Zwei Stuttgarter Büros sind unter den Gewinnern des „Best of Interior“-Preises, bei dem 50 gelungene Innenarchitektur-Konzepte auswählt wurden. Und das hat die Jury an den Interieurs überzeugt.
Das von der Stuttgarter Ippolito Fleitz Group schick umgebaute Wohnhaus in schönster Lage in Stuttgart wurde unter die 50 gelungensten Wohnkonzepte des „Best of Interior 2022“-Preises gewählt – nachzulesen im gleichnamigen Buch, das im Callwey Verlag erschienen ist. Weitere Preisträger aus Stuttgart finden sich in der Bildergalerie.
Von Nicole Golombek
Auch weil in manchen Gegenden Grundstücke rar oder teuer sind, kaufen Menschen immer häufiger in die Jahre gekommene Objekte. Wer es sich leisten kann, lässt sie von Architekten und Innenarchitekten umbauen. Was für großartige Ergebnisse dabei herauskommen können, ist in dem Buch „Best of Interior 2022“ zu sehen.
Jährlich kürt eine Jury die „50 besten Wohnkonzepte“ – vom kleinen Apartment über das industriell charmante Loft bis zur großzügigen Villa, vom minimalistisch ruhigen Stil bis zu sinnlich opulenten Interieurs.
„Unter dem geschulten Blick werden tote Nischen zu heimeligen Rückzugsorten oder funktionalem Stauraum, tageslicht-arme Räume mittels Wanddurchbrüchen von Helligkeit durchflutet und vormals uncharmante Grundrisse erhalten ein cleveres Make-over, welches die Nutzung der Fläche immens erweitert“, schreibt Ute Laatz in ihrem Vorwort zum Buch.
Und die Designerin Gesa Hansen skizziert in einem Essay ihre Sicht auf gelungene Innenarchitektur, nämlich ein auf die Bedürfnisse der Bewohner zugeschnittenes Konzept, gern auch versehen mit Vintagestücken. Der Blick in die Wohnungen und Häuser zeigt, um ein heimelige Atmosphäre zu schaffen, muss nicht alles perfekt sein.
Hansen lobt Projekte, wenn „die Arbeit mit lokalen, echten Materialien, sich in der unmittelbaren Umgebung des Projektes finden, anstatt exotisches Holz von weit her einfliegen zu lassen. Nichts ist meiner Meinung nach schlimmer als ein völlig entwurzeltes Interior, das nichts mehr mit seiner Umgebung gemein hat.“
Einfamilienhaus in Stuttgart
Auch Projekte aus Stuttgart sind darunter, die zeigen, wie man mit dem klugen Einsatz von Licht, Farben und Materialien schöne Heime gestaltet: Projektleiter Markus Schmidt vom Architekturbüro von Peter Ippolito und Gunter Fleitz Ippolito Fleitz Group hat mit seinem Team das farblich mutige Interieur für den Umbau eines großzügigen Einfamilienhauses in bester Stuttgarter Hanglage entworfen. „Nicht überladen, doch absolut wohnlich und einladend war unser Credo“, sagt Projektleiter Markus Schmidt. „Das ist ihm und seinem Team mit einer Palette aus weichen Farbtönen, haptisch schönen Texturen und sorgfältiger Handwerksarbeit gelungen“, bestätigt die Jury.
Von Jutta Blocher von Blocher Partners aus Stuttgart stammt ein luftig helles Ferienhaus mit Blick auf einen See und „einladender Ferienstimmung“. Natürliche Materialien, dezente Farbigkeit und viel Licht, damit beeindruckt das Gebäude – eine Sauna gibt’s auch noch. Jutta Blochers Büro realisierte den Bau und die Innenarchitektur für den am Ufer gelegenen idyllischen Rückzugsort für eine Familie, bei dem auch schon an die Zukunft gedacht wurde, falls die Kinder das Objekt übernehmen. Das Haus mit seinen 275 Quadratmetern lässt sich in zwei separate Wohneinheiten aufteilen.
Auf den ersten Platz schaffte es Hannes Peer mit dem Umbau einer Wohnung in Mailand in ein behaglich offenes Wohlfühlparadies. Die Jury lobte dabei den mutigen Materialmix, darunter im Eingangsbereich Wandvertäfelungen aus mit Mahagoni-Pigmenten behandeltem Birkenholz und einem großzügigen Wohn- Essbereich in warmen Brauntönen.
„Sofort einziehen“ würde sie in das von Studio Oink in ruhigen Pastellfarben gestaltete Heim für eine junge Familie in New York, befand Jurymitglied Ester Bruzkus, die im vergangenen Jahr den ersten Preis für ihre Gestaltung eines Apartments in Berlin gewonnen hatte. Die Architektin und Innenarchitektin sagt: „Studio Oink hat bei diesem Projekt gezeigt, dass eine smarte Planung eine enge, dunkle, kleine Wohnfläche in einen hellen, großzügigen, leichten Wohnraum verwandeln kann.“
Unter den Anerkennungs-Preisen ist ein Apartment-Projekt mit japanischem Teepavillon mit Tatami-Matten – mitten in Berlin. Gestaltet wurde es von Charlotte Wiessner von Carlo Berlin Architektur. Die Bauherrschaft hatte einige Zeit in Japan gelebt, daher diese ungewöhnliche Gestaltungsidee.
