Und wieder kommt das Aus für ein Geschäft in Backnang – Picksraus in der Gartenstraße schließt bis Ende Februar endgültig. Auslöser der Geschäftsaufgabe ist in erster Linie das Ende des Mietverhältnisses. Die Dibag Industriebau AG möchte das Gebäude abreißen, um so die Pläne für die Neubebauung der Oberen Walke umsetzen zu können.
Andrea und Rainer Klink sowie Tochter Jessica Hagemann bedauern sehr, dass sie ihr Lebenswerk nicht fortführen können. Foto: J. Fiedler
Von Matthias Nothstein
BACKNANG. Mit Picksraus schließt erneut ein Geschäft, das inzwischen mit Fug und Recht als Traditionsbetrieb bezeichnet werden kann, schließlich kann es auf ein mehr als 30-jähriges Bestehen zurückblicken, wenngleich auch an mehreren Standorten. So wurde Picksraus ursprünglich von Rainer Klink in der Backnanger Blumenstraße im Gebäude der ehemaligen WLZ eröffnet. Von November 1989 bis 1995 konnten hier Kunden alles rund ums Sortiment Haus, Hobby oder Garten einkaufen. Dann erfolgte der erste Umzug in die Räume im Gebäude Gartenstraße 76. Fast vier Jahre lang – von 1995 bis 1998 – firmierte PicksRaus an diesem Standort, bevor Klink und sein Team vor 22 Jahren einen Steinwurf weiter an den heutigen Standort Gartenstraße 106 wechselten.
Viele Jahre lang waren die Geschäftsleute Klink nicht unzufrieden mit dem Standort. Er war ebenerdig und verfügte über rund 1000 Quadratmeter Verkaufs- und Bürofläche. Erst im November vergangenen Jahres feierte der Betrieb noch seinen 30. Geburtstag. Nun, nicht einmal drei Monate später, „müssen wir leider als nächstes mittelständisches Unternehmen der Backnanger Einkaufslandschaft für immer unsere Pforten schließen“, erklären Andrea und Rainer Klink.
Einige Mitarbeiter blicken auf 30 Jahre Betriebszugehörigkeit zurück
Die Gründe für das Ende von Picksraus sind vielseitig: Zum einen war schon immer klar, dass die Firma aufgrund des neuen Bebauungsplans auf dem Areal Obere Walke nicht weiterexistieren kann. Der Zehn-Jahres-Mietvertrag läuft Ende Februar aus und wurde nicht verlängert. Das war für Rainer Klink zwar absehbar. Enttäuscht ist er aber davon, dass alle Versuche, einen anderen Standort in Backnang und Umgebung zu finden, erfolglos blieben. Und weil zum Beispiel der Online-Handel in den vergangenen Jahren seinem Betrieb auch zu schaffen machte und weil Andrea Klink inzwischen auch 65 Jahre alt ist, zog er einen Schlussstrich. Leicht ist ihm das nicht gefallen, da seine Tochter Jessica Hagemann durchaus als Nachfolgerin Interesse an dem Geschäft gehabt hätte. Nun muss diese sich nach einer anderen Tätigkeit umsehen. Zudem tun Klink die treuen Mitarbeiter leid, einige der elf Betriebsangehörigen sind seit 30 Jahren dabei. Sie haben laut Klink „mit Entsetzen zur Kenntnis genommen, dass wir das Geschäft schließen und sie sich nun andere Arbeit suchen müssen“. Und Tochter Jessica Hagemann betont: „Wir haben viele Mitarbeiter mit einer extrem langen Betriebszugehörigkeit.“
Sven Kübler, der Dibag-Regionalleiter für Baden-Württemberg, begründet die Nichtfortsetzung des Mietverhältnisses: „Wir müssen die Gebäude jetzt abreißen, um die Vorbereitungen treffen zu können für den Hochwasserschutz. Für uns ist die Kündigung jetzt der richtige und notwendige Schritt. So können wir jetzt den Hochwasserschutz in einem Guss realisieren. Das ist für uns das Beste und im Übrigen auch der Wunsch der Behörden.“
Die Pläne für die künftige Bebauung sind laut Kübler auf einem sehr guten Weg. Er erinnert bei dieser Gelegenheit auch nochmals daran, dass bereits Mitte 2019 der Bebauungsplan aufgestellt worden ist. Derzeit werden im Landratsamt einige Fragen zu den Bereichen Altlasten und Hochwasserschutz geklärt. „Sobald darüber Klarheit herrscht, werden die nächsten Schritte für das Projekt unternommen“, so Kübler.
Für Andrea Klink ist es wichtig zu betonen, dass es keinen Alternativstandort gab: „Wir haben uns intensiv umgehört.“ So war etwa das leer stehende Gebäude des früheren Modegeschäfts Vögele in der Industriestraße ein Thema. Die Überlegung, dort Picksraus weiterzuführen, habe sich aber zerschlagen, weil es dort keine Genehmigung für Einzelhandel mit zentrumsrelevanten Artikeln gebe. Das bestätigte der Backnanger Wirtschaftsbeauftragte Reiner Gauger: „Hier greift das Einzelhandelskonzept der Stadt, und da gibt es keinen Spielraum.“ Das Vögele-Gebäude wäre mit den zwei Etagen auch nicht optimal gewesen, relativiert Klink, „aber immerhin vertretbar“.
Als einen Lichtblick bezeichnet Andrea Klink, dass immerhin das im Picksraus integrierte Wollstudio der Backnanger Einkaufslandschaft erhalten bleibt. Dieses wird im Mai in neuen Räumen wiedereröffnen. Geschäftsführerin Klink wird dann nicht nur einen Online-Markt betreiben, sondern zudem eine Kreativ- und Bastelwerkstatt. Neben Workshops wird es jede Form von Doit-yourself-Angeboten geben. Gebastelt werden zum Beispiel Karten zur Konfirmation, Kommunion, Hochzeit oder Geburtstag. Auch Taufkerzengestaltung oder das Ausrichten von Kindergeburtstagen möchte sie anbieten.