Noch einmal die Schulbank drücken

VHS Backnang bietet Lehrgang für Frauen an, die nach einer Erziehungsauszeit den Wiedereinstieg in den Beruf wagen wollen

Wenn Kinder betreut werden müssen, sind es meistens die Frauen, die ihren Beruf aufgeben und zu Hause bleiben. Und nicht immer gelingt der Wiedereinstieg in den Beruf problemlos. Die VHS Backnang bietet deshalb in Kooperation mit der Agentur für Arbeit einen Lehrgang speziell für Wiedereinsteiger an.

Noch einmal die Schulbank drücken

Monika Eckert, Leiterin der VHS (links), und Kursteilnehmerin Claudia Ziegele können den Lehrgang empfehlen. Foto: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG. Claudia Ziegele war 23 Jahre lang Hausfrau und Mutter, für ihre Kinder „Taxifahrerin, Köchin und Mannschaftsführerin“. Die 54-Jährige lacht laut, als sie von ihrer Zeit zu Hause erzählt. „Ich habe mich nie gelangweilt, hatte immer etwas zu tun.“ Doch die beiden Kinder sind jetzt erwachsen und Ziegele hatte den Wunsch, wieder arbeiten zu gehen. Nicht ganz einfach für die gelernte Industriekauffrau, die berufsbegleitend BWL studiert und so einen Abschluss als Diplom-Betriebswirtin (VWA) erlangt hat.

Kosten werden vom Jobcenter

oder Arbeitsamt übernommen

Frauen wie Ziegele gehören zu der Gruppe, die Monika Eckert, Leiterin der VHS Backnang, mit dem „Kaufmännischen Lehrgang für Berufsrückkehrerinnen“ ansprechen möchte. „Natürlich sind auch Männer willkommen, aber in der Regel gehen einfach mehr Frauen in die Erziehungspause.“ Schwerpunkt des Lehrgangs ist die Finanzbuchführung. Vermittelt werden grundlegende Kenntnisse der Buchführung, Bilanzierung und Kontenführung sowie die praktische Umsetzung des Gelernten am PC. Zweiter Schwerpunkt des Lehrgangs sind die wichtigsten EDV-Anwendungen mit Office2016. Der Lehrgang wird mit fünf verschiedenen schriftlichen Prüfungen abgeschlossen. Die Teilnehmer erlangen durch die Weiterbildung die Qualifizierung zur „Geprüften Fachkraft Finanzbuchführung“. Für Eckert besonders wichtig: „Die kompletten Kursgebühren von 2215 Euro werden von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter übernommen.“

16 Teilnehmer können den Kurs besuchen, Claudia Ziegele freut sich heute noch, dass sie eine der Frauen war, die den Kurs besuchen konnten: „Für uns ,Mädels‘ war das wirklich wieder wie Schule“, sagt sie und lacht erneut. „Ich habe mich plötzlich wieder ganz jung gefühlt. Und wir haben zusammen die Schulbank gedrückt, uns gegenseitig beim Lernen vor den Prüfungen und natürlich auch bei den Hausaufgaben geholfen. Die Gemeinschaft war wirklich klasse und wir haben auch heute noch Kontakt zueinander.“

Der Kurs dauert ein halbes Jahr, Unterricht findet jeden Tag von 8.15 bis 12.25 Uhr statt, freitags ist schon eine Stunde früher Schluss. Nicht einfach für viele Frauen, die nebenbei auch noch die Kinderbetreuung managen müssen, weiß Eckert. Doch die Erfolgsquote spricht für den Kurs: „94 Prozent unserer Kursteilnehmerinnen haben nach oder während des Kurses einen Job gefunden“, berichtet sie stolz. Am Ende des Lehrgangs steht ein sechswöchiges Praktikum, um das sich die Frauen selbst bewerben müssen. „Aber auch das ist eigentlich kein Problem“, so Eckert. „Denn auf dem Stundenplan steht auch ein Bewerbungstraining, komplett mit Übungen zu den Themen Anschreiben, Lebenslauf, Bewerbungsmappe, Online-Bewerbung und Vorstellungsgespräch.“

Grundsätzlich steht der Kurs jedem offen, Kenntnisse aus dem kaufmännischen Bereich sind kein Muss, aber doch von Vorteil. „Man sollte zumindest Spaß an Zahlen haben, sonst könnte die Finanzbuchhaltung vielleicht etwas schwer werden“, sagt Ziegele aus Erfahrung. Die 54-Jährige sagt von sich selbst, dass sie immer 100 Prozent gibt und ihr der Kurs eigentlich leicht gefallen sei. „Vielleicht liegt es auch an den Vorkenntnissen durch meine Ausbildung. Trotzdem war es vor den Prüfungen anstrengend. Aber ich hatte zum Glück richtig guten Rückhalt von meiner Familie, die mich haben lernen lassen und sowieso sehr stolz auf mich waren und sind.“

Claudia Ziegele arbeitet heute 35 Stunden in der Woche, fast alle ihre ehemaligen „Mitschülerinnen“ sind ebenfalls in Anstellung, die meisten auch in Teilzeit. Die Stelle bekam Ziegele aus ihrem Praktikum heraus, die Firma hat sie gleich übernommen und angestellt, zunächst befristet auf ein Jahr. „Zwar nicht in der Finanzbuchhaltung, sondern im Einkauf. Aber ich habe sehr viel Spaß und freue mich jeden Tag darauf, zur Arbeit zu fahren.“ Sie ergänzt: „Der Kurs ist wirklich Gold wert und ich kann ihn nur empfehlen.“

Übrigens: Ferien gibt es während des Lehrgangs nicht – und das ist auch Absicht. „Über Weihnachten machen wir Pause, aber die Teilnehmer sollen spüren, was sie im Arbeitsalltag erwartet. Und da hat man ja auch nur eine bestimmte Anzahl Urlaubstage und nicht zu jeden Ferien frei. Eine gute Übung also für später“, sagt Eckert.