Anregungen für schönes Wohnen
Auch bei der Sanierung eines alten Bauernhofes in Bayern waren die Bauherren am Umbauprozess interessiert, berichten Elias Kronberger und Josef Eham: „Den Kunden war die Materialwahl so wichtig, dass die Bemusterung der Böden barfuß stattfand.“
Zwar sind manche Neu- und Umbauten sehr aufwändig, mit Einbauten vom Schreiner, mit hochwertigen Materialien und Designerstücken. Doch auch wer selber renoviert findet bei den in Text und Bild präsentierten Beispielen viele gute Anregungen.
Info
Das Buch Ute Laatz, Gesa Hansen: Best of Interior 2022. Callwey-Verlag, München. 296 Seiten, 59,95 Euro. www.callwey.de
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Klare Formen, aufeinander abgestimmte Farbtöne und ein als Medizinball getarnter Hocker – das Wohnzimmer mit Blick auf Stuttgart.
Gleißendes Weiß und dunkle Töne im Badezimmer.
Wohnraum mit Aussicht. Behaglich wirkende Stoffe treffen auf kubusförmige Hocker und kühlen Sichtbeton in dem von Innenarchitektin Jutta Blocher von Blocher Partners in Stuttgart gestalteten Ferienhaus an einem See.
Ein luftiges Wohngefühl – geschaffen durch Offenheit bis unter den Giebel.
Bodentiefe Fenster und Schiebetüren finden sich hier auch im Essbereich.
Der erste Preis des „Best of Interior 2022“ ging an Hannes Peer, der diese Wohnung in Mailand gestaltet hat. „Wie ein Dramaturg orchestriert der in Mailand ansässige Hannes Peer Räume“, lobte die Jury: „In seinen Interieurs überlagern sich historische und zeitgenössische Einrichtungsstile, die den Projekten eine nostalgische Magie verleihen.“
Die Küche mit poliertem Messing und rotem Marmor hat der Architekt selbst entworfen. Hannes Peer hat der Wohnung in dem Haus, das aus der Art Déco Zeit stammt, aber in den 1980ern kaputt renoviert wurde, zu neuem Glanz verholfen, . . .
. . . mit einem mutigen Materialmix und fein aufeinander abgestimmten Farbtönen. Der große Loungebereich wird durch ein offenes Regalsystem zoniert.
Eine Anerkennung ging an Studio Oink und dieses Wohnhaus für eine dreiköpfuge Familie in New York. Zarte Pastelltöne in der Küche . . .
. . . wie im Arbeitsbereich. Vor dem Fenster im Flur ist mit einer eigens angepassten Konsole ein schicker Home-Office-Platz mit Aussicht entstanden.
Carlo Berlin Architektur erhielt auch eine Anerkennung für die mit fernöstlichen Anspielungen gestaltete Wohnung in der deutschen Hauptstadt samt Teepavillon mit Tatami-Matten und maßgefertigten Einbauten.
Asketische Ruhe in der Küche mit Sitzbank und dunklen Holzfronten.
Anerkennung Nummer vier geht an EHAM für den Umbau eines 250 Jahre alten Bauernhauses in Bayern. Alte Elemente wurden mit neuen Einbauten kombiniert. . . .
Blick in die großzügige Wohnstube. „Der größte Umweltnutzen entsteht aus der Aufwertung der jahrhundertalten Gebäudehülle. Jeder Bau bindet graue Energie. Wird er abgerissen, sind seine Ressourcen verloren. Der Hof zeigt jedoch par excellence, dass ein gut geplantes Haus lange über seinen ursprünglichen Lebenszyklus hinaus seinen Wert behalten kann“, lobt die Jury.
So sieht ein preisgekröntes Draußenwohnzimmer aus. Eine der vier Anerkennungen ging an Georg Kayser Studio . . .
. . . für die Gestaltung einer großzügig offenen 90-Quadratmeter-Wohnung über den Dächern von Barcelona. „Überzeugt haben die Wahrung des Bestandes und das authentische spanische Flair“, lobt die Jury, sowie kluge Einbauten und handwerklich feine Arbeiten.
Knallrote Treppe trifft auf zurückhaltendes Home-Office: Loftumbau von Jochen Reetz vom Büro DIIIP in einem ehemaligen Speichergebäude am Rheinauhafen in Köln. Annika Feuss, die Fotografin dieses Objekts, erhielt den diesjährigen Fotografie-Preis.
Die Fotos sind diesem lesenswerten Buch entnommen: Ute Laatz, Gesa Hansen: Best of Interior – Die schönsten Wohnkonzepte 2022. Callwey Verlag, 296 Seiten, 59,95 Euro.
Nicht leicht, mit solch einer grandiosen Aussicht auf 1000 Metern Höhe zu konkurrieren. Architekt Klaus Landerl von Arkform hat eingesichtsloses Gebäude aus den 1970er-Jahren in Österreich mit viel heimischem Holz und Stein in ein charmantes Domizil umgewandelt.
Ein besonders auffälliges Möbelstück wie dieses Sofa darf einen ansonsten dezent gestalteten Raum dominieren. Die Gestaltung des Hauses am Starnberger See stammt von Stephanie Thatenhorst aus München.
Manchmal kann man den Boden akzentuieren und mit drei Farben auskommen – das wertet auch eine kleine Küche auf. Gestaltung einer Altbauwohnung in Berlin von Kristin Engel.