Der viele Verkehr auf der B14 macht die Ortsmitte in Oppenweiler bisher nicht gerade zu einem beliebten Treffpunkt. Archivfoto: A. Becher
Von Lorena Greppo
OPPENWEILER. Wer an die Ortsmitte in Oppenweiler denkt, sieht vermutlich vor allem die B14 vor seinem inneren Auge. Als „zentralen Treffpunkt des gesellschaftlichen Lebens und als Ort der Beteiligung“ würde man sie vermutlich nicht bezeichnen. „In unserer Ortsmitte ist zwar immer etwas los, aber aufhalten will man sich hier gar nicht, denn hier ist es viel zu laut“, sagt Bürgermeister Bernhard Bühler in einem kurzen Video auf der Website der Gemeinde. Das soll sich aber ändern, denn die Sturmfedergemeinde ist eine der 20 Modellkommunen des Projekts „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten“ in Baden-Württemberg. Und dass Potenzial da ist, das zeigt bereits die nächste Szene im Video. Nur etwa 50 Meter weiter an der Brücke nahe der Gemeindehalle befindet sich der Bürgermeister nun und die Hintergrundgeräusche der Straße sind kaum noch zu hören. Aufenthaltsqualität gibt es also auch in Oppenweiler.
Auf die präferierte Lösung der Verwaltung, die langersehnte Ortsumfahrung, zu warten und so lange untätig zu bleiben, kam für Bühler nicht infrage. „Nachdem auch aktuell nicht absehbar ist, wann die B-14-Umfahrung konkret geplant und gebaut wird, muss jetzt für eine lebenswerte und natürlich barrierefreie Ortsmitte gehandelt werden.“ Er sei sehr froh darüber, dass seine Gemeinde als Modellkommune ausgewählt wurde. „Wir sind stolz über die Teilnahme an diesem Projekt“, sagt Bühler. Für die Planer sei es ungewöhnlich gewesen, dass die Gemeindeverwaltung zu Beginn des Projekts keine Vorgaben gemacht habe. „Wir haben das bewusst von externen Personen anschauen lassen, die da ohne Vorbehalte rangehen“, so Bühler. Denn in Oppenweiler habe man bei dem einen oder anderen Thema vielleicht schon resigniert. Der Ortsmittencheck ist bereits vorgenommen worden. In der nächsten Phase soll geprüft werden, ob die von den Planern erkannten Problematiken und Potenziale sich mit den Erfahrungen und Vorstellungen der Bürger decken.
Einige Problemfeldersind bereits bekannt.
Jetzt seien Kreativität, Mut und neue Ideen gefragt, so Bühler, und die sollen nicht nur von der Verwaltung vorgebracht werden, sondern auch und vor allem von der Bürgerschaft. Gemäß dem Slogan „Da geht doch mehr als nur Verkehr“ hat die Gemeinde gemeinsam mit dem Planungsbüro Pesch und Partner sowie dem Backnanger Start-up Social Synergy eine Bürgerbefragung ins Rollen gebracht. Ab sofort und bis zum 30. Juni können die Einwohner mitteilen, wo der Schuh drückt und welche Vorschläge sie für eine lebenswerte Ortsmitte in Oppenweiler haben (siehe Infokasten).
Ein Fragebogen erhebt einerseits den Istzustand bezüglich Ortsbild, Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit, Mobilität und Verkehrssituation, fragt aber die Teilnehmer auch nach ihren Lieblingsorten und -routen sowie den Problemfeldern in ihrer Gemeinde. Bis etwa September dauert im Anschluss die Auswertung. Decken sich die Ergebnisse mit dem Fazit des Ortsmittenchecks, so soll ermittelt werden, wie sich einzelne Aspekte verbessern lassen oder ob es Alternativen gibt. Die Planer halten etwa eine Konzentration auf die Rohrbach-Achse für möglich. „Wir haben mit dem Schlossgarten und dem Gebiet an der Gemeindehalle zwei schöne Aufenthaltsorte“, so Bühler.
