Neues Ankunftszentrum für Flüchtlinge

Das Schullandheim Mönchhof in der Gemeinde Kaisersbach wird geflüchteten Menschen aus der Ukraine Obdach bieten, so die Pläne der Landkreisverwaltung Rems-Murr. Zur Einrichtung weiterer solcher Zentren laufen gerade die Gespräche.

Neues Ankunftszentrum für Flüchtlinge

Das Schullandheim Mönchhof in Kaisersbach dient bis auf weiteres als Ankunftszentrum für Ukraineflüchtlinge. Foto: Landesdenkmalamt

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. „Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen ist sehr dynamisch und es ist schwer abschätzbar, was auf den Rems-Murr-Kreis zukommen wird“, sagte Landrat Richard Sigel gestern den Kreispolitikern im Verwaltungsausschuss in Waiblingen. „Wir müssen uns aber für die Aufnahme vieler Geflüchteter aus der Ukraine vorbereiten. Es ist mir persönlich ein Anliegen, diesen Menschen, die Dramatisches erleben mussten, Sicherheit und Struktur bei ihrer Ankunft in Deutschland zu bieten“, so der Chef der Landkreisverwaltung weiter. In seinem Hause seien umgehend Überlegungen angestoßen worden, was nun zu tun sei. Das weitere Vorgehen sei auch schon in einer außerordentlichen Versammlung mit den Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden abgestimmt worden. Um die Kommunen im Falle von schnell steigenden Flüchtlingszahlen zu entlasten, bereitet der Landkreis ein zentrales Ankunftszentrum im Schullandheim Mönchhof in der Gemeinde Kaisersbach vor, das rund um die Uhr betrieben werden soll. Auch über weitere Ankunftszentren für Geflüchtete aus der Ukraine laufen derzeit Gespräche, wie Landrat Sigel erklärte.

Noch sei nicht abzuschätzen, wie viele Geflüchtete im Rems-Murr-Kreis ankommen. „Ersten Schätzungen zufolge werden bis zu 225000 Geflüchtete in Deutschland erwartet. Dies würde bei einer Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel bedeuten, dass bis zu 1200 Personen (0,5 Prozent) im Rems-Murr-Kreis unterzubringen sind“, rechnete der Landrat vor.

Der Kreischef verweist hier auf „das große Engagement und die unglaubliche“ Hilfsbereitschaft“, mit der die ersten Geflüchteten im Rems-Murr-Kreis in den Kommunen und von Privatpersonen untergebracht wurden. Der Landkreis und die Kommunen bereiten sich demnach auf die möglicherweise steigenden Zahlen vor und weiten derzeit die Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen, die Schutz vor dem Krieg in der Ukraine suchen, erheblich aus.

Im Schullandheim Mönchhof in der Gemeinde Kaisersbach können Geflüchtete bereits kurzfristig und unbürokratisch aufgenommen und gegebenenfalls registriert werden. Das Schullandheim bietet vier Gästehäuser, bis zu 114 Betten stehen zur Verfügung. Im Mönchhof soll eine bestmögliche Versorgung und Unterbringung erfolgen, bis zeitnah eine dauerhafte Unterbringung in den Kommunen organisiert wird. Auch organisiert die Ausländerbehörde des Landkreises eine Erfassung, die sofort den Bezug von Leistungen ermöglicht. „Bei akutem Bedarf können Leistungen im Anschluss direkt vor Ort ausgegeben werden. Zudem wird auf dem Mönchhof eine medizinische Versorgung gewährleistet. Die Kreisärzteschaft hat ihre Bereitschaft dazu bereits erklärt“, so Sigel gestern.

Für minderjährige Geflüchtete könne nach Bedarf eine besondere Betreuung oder Inobhutnahme erfolgen. Das Kreisjugendamt bereite sich auf die Ankunft von minderjährigen Flüchtlingen vor. In engem Austausch mit den Städten und Gemeinden sowie freien Trägern werden Konzeptionen für die Aufnahme vorbereitet. Auch hierfür könnte das Schullandheim Mönchhof laut Kreisverwaltung eine erste wichtige Anlaufstelle sein, wenn die Flüchtlingszahlen schnell steigen sollten. Die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Schullandheim Mönchhof habe sich bereits in der vergangenen Flüchtlingskrise bewährt und sei vom Kreisjugendamt sehr gut gemeistert worden.

