Minisolaranlagen sind in Backnang heiß begehrt

Das Interesse am Zuschuss der Stadt in Höhe von 100 Euro ist trotzdem überschaubar. Etwa ein Drittel des Fördertopfs ist bereits vergeben. Discounter und Baumärkte sehen ein Sättigung des Markts, die Montagespezialisten von Misoka hingegen sind weiter stark gefragt.

Minisolaranlagen sind in Backnang heiß begehrt

Gerhard Reh (rechts) und Gerhard Schröter, die beiden Inhaber der Unterweissacher Firma Misoka, schwärmen von den Vorteilen der Minisolaranlagen. Sie produzieren den Strom dort, wo er gebraucht wird, und brauchen keine teuren Stromautobahnen. Foto: Jörg Fiedler

Von Matthias Nothstein

Backnang. Die einfachste Art, sich an der Energiewende zu beteiligen, ist die Anschaffung einer Minisolaranlage für den Balkon. Sie ist nicht teuer, einfach in der Handhabung und unbürokratisch bei der Genehmigung. Und trotzdem lassen sich damit jedes Jahr etliche Euros einsparen. Im günstigsten Fall nach drei, spätestens aber nach acht Jahren ist eine solche Anlage amortisiert. Damit auch jeder sich eine solche Anlage leisten kann und ein weiterer finanzieller Anreiz besteht, unterstützen verschiedene Gemeinden die Anschaffung mit einem Zuschuss. Die Stadt Backnang zum Beispiel gibt 100 Euro dazu, für Bürger mit dem Familien- und Kulturpass sogar 200 Euro. Dies hat der Gemeinderat Ende März beschlossen. Insgesamt war die Förderung mit einer Höhe von 10000 Euro gedeckelt. Das würde bedeuten, dass 100 Bürger ohne Familien- und Kulturpass zum Zuge kommen könnten. Simone Lebherz, die Klimamanagerin der Stadt Backnang, bestätigt denn auch, dass seit dem Gemeinderatsbeschluss bereits ein Drittel der Fördersumme abgerufen wurde. Und sie geht davon aus, dass bis zum Ende der Sommerferien das Geld komplett aufgebraucht ist.

Minisolaranlagen sind schnell abverkauft

Die Minisolaranlagen hat es zuletzt selbst in Baumärkten oder bei Discountern gegeben. So berichtet etwa Eugenie Wormsbecher, die Leiterin der Norma-Filiale in der Sulzbacher Straße, dass die vier Exemplare, die bei ihr zum Verkauf standen, innerhalb von zwei Tagen abverkauft waren. Inzwischen sei die Nachfrage auch stark zurückgegangen, „nur alle zwei Wochen erkundigt sich einmal jemand, ob die Anlagen nochmals geliefert werden“. Die gleiche Erfahrung haben Mitarbeiter im Toom-Baumarkt gemacht. Die acht Anlagen, die im März zur Verfügung standen, seien ihnen aus den Händen gerissen worden. Zwar sei dann Nachschub geordert worden, doch der konnte noch nicht geliefert werden. Auch hier sprechen die Mitarbeiter von einem Einbruch bei der Nachfrage.

Die extrem schnelle Amortisierung und die einfache Montage sind die Trümpfe

100 Meter weiter bestätigt Baywa-Marktleiter Lars Decker dieses Phänomen. Im März gingen zwei Dutzend dieser Anlagen über den Tresen, „doch jetzt ist eine Sättigung eingetreten“. Mehr noch: Im Baywa gibt es mehr als 20 Anlagen im Regal, die auf Kundschaft warten. Decker freut sich, dieses Angebot zur Verfügung stellen zu können: „Es ist alles super, was hilft, grüne Energie zu liefern und wegzukommen von Kohle, Öl und Gas.“

Zudem verweist er auf die extrem schnelle Amortisierung dieser Investition und die gute Qualität der Anlagen. Simone Lebherz deutet dieses Phänomen so: „Am Anfang sind handwerklich begabte Leute in die Baumärkte gegangen und haben die ganze Montage selbst gemacht. Jetzt kommen eher Leute, die wollen, dass ihnen jemand die Anlage montiert.“

Dazu passt, dass Gerhard Reh, Mitinhaber und -geschäftsführer der Firma Misoka in Unterweissach, von einer Sättigung des Markts nichts hören möchte, „ich kann das überhaupt nicht bestätigen, bei uns ist die Nachfrage beständig groß“. Misoka berät alle Interessenten solcher Anlagen und montiert diese auch. Nicht nur Hauseigentümer, sondern auch Mieter oder Wohnungseigentümer haben großes Interesse. Vor allem Letztere fragen sich hauptsächlich drei Dinge: Darf ich eine Anlage aufhängen? Kann ich es aufgrund der Abmessungen? Wie bekomme ich die Anlage fest?

