Vatikanstadt (AFP). Papst Franziskus hat erstmals einen Kardinal wegen sexuellen Missbrauchs aus dem Priesteramt verstoßen. Wie der Vatikan am Samstag mitteilte, wurde der frühere US-Kardinal Theodore McCarrick des Priesteramts enthoben, nachdem er im Januar von einem Gericht des Vatikans schuldig befunden worden war, vor 50 Jahren einen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Die Entscheidung wurde im Februar vom Papst bestätigt und ist damit endgültig. McCarrick sei „Sünden gegen das sechste Gebot mit Minderjährigen und Erwachsenen“ schuldig befunden worden. Erschwerend komme „der Missbrauch von Macht“ hinzu, erklärte der Vatikan zur Begründung. Der einst einflussreiche Kardinal von Washington hatte Sex mit erwachsenen Theologiestudenten und missbrauchte mindestens einen Minderjährigen.
Die katholische Kirche organisiert Ende der Woche eine mehrtägige Konferenz im Vatikan, auf der Bischöfe aus aller Welt über den Schutz von Kindern diskutieren wollen. Die Kirche wird seit Jahren von immer neuen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger erschüttert. Angesichts der jüngsten Skandale in den USA und Chile hat der Papst eine Politik der Null-Toleranz angekündigt, die auch für führende Kirchenvertreter gelten soll. McCarrick war 2017 von einem Mann vorgeworfen worden, ihn in den 70er Jahren sexuell missbraucht zu haben. Der Vatikan wies daraufhin das Erzbistum New York an, den Fall zu untersuchen. Es war damals bereits bekannt, dass der frühere Kardinal von Washington Sex mit Theologiestudenten hatte. Im Juli 2018 wurde McCarrick untersagt, als Priester zu amtieren. Daraufhin gab der 88-Jährige auch seinen Ehrentitel als Kardinal ab.
Die katholische Bischofskonferenz der USA begrüßte die Entscheidung des Papstes, McCarrick aus dem Priesteramt zu verstoßen, als „klares Signal, dass Missbrauch nicht toleriert wird“. „Kein Bischof, egal wie einflussreich, steht über dem Gesetz der Kirche“, erklärte der Präsident der Konferenz, Kardinal Daniel DiNardo. Er rief alle Opfer von Missbrauch auf, sich bei der Polizei zu melden. Die Opfervereinigung Snap erklärte, die Entscheidung zu McCarrick sei wegen der anstehenden Konferenz im Vatikan vorgezogen worden. Die Gruppe rief die Kirche auf, die versprochene Transparenz bei Missbrauchsfällen zu gewährleisten und alle Kirchenvertreter zur Rechenschaft zu ziehen, die McCarricks Fehlverhalten gedeckt hätten. Es bleiben Fragen, wie McCarrick so hoch in der Hierarchie aufsteigen konnte, obwohl es schon lange Fragen zu seinem Verhalten gab. Der frühere italienische Erzbischof Carlo Maria Vigano hatte Papst Franziskus vorgeworfen, Vorwürfe gegen McCarrick fünf Jahre lang ignoriert zu haben.