorstehenden Veranstaltungstage. Insgesamt sind sie zu fünft im Orga-Team.
„Eines unserer zentralen Themen ist, das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass auch bei der Bundestagswahl das Klima berücksichtigt werden muss. Die nächste Bundesregierung ist nämlich die letzte, die noch etwas am Klimawandel ändern kann“, sagt Clara Pretterebner zu den Gründen, warum sie sich bei der Bewegung Fridays for Future engagiert und dieses Camp mit organisiert. Und Paul Harm präzisiert: „Die nächste Bundesregierung ist die letzte, die das Klimaabkommen von Paris, das die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius beschränken soll, einhalten kann.“
Inge Gräßle, Tim Schwab, Annette Keles und Aya Krkoutli wollen kommen
„Und weil die Bundestagswahl in drei Wochen deshalb so wichtig ist, setzen wir unsere Podiumsdiskussion ins Zentrum unserer Veranstaltung“, sagt Pretterebner. Wie die 17-Jährige weiter erklärt, habe das Orga-Team alle Kandidaten des Backnanger Wahlkreises angeschrieben und zur Veranstaltung am heutigen Samstag um 18 Uhr eingeladen, „bis auf die AfD“. Zugesagt haben bereits die Kandidaten Inge Gräßle (CDU), Tim Schwab (SPD) und Annette Keles (Linke). Ricarda Lang (Grüne) kann nicht selbst kommen, sondern lässt sich vertreten von der Landessprecherin der Grünen Jugend Aya Krkoutli. David Hamm (FDP) habe auf die Einladung noch nicht geantwortet.
Die beiden Organisatoren werden die Podiumsdiskussion leiten. Das Duo hat sich bereits viele Fragen ausgedacht, und zwar zu den Themen Verkehr und Energie sowie Wohnen, Bildung und Landwirtschaft. Clara Pretterebner bedauert, dass sie mit ihren 17 Jahren noch nicht wählen darf. Sie will sich für ein Wahlrecht ab 16 einsetzen. Mit seinen 18 Jahren darf Paul Harm indes ein Kreuzchen machen. Der Schüler des Max-Born-Gymnasiums weiß bereits, welche Partei er wählen wird. „Aber das kann sich bei der Podiumsdiskussion noch ändern“, fügt er schmunzelnd noch an.
Dass das Interesse der Bevölkerung am Klimacamp beim Pressetermin gegen null tendiert, bedauern die beiden engagierten jungen Leute. Ihre Erklärungsversuche: „Backnang ist natürlich ein bisschen konservativer als andere Städte und nicht vergleichbar mit Stuttgart, Berlin oder Hamburg“, sagt Harm. Und Pretterebner meint: „In einer kleineren Stadt ist es allgemein schwieriger, viele Leute zu mobilisieren und für eine Aktion zu gewinnen.“ Beide verweisen auf den Vormittag, als sie das Camp aufgebaut haben. Da hätten sie an interessierte Bürger Flyer verteilt und es hätten sich teilweise gute Gespräche ergeben. Unterstützt werden sie auch von der benachbarten Musicbar „Das Wohnzimmer“, die beispielsweise kostenlos Strom zu Verfügung stellt.
Inzwischen ist auch die Referentin Theresa Fritz eingetroffen, die den Workshop zur Klimagerechtigkeit halten will. Die 26-Jährige, die in Backnang geboren und in Murrhardt aufgewachsen ist, dann in der Welt unterwegs war, wie sie sagt, ist jetzt beim Weltladen in Schorndorf als Bildungsreferentin für Bildung für Nachhaltigkeit angestellt. „Wir arbeiten beim Workshop immer mit informellen Lernmethoden, das heißt, nicht mit dem klassischen Frontalunterricht, sondern sehr interaktiv“, erklärt Fritz. Die riesige Weltkarte, die sie dazu verwendet, hat sie bereits auf dem Pflaster ausgerollt. Mit deren Hilfe könne sie sehr gut auf die globale Perspektive der Klimakrise eingehen. Sie geht auf die CO2-Verursacher ein und geht die Thematik mit Rollenspielen an. Die Teilnehmer schlüpfen beispielsweise in die Rolle eines Bananenbauern in Ecuador und erfahren, wie es ist, vom Klimawandel betroffen zu sein.