Nur die Verbindung beider Areale sei momentan schwierig. So manchen Handlungsbedarf haben die Verantwortlichen schon selbst erkannt. Da wäre etwa die B-14-Unterführung. „Sie ist zwar sicher, aber nicht für alle geeignet“, hebt Bühler hervor. Die Bordsteinkante am Ausgang der Unterführung sei zudem ein Hindernis für Rollator- und Rollstuhlfahrer. Einige Meter weiter verweist der Bürgermeister außerdem darauf, dass der Gehweg zu schmal sei – für Kinder, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, ist das gefährlich.
Und dann gibt es an der Hauptstraße sogar einen kleinen Platz mit Sitzbänken. „Eigentlich ein schöner Platz, ein schöner Treffpunkt“, merkt Bühler an. Nur, wer will bei diesem Lärmpegel schon dort Platz nehmen? Unabhängig vom Verkehrsaufkommen sieht der Bürgermeister aber auch in puncto Barrierefreiheit noch viel Luft nach oben. Auch für Sehbehinderte müsse sich die Situation verbessern, regt er an.
„Und auch was den Radverkehr angeht, haben wir bislang noch keine richtigen Angebote.“ Man merkt, Ansatzpunkte gibt es einige. Im dritten oder vierten Quartal soll der kommunale Abschlussbericht vorliegen, Anfang 2022 gibt es zudem auf Landesebene eine Statusveranstaltung.
Die Landesregierung Baden-Württemberg hat 2019 das ressortübergreifende Impulsprogramm „Na klar, zusammen halt...“ ins Leben gerufen. Im Rahmen verschiedener Projekte soll das Miteinander im Land gestärkt werden. Eines dieser Projekte läuft unter dem Namen „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten“ und wurde unter Federführung des Ministeriums für Verkehr gemeinsam mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Soziales und Integration konzipiert. Das Projekt wird von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg koordiniert.
Als eine von 20 Modellkommunen im Modellprojekt „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten“ hat Oppenweiler die Chance, die Ortsmitte wieder als zentralen Treffpunkt des gesellschaftlichen Lebens und als Ort der Beteiligung zu etablieren. Die Ortsmitte soll lebendiger und attraktiver werden. Gemeinsam mit Verwaltung, Politik, Vereinen und Verbänden sowie der Bürgerschaft werden Vorschläge für eine lebenswerte und barrierefreie Gestaltung der Ortsmitte gesammelt und ein auf die lokalen Gegebenheiten angepasstes Planungsleitbild erarbeitet. Dabei wird die Verwaltung durch zwei externe Planungsbüros unterstützt; die Kosten dafür übernimmt das Land Baden-Württemberg. „Die Büros stehen besonders für eine dialogorientierte Vorgehensweise“, heißt es vonseiten der Gemeindeverwaltung.
In diesem Prozess ist die Meinung der Bürgerinnen und Bürger gefragt. Mit einer Befragung haben sie die Möglichkeit, ihre Erfahrungen, Wünsche, Potenziale, aber auch Mängel einzubringen. Der Fragebogen befindet sich in der aktuellen Ausgabe des Mitteilungsblatts Die Brücke; auf der Website der Gemeinde (www.oppenweiler.de) findet sich außerdem ein QR-Code, über den man zur Online-Version geleitet wird.
Die Befragung läuft ab sofort bis zum 30. Juni. Bei Fragen können sich die Teilnehmer per Telefon oder E-Mail melden. Kontakt: Gemeinde Oppenweiler, Bernhard Bühler, bbuehler@oppenweiler.de; Planungsbüro Pesch und Partner, Volker Scholz, scholz@pesch-partner.de; Online-Befragung durch Social Synergy, werktags von 9 bis 11 Uhr unter 07191/9699999; individuelle Terminvereinbarung oder Fragen unter support@socialsynergy.de.
Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter www.ortsmitten-bw.de sowie auf https://zusammenhalt.baden-wuerttemberg.de