Mutmaßlicher ZfP-Randalierer bei Polizei „friedlich“

Das Landgericht Stuttgart hat gestern die letzten Zeugen im Prozess um versuchten Totschlag an behandelnder Ärztin in Winnenden gehört.

Mutmaßlicher ZfP-Randalierer bei Polizei „friedlich“

Ein Mann muss sich wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten. Symbolfoto: Sang Hyun Cho/Pixabay

Von Heike Rommel

Winnenden/Stuttgart. Im Fall des versuchten Totschlags an einer behandelnden Ärztin des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Winnenden (wir berichteten) hat das Stuttgarter Landgericht die letzten Zeugen gehört. „Bei uns war er friedlich“, sagte eine Polizeibeamtin über den Angeklagten aus Waiblingen, bei dem die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit und die Unterbringung im Maßregelvollzug geprüft wird.

Der 31-jährige psychisch kranke Beschuldigte macht dem Vorsitzenden Richter, Norbert Winkelmann, jedes Mal einen besseren Eindruck, wenn er aus dem ZfP Ravensburg-Weissenau kommt, wo er vorläufig untergebracht ist. Er schickte den vermeintlichen ZfP-Randalierer während einer Unterbrechung der Verhandlung auch nicht mehr in die Zelle, sondern in Begleitung an die frische Luft, bis die 27-jährige Polizeibeamtin kam, die mit ihren Kollegen am 30. Dezember 2021 ins ZfP Winnenden gerufen wurde. Pflegekräfte hätten draußen schon auf die zwei Streifenwagenbesatzungen gewartet, berichtete die Polizistin von ihrem Einsatz. Ihr Erleben im Gebäude: „Der Angeklagte war allein auf dem Flur. Er kam uns absolut friedlich und ansprechbar entgegen. Die Pflegekräfte hatten sich im Zimmer eingeschlossen.“

Angespannte Stimmung beim Polizeieinsatz

Einer der Pfleger, so die Polizeibeamtin weiter, hätte ihr erzählt, der Patient habe ihn um eine Zigarette gebeten und geschlagen. Dazu blendete das Gericht ein Foto ein, auf dem oberflächliche Kratzer an der Nase und an der Hand des Pflegers zu sehen waren. Von Richter Winkelmann dazu befragt, wie der Pfleger drauf war, antwortete die Polizeibeamtin: „Sehr aufgeregt.“ Bei diesem Einsatz habe überhaupt eine angespanntere Stimmung geherrscht, als die Polizei das sonst erlebe.

In den Übergriff auf die 61-jährige Ärztin, der als versuchter Totschlag angeklagt ist, war die Polizeibeamtin nicht involviert. Laut rechtsmedizinischem Gutachten hat sich die Ärztin in abstrakter, jedoch nicht in konkreter Lebensgefahr befunden. Dazu rief die Schwurgerichtskammer eine 31-jährige Gesundheitspflegerin des ZfP Winnenden in den Zeugenstand. Die relativ erfahrene Pflegerin schilderte, wie der Angeklagte zu ihr gekommen sei und gesagt habe, er möchte raus. „Das sagen 80 Prozent unserer Patienten“, so die Pflegerin.

Die geschlagene Pflegerin musste krankgeschrieben werden

Auf einmal habe ein Kollege den Alarm gedrückt und das ganze Haus sei angerannt gekommen. Festgehalten vom Personal habe der Patient versucht, sich aus dem Griff herauszuwinden, und dabei habe sie einen Schlag aufs rechte Auge bekommen. Als der Vorsitzende Richter fragte, warum der Patient insbesondere auf die Ärztin losgegangen ist, erklärte die Pflegerin: „Weil sie ihm gesagt hat, dass er länger bleiben muss und untergebracht wird.“

Wie es der Pflegerin nach dem Schlag aufs Auge ging, wollte der Richter wissen. Sie habe ein Gespräch mit einem kollegialen Ersthelfer in Anspruch nehmen müssen und sei bis zum 16. Januar krankgeschrieben gewesen, so die Zeugin.

Das für den vergangenen Verhandlungstag angedachte psychiatrische Gutachten über den an paranoider Schizophrenie leidenden Angeschuldigten von Barbara Stitzel aus Ravensburg ist für Dienstag, 12. Juli, vorgesehen. Rechtsanwältin Diana Lang (in Vertretung) und Staatsanwalt Thomas Hochstein haben signalisiert, dass ihrerseits keine Beweisanträge mehr kommen werden, sodass nach dem Gutachten bereits die Schlussvorträge gehalten werden können.