Der Mönchhof wird nur noch bis Ende dieses Monats mit Geflüchteten belegt. Danach soll er wieder für Schulklassen geöffnet sein. Foto: Landesdenkmalamt
Von Bernhard Romanowski
Rems-Murr. „Wir wissen nicht, wie viele Menschen aus der Ukraine kommen, die wir aufnehmen müssen. Aber das Maß an Hilfsbereitschaft im Landkreis geht nicht zurück“, so schilderte Landrat Richard Sigel den Kreispolitikern am Montag in der Auenwaldhalle den Status quo angesichts der Ereignisse in Osteuropa. Im Kreistag lieferte Sigel einen Bericht über die Bemühungen zur Unterbringung der Geflüchteten. Es gebe zurzeit sehr viele private Angebote für entsprechende Wohnungen. Parallel dazu laufen die Bemühungen des Rems-Murr-Kreises und seiner Kommunen, die Leute unterzubringen und möglichst schnell in Wohnungen zu verteilen. „Da ist gerade Vollgas auf allen Ebenen angesagt, um die Situation gemeinsam zu bewältigen“, verdeutlichte Landrat Sigel in der Kreistagssitzung.
Man könne momentan nur mit Prognosen arbeiten, so der Kreischef: „Es sind noch keine hohen Zahlen zu verzeichnen. Diese werden aber Woche für Woche angekündigt. Wir müssen gut vorbereitet sein, ohne den Aufwand zu übertreiben.“ Um für alle Eventualitäten und einen möglicherweise großen Ansturm an Menschen vorbereitet zu sein, war Mitte März das Schullandheim Mönchhof in der Gemeinde Kaisersbach als Ankunftszentrum des Landkreises mit 114 Plätzen in Betrieb gegangen. Bislang wurden dort 163 Personen aufgenommen. 129 davon konnten in eine private Unterkunft vermittelt werden, wie die Kreispolitiker von Sigel erfuhren.
Der Mönchhof wird indessen nur noch bis Ende dieses Monats mit Geflüchteten belegt. Danach soll er wieder für Schulklassen geöffnet sein. Als Schullandheim sei die Einrichtung bereits ausgebucht, wie der Landrat mitteilte. Es sei den Schülern nur zu gönnen, da sie coronabedingt lange auf solche Angebote hätten verzichten müssen, so Sigel. Um den Wegfall des Mönchhofs zu kompensieren, hat gestern ein neues Ankunftszentrum in der BBW-Halle in Waiblingen den Betrieb aufgenommen. Es bietet Platz für bis zu 120 Personen und bietet unter anderem „Kojen für möglichst viel Privatsphäre“, wie die Landkreisverwaltung schreibt.
Zudem ist seit gestern die Brühlhalle in Schorndorf-Schornbach mit 63 Plätzen als Ankunftszentrum in Betrieb gegangen. Die Festhalle in Fellbach-Schmiden war als solches schon seit dem 23. März einsatzbereit und wird mit ihren 44 Plätzen noch bis zum 19. April verfügbar sein. Die Kreisverwaltung ist gerade in der Abstimmung mit den Verantwortlichen, um Hotels und Gewerbeflächen als Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine zu nutzen. Gemäß dem Königsteiner Schlüssel, der die Verteilung der Flüchtlinge regelt, kommen rund 0,5 Prozent der Flüchtlinge in den Rems-Murr-Kreis. Bei derzeit 295000 Geflüchteten entspricht dies 1475 Personen, die hier unterzubringen sind. Aber, wie der Landrat am Montag auch noch einmal betonte: „Es herrscht eine sehr hohe Dynamik. Deshalb sind deutlich höhere Zahlen durchaus realistisch. Das ist nur im Miteinander als kommunale Familie in unserem Landkreis leistbar.“
Einladung Als geradezu „unerträglich“ geißelte Landrat Richard Sigel am Montag im Kreistag die Rückantwort der Verwaltungsspitze des Stadtbezirks Dmitrow der Region Moskau, dem Partnerkreis des Rems-Murr-Kreises. Auf deren Zusage zu einer Einladung in den schwäbischen Landkreis hatte der Landrat vor einiger Zeit erwidert, dass man angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine vorläufig keine Delegation aus Dmitrow empfangen werde (wir berichteten). In dem jüngsten Brief aus Russland ist unter anderem die Rede davon, dass man in Deutschland eine einseitige Sicht auf die Vorgänge in der Ukraine habe.
Massenmedien In dem Schreiben der Russen heißt es zum Beispiel: „Wir wollen die schnellste Beilegung des Konflikts. Sie können in dieser Hinsicht eine unschätzbare Hilfe gewährleisten, wenn Sie die aus Massenmedien erhaltene Information vom Standpunkt der Logik und Vernunft wahrnehmen.“ In den Provinzen Donezk und Luhansk hätten viele Menschen übelst unter einer Nazi-Regierung leiden müssen. Dem setze Putin nun ein Ende, um „nicht mit Worten, sondern mit Taten für die Sicherheit unseres Landes und unserer Partnerländer“ zu sorgen, so die Darstellung der Russen.
Straffreiheit Der Brief gipfelt in der Aufforderung: „Unterstützen Sie nicht die Faschisten in ihrer Propaganda, sonst wird sich die Nazi-Regierung in der Ukraine noch mehr Straffreiheit fühlen (Fehler im Originaltext, Anm. d. Red.) und weiterhin das Leben wehrloser Zivilisten für ihre eigenen Zwecke nutzen.“ Die Partnerschaft mit Dmitrow liege nun bis auf Weiteres auf Eis, so Sigel kopfschüttelnd.