Fachleute warnen vor der Ausbreitung der Ameisenart Tapinoma magnum. Sie bedrohe Gebäude und technische Infrastruktur. Wissenschaftler und Politiker suchen nun den Schulterschluss.
Aufgrund der Bildung von Superkolonien und Nestern von bis zu einem Meter Tiefe ist die Bekämpfung jedoch sehr aufwendig.
Von Markus Brauer/dpa
Sie bilden riesige Kolonien, dringen in Häuser ein und haben schon für Stromausfälle gesorgt: Ameisen der Art Tapinoma magnum machen zahlreichen Kommunen zu schaffen. Wissenschaftler und Politiker im Südwesten wollen am heutigen Freitag (11. April) im badischen Offenburg (Ortenaukreis) erstmals gemeinsam darüber beraten, wie die Invasion der Krabbler eingedämmt und Schäden vermieden werden können.
Schäden an Infrastruktur
Für Menschen sind die Insekten zwar ungefährlich, sie können aber auch Schäden, beispielsweise an Wegen und an der Infrastruktur verursachen. Wissenschaftler von den Staatlichen Naturkundemuseen in Stuttgart und Karlsruhe erforschen den ungewöhnlichen Vormarsch der Insekten.
Die Ameise Tapinoma magnum stellt nach Einschätzung der Experten eine zunehmende Bedrohung für mehrere Regionen Deutschlands dar.
Ameisen aus dem Mittelmeerraum
Ursprünglich stammt Tapinoma magnum aus dem Mittelmeerraum. Sie ist beispielsweise in Südfrankreich verbreitet, wird jedoch auch in Deutschland immer häufiger gesichtet. In Hessen schlug zuletzt die Stadt Reinheim Alarm, weil die Insekten in großer Zahl in einer Grundschule auftauchten und sich beispielsweise auf Heizkörpern und in Lampen zeigten.
Die Insekten können einem Experten zufolge keine Krankheiten übertragen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass sie bei Menschen kurzfristige Allergien auslösten. Die psychische Belastung bei einem massiven Ameisenbefall sei nicht zu unterschätzen, betont der Biologe Bernhard Seifert vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz.
Ameisenplage in Kommunen
Städte dürfen nicht allein gelassen werden
„Die zunehmende Ausbreitung der Tapinoma magnum in Baden-Württemberg zeigt, dass wir es mit einem ernst zunehmenden Problem für Anwohnerinnen und Anwohner, aber auch für Gebäude und Infrastruktur zu tun haben“, erklärt der Landtagsabgeordnete Bernd Mettenleiter (Grüne). Städte und Gemeinden dürften mit dem Problem nicht allein gelassen werden, fordert er.
Das Landwirtschaftsministerium verwies auf die „Heißschaum-Methode“, die nach derzeitigem Kenntnisstand erfolgversprechend scheine. Dabei wird ein Gemisch aus Wasser und Tensiden aus Mais auf befallenen Flächen versprüht. „Aufgrund der Bildung von Superkolonien und Nestern von bis zu einem Meter Tiefe ist die Bekämpfung jedoch sehr aufwendig. Über die langfristige Effektivität ist derzeit noch wenig bekannt“, so das Ministerium. Eine ähnliche Anfrage gab es zuvor bereits in Rheinland-Pfalz.
Ameisen über Warenverkehr verbreitet
Wie zahlreiche andere Tierarten soll sich die Ameisenart durch den weltweiten Warenverkehr ausgebreitet haben. Vor allem der Handel mit Kübelpflanzen wie Olivenbäumchen oder Palmen gilt als Verbreitungsweg. Die Untere Naturschutzbehörde des Wetteraukreises hat daher folgende Hinweise und Empfehlungen:
Tapinoma magnum frisst sich durch das Erdreich
Eile ist auch deshalb geboten, weil Tapinoma magnum Schäden anrichten kann – und zwar aufgrund ihrer intensiven Grabtätigkeit, beispielsweise an gepflasterten Wegen. Auch zu Strom- und Internetausfällen soll es schon gekommen sein, weil die Tierchen Pflanzenpartikel in Verteilerkästen einbrachten.
Direkt gefährlich für den Menschen sei die Art nicht, erläutert Gerhard Heller von der Deutschen Ameisenschutzwarte. Wenn sie über die Haut krabbele, könne sich das zwar wie ein leichtes Zwicken anfühlen, allergische Reaktionen etwa seien aber bisher nicht beobachtet worden.
Daran erkennt man Tapinoma magnum
Rein äußerlich unterscheiden sich die Tiere für Laien wenig von anderen Ameisen, allerdings laufen sie auffällig schnell und verbreiten sich häufig zunächst entlang von Straßen, erläutert Insektenforscher Martin Felke.
Sollten etwa in der Nachbarschaft oder auf Gehwegen auch ungewöhnlich große Mengen an Ameisen auftauchen, „sollte man stutzig werden“. Dass sie sich so rasch vermehren, liege auch daran, dass die nicht heimische Art hier erst einmal keine Fressfeinde habe, so Felke.
Wasserdampf, Heißschaum oder Gift gegen Ameisen?
Wer darauf setzt, dass der Winter den Insekten den Garaus macht, hofft vergeblich. Zum einen, weil die Ameisen tief im Erdreich auch Minusgrade mühelos überstehen, zum anderen, weil die mitteleuropäischen Winter ohnehin häufig nicht mehr so kalt werden.
Neben heißem Wasser beziehungsweise Heißschaum kämen zur Bekämpfung zwar auch Giftköder zum Einsatz. Doch angesichts der raschen Ausbreitung der Ameisen, die Kolonien mit Millionen von Tieren bilden könnten, sei das kaum erfolgversprechend, betont Felke. Auf Rasenflächen, auf denen sich auch Kinder oder Haustiere tummeln, sei das auch nicht ratsam.
Einen wichtigen Tipp hat der Insektenforscher, der als Chef des Instituts für Schädlingskunde auch als Gutachter tätig ist, noch in petto: Ist bereits ein größeres Areal befallen, sollten alle Anwohner in „konzertierten Aktionen“ zusammenarbeiten, rät er. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Tierchen an einer Stelle zwar kurzzeitig abgetötet werden können, von einer anderen aber rasch wieder zuwandern.