„Das große Engagement zu helfen, ist nicht nur in der Bevölkerung zu spüren. Die Kleiderkammern des DRK Kreisverbandes sind ebenfalls gut gefüllt und stehen bereit“, teilt der Landrat mit. Das Staatliche Schulamt stehe bereits in engem Austausch mit den Schulen und den Städten und Gemeinden, damit Kinder und Jugendliche aus der Ukraine schnell aufgenommen werden können. Auch die Banken, laut Landrat insbesondere die Kreissparkasse Waiblingen, möchten demzufolge ihren Beitrag leisten. Sie bieten nicht nur kostenlose Girokonten für Geflüchtete aus der Ukraine an, sondern auch finanzielle Unterstützung bei Sprachkursen und bei der Integrationsförderung in Bildung und Sport. Sie organisieren auch „Willkommenseinsätze“ für Kinder, etwa durch die „Clowns mit Herz Rems-Murr“. „Diese Themen werden vom Sozialdezernat auch mit den freien Trägern, Volkshochschulen und anderen Anbietern abgestimmt und vorbereitet“, so der Landrat.

Er machte gestern aber auch deutlich: „Ich hoffe, dass die, die jetzt Pragmatismus predigen, nachher nicht mit der Bürokratie und dem spitzen Bleistift kommen, wie wir es nach 2015 erlebt haben.“ Diesen Verweis auf das Land und seine Finanzierungsverantwortung hatte zuvor schon Maximilian Friedrich (Fraktion Freie Wähler) angemahnt. Auch sei es ein Fehler des Landes gewesen, in den vergangenen Jahren den Abbau von Unterkünften anzuordnen. Diesen Vorwurf versuchte Armin Mößner (CDU-Fraktion) zu entkräften: „Diese aktuelle Entwicklung war nicht absehbar.“ Er wusste aber auch: „Es werden sehr schnell sehr viel mehr Flüchtlinge aus der Ukraine kommen, und wir müssen bei den Unterkünften nachsteuern.“ Die Fraktionen bekundeten ihre Zustimmung für die Einrichtung des Ankunftszentrums im Mönchhof einstimmig. „Die große Hilfsbereitschaft, die überall zu spüren ist, stimmt mich zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit unseren Städten und Gemeinden auch diese Herausforderung bewältigen werden“, so Landrat Sigel.

So ist die Unterbringung von Flüchtlingen geregelt

Drei Stufen Das aus dem Jahre 2015 bekannte dreistufige System zur Unterbringung kommt bei Ukraine-Flüchtlingen nicht durchgängig zum Einsatz. Im dreistufigen System kommen die Flüchtlinge zunächst in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) an, werden dort registriert und können ihren Asylantrag stellen.

Kreis und Kommunen Nach einigen Wochen werden die Flüchtlinge einer Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises (GU) zugewiesen. Nach Abschluss des Asylverfahrens oder spätestens nach 24 Monaten werden sie in der kommunalen Anschlussunterbringung (AU) untergebracht.

Regel für Massenzustrom Die EU hat jüngst die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie beschlossen (wir berichteten). Ukrainische Staatsangehörige und Menschen, die in der Ukraine heimisch geworden sind, haben automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung für ein Jahr, einen Anspruch auf Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu Wohnraum, auf Sozialhilfe, auf medizinische Unterstützung sowie auf Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Ein Asylverfahren ist nicht notwendig. Sie haben direkt freie Wohnsitzwahl und durchlaufen also nicht den Weg der staatlichen Unterbringung in LEA und GU und können direkt in die Städte und Gemeinden kommen.

Privat oder kommunal Sofern keine private Unterbringung erfolgt, ist die jeweilige Stadt oder Gemeinde in der Verantwortung, die Unterbringung sicherzustellen. Nur Geflüchtete ohne langfristiges Aufenthaltsrecht in der Ukraine (etwa ausländische Studenten, Flüchtlinge aus anderen Ländern) müssen zunächst in der Landeserstaufnahmeeinrichtung untergebracht und dort registriert werden.