Vielfältige Lösungen für die Montage

Aktuell sieht es noch so aus, dass bei Wohnungseigentumsgemeinschaften alle Eigentümer zustimmen müssen. Wobei Reh die Erfahrung gemacht, wenn einer anfängt, ziehen andere nach und kaufen sich auch solche Anlagen. „Die sehen, es geht einfach, es rentiert sich und es sieht optisch gefällig aus.“ Das zweite Problem ist, dass die Module nicht so tief sein dürfen, dass sie die Sicht der unteren Wohnung beeinträchtigen. Aber es will auch niemand, dass sie oben über die Brüstung des eigenen Balkons hinausragen. Das ist oft ein Problem, da die Module meist 1,20 Meter tief sind.

Für die dritte Frage, „Wie montiere ich eine Anlage?“, hat Misoka vielfältige Lösungen parat. Reh weiß: „Zwar ist jeder Balkon anders, aber für jeden gibt es eine Lösung.“ Im gesamten Rems-Murr-Kreis, überwiegend im südlichen Teil, hat Misoka bereits 300 bis 400 Anlagen individuell installiert. Und Reh ist völlig überzeugt von den Minianlagen: „Sie produzieren den Strom dort, wo er gebraucht wird. Man braucht keine Stromautobahnen für diesen Verbrauch und man entlastet die Allgemeinheit von den Kosten für solche Trassen. Und jeder Bürger kann damit Geld sparen.“

Deutliche Vereinfachungen sind zu erwarten

VDE-Positionspapier Manch einer, der Interesse an einer Minisolaranlage hat, konnte sich aufgrund der nicht ganz leicht durchschaubaren Vorschriften derzeit noch nicht zu einer Investition durchringen. Damit sich dies ändert, hat zum Beispiel der Verband der Elektrotechnik (VDE) ein Positionspapier erarbeitet, wonach die Voraussetzungen für diese Anlagen auf das Notwendige beschränkt, vereinfacht oder verbessert werden. Der VDE spricht sich für folgende Voraussetzungen aus:

Bagatellgrenze In Deutschland dürfen bislang Anlagen bis zu einer Gesamtleistungsaufnahme von 600 Watt betrieben werden. Auf europäischer Ebene wurde eine Bagatellgrenze von 800 Watt eingeführt. Aufgrund der europäischen Vereinheitlichung schlägt der VDE vor, auch in Deutschland 800 Watt zuzulassen. Gerhard Reh ist überzeugt: „Die 800 Watt kommen!“

Zählertyp Mini-Energieerzeugungsanlagen sollen an jedem Zählertyp verwendet werden dürfen, auch an solchen, die rückwärts laufen.

Anmeldung Künftig soll es ausreichen, die Bundesnetzagentur über die Anlage zu informieren. Die Netzbetreiber können die für sie nötigen Informationen dann von dort beziehen und müssen nicht vom Einspeiser extra informiert werden.

Stecker Künftig soll es möglich sein, eine Minisolaranlage über eine übliche Schukosteckdose anzuschließen.

Gesetzgeber Der Bundestag hat sich dieser Tage mit den Vorschlägen zur Vereinfachung befasst und diese bereits an den Rechtsausschuss verwiesen. So soll auch das Wohnungseigentümergesetz geändert werden, wonach nicht mehr alle Eigentümer eines Objekts der Installation einer Solaranlage zustimmen müssen. Auch die Rechte der Mieter sollen gestärkt werden. Gerhard Reh ist auch auf diesem Gebiet zuversichtlich: „Es ist zu erwarten, dass die Gesetzesänderungen durchgehen.“